Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Befürchtungen.
    Gegen elf Uhr endlich kündigte Wilson ihre Rückkehr an. Paganel und John Mangles waren von einem Marsche von zehn Meilen ermüdet.
    »Die Brücke! Ist die Brücke vorhanden? fragte Glenarvan, der ihnen entgegenging.
    – Ja, eine Brücke von Lianen, sagte John Mangles. Die Sträflinge haben sie wirklich passirt. Aber …
    – Aber … sagte Glenarvan, der ein neues Unglück ahnte.
    – Sie haben dieselbe hinter sich – verbrannt!« antwortete Paganel.
Zweiundzwanzigstes Capitel.
Eden.
    Jetzt war nicht die Zeit zum Verzweifeln, sondern zum Handeln. Da die Brücke von Kemple-pier zerstört war, mußte man um jeden Preis den Snowy passiren, um Ben Joyce’s Bande an der Twofold-Bai zuvorzukommen. Es wurde auch keine Zeit mit leeren Worten verloren, und anderen Tages, am 16. Januar, untersuchten John Mangles und Glenarvan den Fluß, um den Uebergang einzuleiten.
    Die lärmenden und von dem Regen geschwellten Wässer fielen noch nicht, sondern wirbelten mit unbeschreiblicher Wuth dahin. Ihnen die Stirn zu bieten, hieß fast, sich dem Tode weihen. Glenarvan stand mit gekreuzten Armen und gesenktem Haupte unbeweglich davor.
    »Wollen Sie, daß ich nach dem anderen Ufer schwimme? sagte John Mangles.
    – Nein, John! erwiderte Glenarvan, der den kühnen jungen Mann an der Hand zurückhielt, wir wollen warten.«
    Beide kehrten nach der Lagerstätte zurück. Der Tag verging in quälender Angst. Wohl zehnmal kehrte Glenarvan zum Snowy zurück. Er suchte ein verwegenes Mittel zu finden, darüber hinweg zu kommen. Vergeblich! Und wäre ein Lavastrom in diesem Bette geflossen, er würde nicht mehr Schwierigkeiten geboten haben.
     

    Das Floß in der Mitte des reißenden Snowy. (S. 492.)
     
    Während dieser langen verlorenen Stunden widmete Lady Helena, nach dem Rathe des Majors, Mulrady alle erdenkliche Sorgfalt. Langsam kehrte der Matrose zum Leben zurück. Mac Nabbs wagte zu behaupten, daß kein lebenswichtiges Organ verletzt sei. Der Blutverlust bot für die Schwäche des Kranken eine genügende Erklärung. Nachdem die Wunde geschlossen und die Blutung gestillt war, erwartete er seine völlige Wiederherstellung nur von der Zeit und der Ruhe. Lady Helena hatte verlangt, daß er in der Vorderabtheilung des Wagens untergebracht werde. Mulrady war ganz beschämt. Die größte Sorge machte ihm der Gedanke, daß Glenarvan durch seinen Zustand länger zurückgehalten werden könne, und man mußte ihm das Versprechen geben, ihn mit Wilson an der Lagerstelle zurückzulassen, wenn der Uebergang über den Snowy ausführbar würde.
    Unglücklicher Weise war Letzteres aber weder an diesem, noch am folgenden Tage möglich. Sich so zurückgehalten zu sehen, brachte Glenarvan ganz zur Verzweiflung. Lady Helena und der Major versuchten vergeblich, ihn zu beschwichtigen und zur Geduld zu ermahnen. Geduld haben, wenn Ben Joyce vielleicht in diesem Augenblicke an Bord der Yacht kam! Wenn der Duncan, seine Taue lösend, mit der Kraft des Dampfes diese verderbenbringende Küste zu erreichen suchte und sich ihr jeden Augenblick näherte!
    In seinem Herzen fühlte John Mangles alle Angst Glenarvan’s mit. In der Absicht, das vorliegende Hinderniß um jeden Preis zu überwinden, construirte er aus breiter Gummibaumrinde ein Boot nach australischer Art. Die leichten Planken waren durch Holzstangen zusammengehalten und bildeten ein sehr zerbrechliches Fahrzeug.
    Der Kapitän und der Matrose stellten am folgenden Tage, am 18., Versuche mit dem schwachen Canot an. Was Geschick und Kraft, Gewandtheit und Muth thun konnten, thaten sie. Aber kaum in die Strömung gelangt, schlugen sie um und hätten ihren waghalsigen Versuch bald mit dem Leben bezahlt. Das Boot verschwand in den Wasserwirbeln. John Mangles und Wilson waren kaum zehn Klafter weit in den Strom hineingekommen, der durch den Regen und das Schmelzen des Schnees angeschwollen und noch eine Meile breit war.
    So ging auch der 19. und 20. Januar verloren. Der Major und Glenarvan gingen an dem Snowy fünf Meilen weit hinauf, ohne eine praktikable Passage aufzufinden. Ueberall dasselbe Ungestüm des Wassers, dieselbe brausende Schnelligkeit. Der ganze Südabhang der Australischen Alpen wälzte seine Fluthen in diesem einen Bette dahin.
    Auf die Hoffnung, den Duncan zu retten, mußte man nun verzichten.
    Fünf Tage waren schon seit Ben Joyce’s Abreise verflossen. Jetzt mußte die Yacht an der Küste und in der Gewalt der Verbrecher sein!
    Indeß konnte diese Sachlage unmöglich

Weitere Kostenlose Bücher