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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Man hätte einen Circus zu sehen geglaubt, in welchem die wilden Thiere ihr Futter vertilgen. Dann wurden zwanzig Feuer an verschiedenen Stellen des Pah entzündet; der Geruch verbrannten Fleisches verbreitete sich in der Luft, und wäre nicht der Höllenlärm dieses Festes und das Geschrei gewesen, welches die vollgestopften Kehlen von sich gaben, so hätten die Gefangenen das Knacken der Knochen ihrer Opfer unter den Zähnen der Cannibalen hören müssen.
    Glenarvan und seine Genossen suchten die Schauerscene den Augen der beiden Frauen zu entziehen. Sie wußten nun, welche Strafe sie andern Tags erwartete und welch’ grausame Qualen ihnen zweifelsohne vor ihrem Tode bevorständen. Alle waren vor Schrecken stumm.
    Alsbald begannen die Todtentänze. Starke Liqueure, Extracte von »
Piper excelsum
«, wahrer Pfeffergeist, erhöhten die Trunkenheit der Wilden, an denen nichts Menschliches mehr war. Vielleicht auch würden sie sich, des Tabou des Häuptlings uneingedenk, zuletzt an den Gefangenen, die vor dem Wahnsinn Jener schauderten, vergreifen?
    Kai-Koumou hatte indeß mitten in dieser allgemeinen Trunkenheit seine Vernunft bewahrt. Eine Stunde gewährte er für diese blutige Orgie, während der sie zunahm, dann nachließ, bis sich der letzte Act der Leichenfeier unter den gewohnten Ceremonien vollzog.
    Die Leichname Kara-Tété’s und seiner Frau wurden aufgenommen und die Gliedmaßen nach neuseeländischer Sitte gebeugt gegen den Rumpf gebunden. Nun galt es nur noch, sie zu beerdigen, was aber nur vorläufig geschah, bis einst die Erde, nachdem das Fleisch verwest ist, nur die Gebeine empfängt.
    Die Stelle des »Oudoupa«, d.h. des Grabes, war gegen zwei Meilen von der Umzäunung, am Gipfel eines kleinen Berges, Namens Maunganamu, der am rechten Ufer des Sees lag, ausgewählt.
    Dorthin mußten die Leichen geschafft werden. Zwei sehr einfache Palankine, eigentlich nur als Tragbaren zu bezeichnen, wurden an den Hügel herangebracht und auf denselben die aneinander gebundenen Leichen mehr sitzend als liegend, ganz bekleidet, und in ihrer Stellung durch Lianenbänder gehalten, befestigt. Vier Krieger hoben sie auf, und der ganze Stamm, der seine Todtenlieder wieder anstimmte, folgte ihnen bis zur Grabstätte.
    Die immer bewachten Gefangenen sahen den Zug die erste Umplankung des Pah verlassen; dann verschollen Gesänge und Ausrufe nach und nach. Ungefähr eine halbe Stunde blieb dieser Leichenconduct in der Tiefe des Thales außer ihrem Gesichtskreise. Dann sahen sie ihn wieder sich die Fußpfade des Berges hinaufschlängeln. Die Entfernung verlieh dieser langen und mehrfach gebogenen Colonne ein phantastisches Aussehen.
    In der Höhe von achthundert Fuß, d.h. auf dem Gipfel des Maunganamu, hielt der Stamm an der zur Beerdigung Kara-Tété’s hergerichteten Stelle.
    Ein gemeiner Maori hätte als Grab nur ein Loch mit einem Steinhaufen darauf erhalten. Für einen mächtigen und gefürchteten Häuptling aber, der jedenfalls bald unter die Gottheiten versetzt wurde, bereitete der Stamm ein den Heldenthaten Jenes würdiges Grabmal.
    Das Oudoupa war mit Palissaden umschlossen und Pfähle, die mit ockerrothen Figuren geziert waren, erhoben sich nahe der Grube, in der die beiden Cadaver ruhen sollten. Die Anverwandten hatten auch nicht vergessen, daß der »Waidua«, der Geist der Verstorbenen, sich ebenso von greifbaren Substanzen nährt, wie der Körper in diesem vergänglichen Leben. Deshalb wurden innerhalb jenes Raumes Nahrungsmittel ebenso, wie die Waffen und Kleidungsstücke des Verblichenen niedergelegt.
    Nichts fehlte an der bequemen Ausstattung des Grabes. Die beiden Gatten wurden darin neben einander niedergesetzt, dann mit Erde und Gräsern bedeckt, und endlich folgte ihnen eine neue Reihe Klagen.
    Schweigend stieg die Leichenbegleitung den Berg hinab, und von nun an durfte bei Todesstrafe Niemand wagen, den Maunganamu zu besteigen, denn er stand unter dem Tabou, gleich dem Tongariro, wo die Ueberreste eines Häuptlings ruhen, der im Jahre 1846 durch ein Erdbeben in Neu-Seeland umkam.
Dreizehntes Capitel.
Die letzten Stunden.
    Als die Sonne jenseit des Taupo-Sees hinter den Gipfeln des Tuhahua und des Puketapu verschwand, wurden die Gefangenen nach ihrer früheren Einschließung zurückgeführt. Sie sollten diese nicht vor der Stunde verlassen, da die Spitzen der Wahiti-Ranges in den ersten Strahlen des jungen Tages erglühten.
    So blieb ihnen noch eine Nacht, sich auf den Tod vorzubereiten. Trotz des

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