Die Kinder des Kapitän Grant
Anblick darboten, traurige Reste einer aufgegebenen Colonie, deren Name ewig gegen die Fruchtbarkeit dieser Küsten und den Reichthum an Gewild in dieser Waldung protestiren wird. Der Duncan fuhr bei Port-Famine vorüber.
An diesen Ort kam im Jahre 1581 der Spanier Sarmiento mit vierhundert Flüchtlingen, um sich anzusiedeln. Er gründete daselbst die Stadt Sanct Philipp; äußerst strenge Kälte raffte einen großen Theil der Colonisten weg, der Hunger rieb auf, was die Kälte verschont hatte, und im Jahre 1587 fand der Corsar Cavendish den letzten der vierhundert Unglücklichen, der auf den Ruinen einer sechshundertjährigen Stadt nach sechsjährigem Bestehen den Hungertod starb.
An diesem verlassenen Gestade segelte nun der Duncan vorüber; bei Tagesanbruch fuhr er durch enge Pässe zwischen Buchen-, Eschen-und Birken-Wäldern, aus deren Schooße grüne Dome sich hervorhoben, mit lebhaftem Stechpalmengrün bewachsene Hügel, und steil zugespitzte Gipfel, worunter der Obelisk von Buckland am höchsten emporragte; dann bei der Mündung der Bai Sanct Nikolas vorüber, die von Bougainville so benannt wurde; in der Ferne ergötzten sich Heerden von Robben und ungeheuern Wallfischen, wie man aus ihren vier Meilen weit sichtbaren Wasserstrahlen abnehmen konnte. Endlich umfuhr er das Cap Froward, welches noch vom letzten Wintereis bedeckt war. Auf der andern Seite der Enge erhob sich der 6000 Fuß hohe Sarmiento, ein ungeheurer Haufen vereinzelter Felsen zwischen Wolkenstreifen, so daß der Himmel einem Archipel in der Luft gleich aussah.
Am Cap Froward endigt eigentlich das Festland Amerikas, denn Cap Horn ist nur ein in’s Meer verlaufender Felsen unter’m sechsundfünfzigsten Breitegrade.
Ueber diesen Punkt hinaus zieht sich die Enge zusammen zwischen der Halbinsel Braunschweig und dem Land der Trostlosigkeit, einer langen Insel zwischen unzähligen Inselchen gleich einem ungeheuern Wallfisch, der mitten im Strandgestein scheiterte. Wie verschieden ist dieses ausgezackte Ende Amerikas von den freien und klaren Spitzen Afrikas, Australiens oder Ostindiens! Welche unbekannte Fluth hat dies ungeheure Vorgebirge so zersplittert zwischen die beiden Oceane geschleudert?
An diese fruchtbaren Gestade schließt sich eine Reihe öder Küstenstrecken von wildem Aussehen, die sich in tausend Windungen labyrinthartig ausschweifen. Der Duncan folgte unbehindert und ohne Anstoß den launenhaften Krümmungen, indem er seine Rauchwirbel mit dem von Felsen durchbrochenen Nebel mischte. Er kam, ohne langsamer zu fahren, vor einigen Factoreien vorüber, welche die Spanier an diesen verlassenen Gestaden errichtet haben. Am Cap Tamar wird die Straße wieder weiter, die Yacht konnte Raum gewinnen, um die steile Küste der Narborough Inseln zu umfahren, und hielt sich in der Nähe des südlichen Gestades. Endlich, sechsunddreißig Stunden nach der Einfahrt in die Straße, sah sie den Felsen des Cap Pilares an der äußersten Spitze des Landes der Trostlosigkeit emporragen. Ein unermeßliches offenes Meer breitete sich funkelnd vor ihm aus, und Jakob Paganel, der es mit einer begeisterten Handbewegung begrüßte, empfand eine Gemüthsbewegung, wie einst Fernan Magelhaen selbst, als die Seeluft des Stillen Oceans dem Trinidad, auf welchem Magelhaen sich befand, entgegenwehte.
Zehntes Capitel.
Der siebenunddreißigste Breitegrad.
Acht Tage nach der Umschiffung des Cap Pilares fuhr der Duncan mit voller Dampfkraft in die Bai Talcahuano, eine prächtige Untiefe, zwölf Meilen lang und neun breit. Das Wetter war zum Bewundern. Vom November bis zum März ist in diesem Lande der Himmel völlig wolkenlos, und es herrscht unveränderlich Südwind längs dieser von der Andenkette geschützten Küsten. John Mangles war auf Edward Glenarvan’s Befehl dicht an dem Chiloe-Archipel und den unzähligen Trümmern dieses amerikanischen Festlandes hingefahren. Irgend ein verlorenes Trümmerstück, ein von Menschenhand bearbeitetes Brett konnte den Duncan auf die Spur der Schiffbrüchigen leiten; aber man konnte nichts gewahren, die Yacht fuhr weiter und ankerte in dem Hafen Talcahuano, zweiundvierzig Tage, nachdem sie die nebeligen Gewässer des Clyde verlassen hatte.
Glenarvan ließ sogleich sein Boot in’s Meer bringen und sich in Begleitung Paganel’s neben der Umpfählung an’s Land setzen. Der gelehrte Geograph wollte die Gelegenheit benutzen, sein so ernstlich studirtes Spanisch anzuwenden; aber zu seinem großen Erstaunen verstand man ihm
Weitere Kostenlose Bücher