Die Kinder des Kapitän Grant
lag in jenem Vorrecht ein wahrer Alleinhandel. Daher entschlossen sich einige Kaufleute, durch Entdeckung einer anderen Straße jenes Monopol zu bekämpfen; unter ihnen befand sich ein gewisser Isaak Lemaire, ein einsichtsvoller und unterrichteter Mann. Er bestritt die Kosten einer Fahrt, welche von seinem Neffen, Jakob Lemaire, und Schouten, einem trefflichen Seemann aus Horn, unternommen wurde. Diese kühnen Seefahrer fuhren im Juni 1615 ab, beinahe hundert Jahre nach Magelhaen, und entdeckten die Straße Lemaire, zwischen dem Feuerland und Staatenland, und am 12. Februar 1616 fuhren sie um das berühmte Cap Horn, welches mit mehr Recht, als das Cap der guten Hoffnung den Namen ›Vorgebirge der Stürme‹ verdiente!
– Ja gewiß, wär’ ich nur dabei gewesen! rief Robert aus.
– Und Du hättest da lebhafte Befriedigung gefunden, lieber Junge, fuhr Paganel mit Eifer fort. Es giebt in der That keine echtere Freude, als die Befriedigung des Seefahrers, der seine Entdeckungen auf die Karte zeichnet. Er sieht unter seinen Augen die Länder, Insel bei Insel, Vorgebirg bei Vorgebirg, allmälig Gestalt gewinnen und sozusagen aus den Wogen auftauchen. Anfangs sind die umgrenzenden Linien unbestimmt, stückweise und unterbrochen, hier ein vereinzeltes Cap, dort eine abgetrennte Bucht, weiter ein Golf, der sich hinauszieht. Hernach ergänzen sich die Entdeckungen, die Linien rücken zusammen, die Pünktchen werden zu Strichen; die Baien weiten sich aus zu Gestaden, die Caps stützen sich auf ein bestimmtes Uferland; endlich entfaltet sich das neue Festland mit seinen Seen, Strömen und Flüssen, seinen Gebirgen, Thälern und Ebenen, seinen Dörfern, Flecken und Städten auf der Erdkugel in seinem vollen Glanze! Ach, meine Freunde, ein Landentdecker ist ein wahrer Erfinder! Es giebt da freudige Ueberraschungen! Aber gegenwärtig ist diese Fundgrube fast ausgebeutet! Man hat Alles, was es von Festland und neuen Welten giebt, gesehen, untersucht, ergründet, und es bleibt uns, die wir zuletzt kommen, in der Geographie nichts mehr zu thun übrig!
– Und doch, lieber Paganel, erwiderte Glenarvan.
– Was denn?
– Das, was wir jetzt vorhaben!«
Unterdessen segelte der Duncan auf dieser Straße des Vespuelo und Magelhaen mit wunderbarer Schnelligkeit weiter. Am 15. September durchschnitt er den Wendekreis des Steinbocks, und sein Vordertheil ward schon der Einfahrt in die berühmte Meerenge zugekehrt. Mitunter wurden schon die flachen Küsten Patagoniens sichtbar, aber als ein am Horizont kaum sichtbarer Streifen; man fuhr über zehn Meilen davon entfernt hin, und Paganel’s Fernrohr gab ihm nur einen unbestimmten Begriff von diesen amerikanischen Gestaden.
Am 25. September befand sich der Duncan auf der Höhe der Magelhaen’schen Straße, und fuhr ohne Zaudern in dieselbe ein. Die Dampfschiffe, welche sich in den Stillen Ocean begeben, ziehen im Allgemeinen diesen Weg vor. Seine Länge beträgt genau nur 525 Kilometer; die Fahrzeuge vom stärksten Tonnengehalt finden da stets tiefes Wasser, selbst dicht an seinen Ufern, vortrefflichen Ankergrund, zahlreiche Wasserplätze, fischreiche Flüsse, Wälder voll Wild, an zwanzig Stellen sichere und leicht zugängliche Landeplätze, kurz, unzählige Hilfsmittel, welche der Straße Lemaire und dem fürchterlichen Felsen des Cap Horn abgehen, die von Orkanen und Stürmen beständig heimgesucht werden.
Der Duncan in der Magelhaen-Straße. (S. 74.)
Während der ersten Stunden der Fahrt, d.h. in einer Länge von sechzig bis achtzig Meilen, bis zum Cap Gregory, sind die Küsten niedrig und sandig. Jakob Paganel wollte keine Ansicht, keinen Punkt der Enge verlieren. Die Durchfahrt dauerte kaum sechsunddreißig Stunden, und dies bewegliche Panorama beider Ufer verlohnte wohl der Mühe, sich den Strahlen der Südsonne auszusetzen, um es zu bewundern. An der nördlichen Küste zeigte sich kein Bewohner, und an den dürren Felsen der Feuerlande schweiften nur einige kümmerliche Gestalten.
Paganel mußte daher darauf verzichten, Patagonier zu sehen, worüber er zum Ergötzen seiner Reisegefährten ärgerlich war.
»Ein Patagonien ohne Patagonier, sagte er, ist kein Patagonien mehr.
– Geduld, mein würdiger Geograph, erwiderte Glenarvan, wir werden noch Patagonier zu sehen bekommen.
– Ich bin dessen nicht gewiß.
– Aber es giebt doch welche, sagte Lady Helena.
– Ich zweifle stark daran, weil, ich keine sehe.
– Kurz, der Name Patagonier, was im Spanischen
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