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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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›Großsüße‹ bedeutet, ist doch nicht eingebildeten Wesen gegeben worden.
    – O! Der Name macht nichts aus, erwiderte Paganel, der, um das Gespräch zu beleben, auf seinem Satz beharrte, und übrigens, die Wahrheit zu sagen, man weiß gar nicht, wie sie heißen!
    – Das wäre! rief Glenarvan. Wußten Sie das, Major?
    – Nein, entgegnete Mac Nabbs, und ich gebe auch nicht ein schottisch Pfund darum, es zu wissen.
    – Doch sollen Sie es erfahren, gleichgiltiger Major, fuhr Paganel fort. Während Magelhaen die Eingeborenen dieser Gegenden Patagonier benannte, hießen sie bei den Feuerländern Tiremenen, bei den Chilesen Caucathues, bei den Auracanen Huiliches; Bougainville nannte sie Chaouha, Falkner Tehuelhets! Sie selbst gaben sich die allgemeine Benennung Inaken! Ich frage, wie soll man sich dabei auskennen, und kann man von einem Volk von so vielen Benennungen sagen, daß es existirt?
    – Das ist ein rechter Grund! erwiderte Lady Helena.
    – Räumen wir es ein, fuhr Glenarvan fort; aber unser Freund Paganel wird doch zugeben, denk ich, daß, wenn auch der Name Patagonier nicht fest steht, wenigstens über ihren hohen Wuchs kein Zweifel ist!
    – Etwas so Absonderliches gebe ich nicht zu, entgegnete Paganel.
    – Sie sind groß, sagte Glenarvan.
    – Das weiß ich nicht.
    – Klein? fragte Lady Helena.
    – Das kann Niemand behaupten.
    – Also mittelmäßig? sagte Mac Nabbs, um zu vereinbaren.

    – Ich weiß es ebensowenig.
    – Das ist ein wenig stark, rief Glenarvan; die Reisenden, welche sie sahen …
    – Die Reisenden, welche sie gesehen haben, erwiderte der Geograph, stimmen keineswegs mit einander überein. Magelhaen sagte, sein Kopf reiche kaum an ihren Gürtel!
    – Nun denn!
    – Ja, aber Drake behauptet, die Engländer seien größer, als der größte Patagonier!
    – Ja! Die Engländer; möglich, erwiderte verächtlich der Major; aber wenn von Schotten die Rede wäre.
    – Cavendish versichert, sie seien groß und stark, fuhr Paganel fort. Hawkings macht sie zu Riesen. Lemaire und Schouten geben ihnen elf Fuß Höhe.
    – Gut, das sind ja glaubwürdige Leute, sagte Glenarvan.
    – Ja, ganz ebenso glaubwürdig, wie Wood, Narborough und Falkner, welche sie von mittlerer Größe fanden. Zwar behaupten Byron, La Giraudais, Bougainville, Wallis und Carteret, die Patagonier mäßen sechs Fuß und sechs Zoll, dagegen d’Orbigny, der am genauesten diese Gegenden kennt, legt ihnen eine Größe von durchschnittlich fünf Fuß und vier Zoll bei.
    – Aber, sagte Lady Helena, was ist denn bei so viel Widersprüchen das Richtige?
    – Das Richtige, Madame, erwiderte Paganel, will ich Ihnen sagen, besteht darin: die Patagonier haben kurze Beine, aber einen großen Rumpf. Darum kann man sagen, diese Leute sind sechs Fuß groß, wenn sie sitzen, aber nur fünf, wenn sie stehen.
    – Bravo, lieber Gelehrter! erwiderte Glenarvan. Vortrefflich gesagt!
    – Es sei denn, fuhr Paganel fort, daß sie gar nicht existiren, dann würde auch die Streitfrage aufhören. Aber schließlich, meine Freunde, will ich noch zum Trost beifügen: die Magelhaen’sche Straße ist prachtvoll, auch ohne Patagonier!«
    In diesem Augenblick fuhr der Duncan um die Halbinsel Braunschweig zwischen zwei prachtvollen Panoramen. Siebenzig Meilen hinter dem Cap Gregory ließ er rechts das Kloster Punta Arena; man sah einen Augenblick zwischen den Bäumen die Flagge Chili’s und den Kirchthurm. Dann zieht sich die Enge zwischen imponirenden Granitmassen hin; die Gebirge hatten ihren Fuß in ungeheurer Waldung und ihr mit ewigem Schnee bedecktes Haupt in den Wolken geborgen; südwestlich erhob sich der Tarn 6500 Fuß hoch in die Lüfte; auf lange Dämmerung folgte Nacht; das Licht zerfloß allmälig in sanften Nuancen; der Himmel ward mit glänzenden Sternen besäet, und das Kreuz im Süden bezeichnete dem Blick der Seefahrer die Richtung des Südpols.
     

    Inmitten dieses erleuchteten Dunkels, bei dem hellen Schein dieser Gestirne, welche die Leuchtthürme civilisirter Küsten vertreten können, fuhr die Yacht kühn weiter, ohne in den leicht zugänglichen Baien des Ufers Anker zu werfen; oft streiften die Raaen an den Zweigen südländischer Buchen, welche auf die Wogen herabhingen; oft auch scheuchte der Wellenschlag ihrer Schraube an der Mündung großer Flüsse die Gänse, Enten, Schnepfen, Kriechenten und die ganze befiederte Welt der Sumpfgegend auf. Bald zeigten sich Ruinen und einige Trümmer, die in der Nacht einen großartigen

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