Die Kinder des Kapitän Grant
welchen Personen soll der Zug bestehen, fragte Glenarvan.
– Aus sehr wenigen. Es handelt sich nur darum, die Lage des Kapitän Grant kennen zu lernen, nicht mit den Indianern Krieg zu führen. Ich glaube, daß Lord Glenarvan, unser natürliches Haupt, der Major, welcher seinen Platz nicht wird abtreten wollen, Ihr Diener Jakob Paganel …
– Und ich! rief der junge Grant.
– Robert! Robert! sagte Mary.
– Und warum nicht, erwiderte Paganel. Reisen bilden die Jugend. Also wir vier und drei Matrosen des Duncan …
– Wie, sagte John Mangles, Ew. Herrlichkeit nimmt mich nicht in Anspruch?
– Mein lieber John, erwiderte Glenarvan, was uns das Theuerste auf der Welt ist, bleibt an Bord. Unter wessen Obhut stehen diese Passagiere besser, als der des ergebenen Kapitäns?
– Also können wir Euch nicht begleiten? sagte Lady Helena, die Augen von Betrübniß umwölkt.
– Liebe Helena, erwiderte Glenarvan, unsere Reise geht ganz besonders rasch vor sich; unsere Trennung wird nicht lange dauern, und …
– Ja, Lieber, ich begreife, entgegnete Lady Helena, geht nur, und habt Glück auf dem Weg!
– Uebrigens ist es gar nicht eine Reise zu nennen, sagte Paganel.
– Und wie denn? fragte Lady Helena.
– Ein Ausflug, nichts weiter.«
Hiermit schloß die Unterredung. Die Vorbereitungen begannen noch denselben Tag. Man beschloß, den Zug geheim zu halten, um nicht die Indianer besorgt zu machen.
Der 14. October wurde zur Abreise festgesetzt. Alle Matrosen wollten theilnehmen, und Lord Glenarvan ließ das Loos entscheiden, um keinem der wackeren Leute wehe zu thun. Der Unterbefehlshaber Tom Austin, Wilson, ein kräftiger Bursche, und Mulrady, der es mit dem ersten Boxer zu London aufnahm, kamen dabei nicht zu kurz.
Am festgesetzten Tage war Alles bereit. Wetteifernd mit Glenarvan war John Mangles bedacht, zu gleicher Zeit abzufahren, um wo möglich noch vor seinem Herrn an der Ostküste anzulangen. Zur festgesetzten Stunde versammelten sich die Passagiere im gemeinschaftlichen Salon. Glenarvan, Paganel, Mac Nabbs, Robert Grant, Tom Austin, Wilson, Mulrady, mit Carabinern und Revolvern bewaffnet, machten sich fertig, das Schiff zu verlassen. Führer und Maulthiere erwarteten sie am Strande.
»Nun ist es Zeit, sagte endlich Lord Glenarvan.
– Nun so fahrt mit Gott«, erwiderte Lady Helena, ihre Bewegung unterdrückend.
Lord Glenarvan drückte sie an sein Herz, und Robert umarmte Mary Grant.
»Und nun, liebe Gefährten, sagte Jakob Paganel, einen letzten Handschlag.«
Man begab sich wieder auf’s Verdeck, die Reisenden verließen den Duncan, und als sie am Quai waren, näherte sich die Yacht auf halbe Kabellänge.
Lady Helena rief zum letzten Mal: »Mit Gott, meine Freunde!
– Und er wird unser Beistand sein, Madame, erwiderte Paganel, denn, glauben Sie doch, wir werden uns selbst nicht im Stiche lassen!
– Vorwärts! rief John Mangles seinem Maschinisten zu.
– Marsch!« sagte Lord Glenarvan.
Und zu derselben Zeit, als die Reisenden längs dem Ufer abritten, stach der Duncan mit voller Dampfkraft in See.
Elftes Capitel.
Ritt durch Chili.
Die Truppe von Eingeborenen, welche Glenarvan mitnahm, bestand aus drei Mann und einem Buben. An der Spitze ein Maulthierhalter, der ein Engländer von Geburt, seit zwanzig Jahren dort einheimisch, sich damit abgab, den Reisenden Maulthiere zu vermiethen, und ihnen beim Uebergang über die Cordilleren als Führer zu dienen; dann übergab er sie einem argentinischen Führer, »Baqueano«, der mit dem Wege durch die Pampas vertraut war.
Jener Engländer hatte im Umgang mit den Maulthieren und Indianern seine Muttersprache nicht ganz vergessen. Glenarvan benutzte diesen Umstand, sich mit ihm zu verständigen, denn Paganel hatte es noch nicht dahin gebracht, daß man ihn verstand.
Diesem Maulthierpfleger, »Catapaz« im Chilesischen genannt, waren zum Beistand zwei eingeborene Bauern – »Péon« – gegeben, und ein zwölfjähriger Bube. Die ersteren überwachten die Thiere, welche das Gepäck trugen, und letzterer führte die »Madrina«, eine kleine Stute, welche mit Schellen und Glöcklein behangen, den nachfolgenden zehn Maulthieren Führerin war. Auf sieben derselben ritten die Reisenden, der Catapaz auf einem, die beiden anderen trugen Lebensmittel und einige Rollen Stoffe, womit man den guten Willen der Kaziken der Ebene gewinnen wollte. Die Bauern gingen, wie gewohnt, zu Fuß. Dies ist, in Hinsicht auf Sicherheit und Schnelligkeit die beste Art, wie
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