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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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man in SüdAmerika durch das Land reist.
    Der Uebergang über die Andenkette ist keine gewöhnliche Reise. Man bedarf dafür starker Maulthiere, wie die besten von argentinischer Abkunft sind. Die trefflichen Thiere haben in diesem Lande bedeutende Vorzüge vor ihrer ursprünglichen Race gewonnen. Sie sind in Hinsicht auf Nahrung nicht sehr wählerisch, trinken nur einmal täglich, machen leicht zehn französische Meilen in acht Stunden, und tragen unverdrossen eine Last von vierzehn Arroben. 1
    Wirthshäuser giebt’s auf diesem Wege von einem Ocean zum anderen nicht. Zur Nahrung dienen getrocknetes Fleisch, mit Piment gewürzter Reis und Wild, das man unterwegs erlegen kann: seinen Trunk schöpft man aus den Bächen des Gebirges, aus den Flüssen der Ebene, und macht ihn durch einige Tropfen Rum schmackhaft, wovon jeder in einem Ochsenhorn, »Chiffle« geheißen, eine Portion bei sich trägt. Doch muß man sich hüten, in den Gegenden, wo das Nervensystem des Menschen ganz besonders reizbar ist, zu viel Getränk mit Alkohol zu nehmen. Was man als Bett braucht, ist vollständig in dem hier gebräuchlichen Sattel, Recado genannt, enthalten, der aus halbgegerbten, auf der einen Seite wolligen Hammelfellen, »Pelion«, gemacht ist und mit schön umbordeten Gurten befestigt wird. In solcher warmen Umhüllung kann man den feuchten Nächten trotzen und schläft dabei vortrefflich.
    Glenarvan, der zu reisen und den Gebräuchen der Länder sich anzubequemen verstand, hatte mit seinen Leuten die chilenische Tracht angenommen. Paganel und Robert freuten sich kindisch, als sie ihren Kopf durch den nationalen Puncho, einen wollenen Ueberwurf mit einem Loch in der Mitte, steckten und mit den Beinen in die Stiefeln schlüpften, die aus den Hinterfüßen eines jungen Pferdes gemacht waren. Man hätte sie sehen sollen auf ihrem reich aufgeschirrten Maulthier mit dem arabischen Gebiß, dem langen Zaum von geflochtenem Leder, der zugleich als Peitsche diente, dem Hauptgestell mit metallener Verzierung, und den »Alforjas«, einem Quersack von bunter Leinwand mit den Lebensmitteln für den Tag. Paganel, stets zerstreut, hätte beim Aufsteigen beinahe einige Tritte von seinem trefflichen Thiere bekommen. Wie er einmal im Sattel war, mit seinem unvermeidlichen Fernrohr behangen, die Füße fest in den Steigbügeln, vertraute er dem Verstand seines Thieres, und that wohl daran. Robert zeigte bei seinem ersten Ritt hervorstechende Anlagen, ein trefflicher Reiter zu werden.
    Man machte sich auf den Weg. Es war prächtiges Wetter, der Himmel völlig klar und die Luft trotz der Sonnenhitze durch die Seewinde ziemlich abgekühlt. Die Truppe ritt rasch längs dem buchtigen Gestade der Bai von Talcahuano, um dreißig Meilen südlich an’s Ende des Parallelkreises zu gelangen. Am ersten Tag ging’s durch das Schilf ausgetrockneter Sümpfe. Dabei sprach man wenig. Der Abschied hatte auf die Gemüther tiefen Eindruck gemacht. Man gewahrte noch den Rauch des Duncan am fernen Horizont. Alle schwiegen, Paganel ausgenommen, der sich im Spanischen übte, indem er sich Fragen stellte und selbst beantwortete.

     
    Der Catapaz war zudem ein ziemlich schweigsamer Mann, den sein Geschäft auch nicht eben redselig machte. Mit seinen Péons sprach er kaum ein Wort. Diese verstanden ihren Dienst wohl. Blieb ein Maulthier stehen, so trieben sie’s an mit einem Zuruf aus der Kehle; half das nicht, so diente ein treffender Stein, seinen Eigensinn zu brechen. Löste sich ein Gurt auf, kam das Gebiß in Unordnung, so nahm der Péon seinen Puncho ab und warf ihn dem Thiere über den Kopf; sobald er den Uebelstand gebessert, ging’s dann weiter.
     

    Durch den Rio Tubal. (S. 91.)
     
    Die Maulthiertreiber pflegen sich morgens um acht Uhr nach dem Frühstück auf den Weg zu machen, und so in einem Zug zu bleiben, bis man um vier Uhr Nachmittags zum Lagern Halt macht. Glenarvan blieb bei diesem Brauch, und gerade als der Catapaz Halt machte, war man, ohne sich vom schaurigen Gestade zu entfernen, bei der Stadt Arauco angekommen, die am Südende der Bai lag. Um zum äußersten Ende der Gradlinie zu kommen, hätte man noch zwanzig Meilen weiter westlich gehen müssen. Aber Glenarvan’s Agenten hatten diese Strecke schon untersucht. Deshalb nahm man Arauco als den Punkt, von welchem aus man sich in gerader Linie östlich wendete.
    Der Staat Araucanien, dessen Hauptstadt Arauco, ist hundertundfünfzig französische Meilen lang, dreißig breit, von den Moluchen, den

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