Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Kaum einige »Guassos«, entartete Abkömmlinge von Indianern und Spaniern, sah man auf Rossen, welche mit riesigen Sporen, die sie am nackten Fuß trugen, blutig gestachelt waren, gleich Schatten vorüber galopiren. Man stieß auf Niemand, mit dem man hätte reden können, und man konnte also auch keine Auskunft einziehen. Glenarvan wußte, was er davon zu halten hatte. Er sagte sich, der Kapitän Grant habe als Gefangener wohl über die Andenkette geschleppt werden müssen. Die Nachforschungen konnten erst in den Pampas, nicht diesseits, von Erfolg sein. Man mußte sich also gedulden und unablässig rasch weiter dringen.
    Von jetzt an kam man in die Nähe des Gebirges, und man stieß öfter auf Gewässer, die sich nicht auf der Karte fanden; Paganel war eifrig bei der Hand, ihnen Namen zu geben. Ueber seine Kenntniß der Gegend staunte der Catapaz. Man stieß auf eine Straße, die quer den Weg durchschnitt. Als Glenarvan nach ihrem Namen fragte, antwortete Paganel rasch: »Sie führt von Yumbel nach Los Angeles.«
    Glenarvan sah den Catapaz an.
    »Ganz richtig, erwiderte dieser. Aber, fragte er den Geographen, Sie sind also schon durch das Land gekommen?
    – Das mein’ ich! erwiderte Paganel ernst.
    – Auf einem Maulthier?
    – Nein, in einem Lehnsessel.«
    Der Catapaz begriff es nicht, zuckte die Achseln.
    Um fünf Uhr machte er in einer kleinen Schlucht halt, einige Meilen oberhalb des Städtchens Loja, und man lagerte diese Nacht am Fuße einer Sierra, welche die erste Stufe der großen Cordillerenkette bildete.
Fußnoten
    1 Eine Arrobe = elf ein halb Kilogramm.
     
    2 Branntwein aus Mais.
Zwölftes Capitel.
Zwölftausend Fuß hoch in den Lüften.
    Bisher hatte die Reise durch Chili keine besondere Schwierigkeit gehabt. Nun aber stellten sich die Hindernisse und Gefahren, welche eine Gebirgsreise mit sich bringt, mit einander entgegen. Nun sollte der Kampf mit den Schwierigkeiten der Natur recht beginnen.
    Zuerst fragte sich’s, durch welchen Paß man über die Andenkette gelangen könne, ohne sich von der vorgezeichneten Linie zu weit zu entfernen. Man fragte den Catapaz.
    »Ich kenne nur zwei gangbare Wege, erwiderte derselbe, in dieser Gegend der Cordilleren.
    – Gewiß den Paß Arica, sagte Paganel, den Valdivia Mendoza entdeckte?
    – Richtig.
    – Und den von Villarica, im Süden des Nevado dieses Namens?
    – So ist es.
    – Nun aber, mein Freund, diese beiden Pässe führen uns zu weit nördlich oder südlich von unserer Reiselinie ab.
    – Können Sie uns einen anderen vorschlagen? fragte der Major.
    – O ja, erwiderte Paganel, den Paß Antuco, auf dem vulkanischen Abhang, der sich nur einen halben Grad von unserer Linie entfernt. Er ist nur tausend Toisen hoch und wurde von Zamudio de Cuz aufgefunden.
    – Gut, sagte Glenarvan; aber, Catapaz, ist dieser Ihnen bekannt?
    – Ja, Mylord, ich bin ihn schon gegangen; aber ich habe ihn nicht vorgeschlagen, weil er höchstens ein Weg für das Vieh ist, dessen sich die eingeborenen Hirten des östlichen Gebirgsabhanges bedienen.
    – Ei, mein Freund, erwiderte Glenarvan, wo die Rinderheerden, die Schafe und Ochsen der Pehuenschen gehen können, werden wir auch gehen können. Und weil der Paß Antuco uns den geraden Weg führt, wollen wir ihn gehen.«
    Man brach auf und drang in das Thal Lejas, zwischen zwei großen Kalksteinmassen. Es ging aufwärts längs einem fast unmerklichen Abhang.
    Gegen elf Uhr mußte man um einen kleinen See gehen, ein malerisches, natürliches Becken aller Bäche der Umgebung, die sich da in ruhiger Klarheit mischten. Oberhalb des Sees breiteten sich ausgedehnte »Llanos« aus, grasige Hochebenen, wo die Heerden der Eingeborenen weideten. Dann stieß man auf einen südlich und nördlich abfließenden Sumpf. Um ein Uhr sah man das Fort Ballenare auf einem zugespitzten Felsen, den es mit seinen verfallenen Wällen krönte. Man zog daran vorüber. Nun wurden die Abhänge schon steil, voll Steine, und die von den Hufen der Maulthiere lose gewordenen Kiesel rollten unter ihren Füßen und bildeten lärmendes Steingerölle. Um drei Uhr abermals malerische Ruinen eines bei der Erhebung im Jahre 1770 zerstörten Forts.
    Von hier an wurde der Weg schwierig, ja gefährlich; der Steigungswinkel wurde weiter, fürchterliche Abgründe klafften. Die Maulthiere schritten vorsichtig voran, mit der Nase auf der Erde den Weg witternd. Man ging eins hinter dem andern. Manchmal, bei einer plötzlichen Krümmung, wurde das leitende Thier unsichtbar

Weitere Kostenlose Bücher