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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Gekreisch unterbrochen. Die erschrocken sich umwendenden Festgäste starrten auf einen blitzschnell über den Rasen flitzenden Henric de Navarra, dem ein heulender Theodosius hinterherrannte. «Der Scheißkerl hat mir gegen mein Bein gehauen, den bring’ ich um!», schrie Theodosius, und Tante Eusebia, offensichtlich entsetzt von der Vorstellung, ihr Sohn könne noch vor Ablauf seines elften Lebensjahres zum Königsmörder avancieren, hüpfte ihrem Sohn in ihren zierlichen Schuhen stolpernd und jammernd hinterher und kreischte:
    «Schnuckelchen, Schnuckelchen, warte doch!», während Schnuckelchen «Bleib stehen, du Mistkerl, bleib stehen!» brüllte. Henric de Navarra, der sein Leben offensichtlich liebte, dachte nicht daran und raste hakenschlagend wie ein Hase durch die Reihen der 256
    Wacholder, während Theodosius ihm hinterherjagte wie ein tollgegangenes Wildschwein. Die Verfolgungsjagd endete an einem Apfelbaum, den der kleine Navarra mit der Geschwindigkeit einer gejagten Katze erklomm, um Theodosius dann aus sicherer Höhe mit Béarner Schimpfwörtern zu bombardieren, während dieser heulend auf den Stamm des Baumes eintrat und «Komm runter, du feiger Razat, komm runter!» schrie. Tante Eusebia, mittlerweile nur noch mit einem Schuh und einer fetten Laufmasche im Seidenstrumpf, humpelte auf ihn zu. «Brav, Schnuckelchen, lass das Bäumlein in Ruhe, du bekommst auch ein Crèmetörtchen», säuselte sie. Henric de Navarra streckte ihr die Zunge heraus. Fabiou und Oma Felicitas bogen sich vor Lachen.
    Als Tante Eusebia den schniefenden Theodosius zum buffet abgeschleppt hatte, warf Oma Felicitas einen suchenden Blick in die Runde. «Wo sind eigentlich die Mädchen?», fragte sie.
    ***
    «Ich habe eine Idee!», rief Alexandre de Mergoult. Alle Augen wandten sich ihm zu, wie immer, wenn er etwas sagte. Alexandre warf einen Beifall heischenden Blick in die Runde. «Wie wäre es mit einem kleinen Ausritt in die Keyrié? Na?»
    Während seine beiden Getreuen zustimmend johlten und Jean de Mergoult und Andréu Estrave intrigant , tolle Idee riefen, sahen die umstehenden Mädchen, fünf an der Zahl, im ersten Moment etwas betreten drein. «Ein Ausritt?», fragte Claudia de Buous gedehnt, und Regina d’Ardoche piepste ängstlich: «Ich weiß nicht, ob meine Mama das erlaubt.» Die Jungs würdigten die beiden sowieso keines Blickes, ihre Aufmerksamkeit galt voll Alessia und den Bèufort-Schwestern. «Na, wie wär’s?» Alexandre hatte sich zu Cristino hinüber gebeugt, dass seine muskulöse Schulter gegen die ihre stieß. Sie wurde rot.
    «Also, ich fände einen Ausritt eine tolle Sache!», erklärte Catarino und zwinkerte erst Jean de Mergoult und dann dem jungen St. Roque verschwörerisch zu.
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    «Na, Cristino, was meinst du?» Alexandre hatte jetzt eine Hand auf ihre Schulter gelegt. Sein Gesicht war dem ihren sehr nahe.
    «Nun, wir können Mutter ja fragen, ob wir dürfen…», begann Cristino lahm.
    Gelächter von allen Seiten. «Cristino, macht Euch doch nicht lächerlich», meinte Alexandre augenzwinkernd. «Wir wollen doch nicht verreisen, sondern nur ein halbes Stündchen ausreiten. Dazu braucht es ja wohl nicht gleich ein Verlöbnis. Im Moment ist hier doch ohnehin nichts los. Der Tanz und die Vergnügungen gehen erst bei Einbruch der Dunkelheit los, bis dahin sind wir längst wieder zurück. Überhaupt, bei dem Gedränge merkt doch kein Mensch, wenn Ihr kurz nicht da seid.»
    «Alexandre, du solltest nicht so in sie dringen.» Mit dramatischem Augenaufschlag legte Alessia dem älteren Mergoult die Hand auf den Arm. «Sie ist doch noch ein Kind. Es wäre vielleicht besser, sie nicht in Verlegenheit zu bringen, indem wir sie auf diese… Unternehmung mitnehmen.»
    «Na ja», Alexandres Hand löste sich von Cristinos Schulter, «wie du willst, Cristino…»
    Cristino errötete. Hatte sie sich nicht vorgenommen, alles zu unternehmen, um das Herz eines Kavaliers zu erobern? Da konnte sie doch nicht bei der ersten kleinen Schwierigkeit einen Rückzieher machen! Zumal Alexandre de Mergoult wirklich äußerst charmant und gutaussehend war. Und sagte Mutter nicht selbst, dass er eine gute Partie war? Nein, Mutter hätte unter diesen Umständen sicher nichts dagegen, dass sie seine Einladung annahm. «Doch, ich… ich möchte natürlich mit, ich dachte nur… wir haben schließlich auch gar keine Reitpferde dabei…»
    «Oh, kein Problem, die Mancoun stellen immer Pferde für Ausritte zur Verfügung», meinte

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