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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Familie. Außerdem geht es um ein ungesühntes Verbrechen. Und Degrelhos Mörder haben schließlich ihre Strafe erhalten.»
    Loís seufzte. «Jedes Rätsel werdet Ihr nicht lösen können. Vielleicht war dieser Trostett ja doch ein bisschen so lala.»
    «Es gibt eine Antwort», murmelte Fabiou. «Es muss eine Antwort geben!»
    «Oh. – He, Suso. Nicht auf dem Weg in die Kirche?» Loís winkte Oma Felicitas’ Köchin zu, die mit einem Korb voller erwürgter Hühner dem Haus zustrebte.
    «Neee – muss kochen, siehst du doch.» Die Frau stapfte weiter.
    «Na ja, ich dachte nur – du stammst doch von seinem Grund und Boden, oder?», fuhr Loís fort. «Vater hat jedenfalls gesagt, Bossard wäre der Sen von deinem Heimatdorf.»
    Die Köchin warf einen Blick die Straße hinauf Richtung Carriero dis Noble und einen zweiten hinunter Richtung Plaço Sant Sauvaire, dann kam sie mit eiligen Schritten in die Scheune. «Ich will dir mal was sagen, Bengel – und Euch auch, junger Baroun: ‘s gibt gute und schlechte Herren. ‘s gibt Herren, für die man in die Kirche geht und betet, wenn sie nicht mehr sind, und Herren, für die man kein Ave Maria vergeudet. Das ist’s, was ich dazu zu sagen habe.» Und mit diesen Worten wandte sie sich um und schleppte ihre Hühner der Haustür zu.
    «Fabiou!», brüllte eine Stimme vom Haus her. «Fabiou, wir müssen gehen!»
    Fabiou seufzte tief. Es hatte keinen Sinn. Er musste sich eingestehen, dass er mit seinen Nachforschungen in eine Sackgasse geraten war.
    ***
    366
    «Requiem aeternam dona eis Domine et lux perpetua luceat eis…»*
    Düster und geheimnisvoll lag die Kathedrale im schwindenden Abendlicht, und die Dunkelheit ließ die zahllosen Köpfe, die Priester und Mönche im Chor, die dreigeteilte Menge im Schiff – vorne der Adel, in der Mitte das Bürgertum, ganz hinten der Rest, die Diener und Tagelöhner – zu einer einheitlichen, gesichtslosen grauen Masse verschmelzen. Lacrimosa dies illa qua resurget ex favilla iudicandus homo reus; huic ergo parce Deus. Pie Iesu Domine; dona eis requiem. Amen.**
    Sie hatte Kopfschmerzen. Nicht die Art Kopfschmerzen, die man sonst nach einer zu kurzen Nacht hatte, die aus Übermüdung und wackeligen Knien und brennenden Augen bestehen. Es war ein anderer Schmerz. Er saß direkt über ihren Augen, ein Bleiklotz, der in ihr Hirn drückte, ihre Sinne verwirrte und die Gedanken so zäh fließen ließ wie erstarrende Melasse.
    Sie hatten Kerzen in der Kirche angezündet, in dem vergeblichen Versuch, der Nacht draußen etwas entgegenzusetzen. Sie klebten in den eisernen Haltern an den Säulen, tropften ihr armseliges kleines Licht auf die Steinplatten zu Füßen der Gemeinde, warfen einen düsteren Schatten über das Gesicht der Jungfrau und über das pummelige Jesuskind in ihren Armen. Sie waren allgegenwärtig, diese Kerzen, lugten herab vom Altar und von den geschwungenen Kandelabern, schwebten auf den Säulen des uralten, frühchristlichen Baptisteriums zur Rechten, das abzureißen die Bauherren trotz diverser Anträge der fortschrittlichen Stadtväter nie übers Herz gebracht hatten. Ihr flackerndes Licht warf einen sternförmigen Schlagschatten ins Zentrum des Baptisteriums und gab ihm den Charakter einer sinistren heidnischen Opferstätte. Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison. Herr, erbarme dich über uns, wo bist du, Gott, wo bist du, heilige Jungfrau, warum lasst ihr mich so allein, hier, in der Dunkelheit.
    *
    Herr, gib ihnen den ewigen Frieden, und das immerwährende Licht leuchte ihnen.
    ** Tränenreich wird jener Tag sein, an dem aus dem Grab der Mensch steigt als Angeklagter, um gerichtet zu werden; dann soll Gott ihn schonen, frommer Herr Jesus, gib ihnen Frieden. Amen.
    367
    Das verdammte Kopfweh! Die Augen tränen schon, wenn man sie zu öffnen versucht, fern, hohl klingt die Stimme des Bischofs vor dem Altar, fern die Menge der Gläubigen, fern Catarino und die Mutter und all die anderen, der monströse Sternschatten flackert durch das Baptisterium, schwarz sein Zentrum, die Schwärze, aus der die mit dunkler Magie beschworenen Geister emporsteigen. Cristino will den Blick abwenden, will nach dem Medaillon um ihren Hals tasten, doch ihre Hände versagen ihr den Dienst, ihre Augen sind festgesaugt an jenem einen Punkt, ihre Lider sind schwer wie Blei, die Wimpern kleben wie Honig.
    Dann ist alles andere fort. Sie steht und starrt auf das Baptisterium und den dunklen Punkt in seiner Mitte. Und dann erscheint sie, tritt

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