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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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– die Die467
    ner waren mit dem Anzünden der Kerzen noch nicht sehr weit gekommen –, als ihr plötzlich ein schriller Laut aus einem dunklen Winkel entgegendrang, der mindestens so erschreckend war wie zuvor der Donner im Wald. «Christelle!»
    Cristino versuchte das Verhängnis abzuwenden, indem sie Victor in einen Seitengang drängte, doch bevor ihr Vorhaben glücken konnte, war es bereits zu spät: vollbusig und spitzenbewehrt kam Alessia über den Gang auf sie zugeschwebt. Bei ihr war der Wasserschaden bereits behoben, ihr Gesicht schillerte vor Puder und Rouge, und ihre schwarzen Löckchen umspielten aufreizend ihren Ausschnitt. «Oh, Christelle, wie schön dich zu sehen!», säuselte sie.
    «Ich hatte mir ja bereits Sorgen gemacht, als du bei unserer Rückkehr nicht auffindbar warst. Wie siehst du auch aus! Herr Jesus, ich fürchte, selbst die begabteste Kammerfrau wird nicht in der Lage sein, dich heute noch in einen état propre zu bringen!»
    Cristino bereute es, dass sie nicht Catarino war, denn diese hätte sicher eine spitze Entgegnung bereit gehabt, während ihr nur wieder die Tränen in die Augen stiegen. Doch zum Glück rettete Victor die Situation. «Keine Angst, meine Damen, ich habe heute einige Edelfrauen in weitaus schlimmerem Zustand gesehen, und sie alle sind mittlerweile wieder vorzeigefähig.» Und damit dirigierte er Cristino weiter den Gang hinunter. Alessia tänzelte flötend und stichelnd neben ihnen her. Ein Geist huschte über den von Blitzen sporadisch erhellten Gang, ein Geist in einem wehenden weißen Kleid, die dunklen Haare wirr und strähnig herabhängend, die nackten Füße rutschend in samtenen Pantoffeln. An einem Fenster blieb er stehen, starrte hinaus in die Düsternis des Gewitters, die bleichen Züge umzuckt von Wetterleuchten, und lächelte dem Donner entgegen. Erstarrt waren die Mädchen stehen geblieben, erstarrt standen sie auch noch, als das Geisterwesen sich ihnen zuwandte und sie das verhärmte Gesicht der Barouno Degrelho erkannten. «Mutter», sagte Victor vorsichtig, «Ihr wolltet Euch doch umziehen.»
    Ein Leuchten lag in den verschwollenen Augen. «Gott zürnt», flüsterte sie, und wie zur Bestätigung ließ ein Donnerschlag die Wände erzittern. «Ich habe gesündigt, schrecklich gesündigt!» Sie schlug ihre Hände vors Gesicht.
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    «Mutter… oh, Himmel, kommt, ich bringe Euch in Euer Zimmer», sagte Victor, und zu Cristinos Entsetzen ließ er ihren Arm los und schritt auf seine Mutter zu.
    «Halt, wartet, das kann ich doch machen.» Alessia? Was ist denn in die gefahren? «Dann könnt Ihr Euch weiter um die arme Kleine kümmern – sie ist ja völlig durchnässt.» Und ohne auf Victors Antwort zu warten, lief Alessia auf die Degrelho zu, legte den Arm um sie und sagte: «Kommt, wir gehen in Euer Zimmer, ja?»
    «Danke, Alessia», sagte Victor. «Das ist sehr christlich von Euch.»
    Christlich? Alessia macht nichts aus christlicher Nächstenliebe!
    Irgendetwas führt das Biest im Schilde!
    «Ihr müsst meine Mutter entschuldigen», sagte Victor, während er Cristino weiter durch die Gänge führte. «Sie hat bisweilen Momente, da ist sie nicht sie selbst.»
    «Was meint sie damit, dass sie sich versündigt hat?», fragte Cristino mitleidig.
    «Ich weiß es nicht», meinte Victor seufzend. «Ich denke, sie redet sich das nur ein.»
    Sie war stehen geblieben.
    «Kommt, Cristino, da geht es lang», forderte Victor sie auf. Sie rührte sich nicht. Sie starrte auf ein Wappen an der Wand, das im Licht der Blitze draußen schimmerte. Es zeigte einen Vogel. Einen grauen Vogel mit kräftigem, gebogenem Schnabel, klauenbesetzten Füßen, der helle Bauch und die Innenseite beider Flügel mit einer grauen, horizontalen Maserung bedeckt.
    «Schön, nicht?», sagte Victor, und nicht ohne Stolz fügte er hinzu: «Das ist das Wappen der Degrelhos.»
    Alles drehte sich. Sie krallte sich an Victors Arm fest und versuchte, nicht auf die Blitze zu sehen und erst recht nicht auf den Vogel, dessen eines leuchtendes Auge sie aus dem Wappen heraus anstarrte.
    ***
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    Cristino saß in einem fremden Frisierzimmer in einem fremden Haus, ließ sich von einer fremden Kammerzofe die Haare machen, und das Einzige, was zu ihr gehörte, war das roséfarbene Ballkleid, das hinter ihr an einem Kleiderbügel hing.
    Sie war starr vor Angst. Es war nicht das Gewitter, das noch immer vor dem Fenster tobte, so unangenehm das sein mochte. Was immer es war, es hatte mit dem glühenden Blick

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