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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Nachforschungen in Zusammenhang mit Cristinos überspannter Geistergeschichte gebracht wurden.
    «Na, siehst du!», rief Catarino. «Das bedeutet, dass der, der für Agnes’ Tod verantwortlich ist, wahrscheinlich noch frei herumläuft. Und vielleicht noch weiter Leute umbringt. Also, da würde ich auch spuken!»
    «Du meinst, Agnes will von mir, dass ich ihren Mörder finde?», fragte Cristino mit zittriger Stimme.
    «Na, wäre doch eine logische Erklärung für alles, oder?», meinte Catarino.
    Cristino lief ein paar Schritte lang stumm. Dann blieb sie stehen.
    «Fabiou?»
    «Ja?», seufzte er.
    «Also gut. Ich helfe dir.»
    «Wobei?»
    «Na, den Mörder zu finden.»
    «Oh, heilige Scheiße, auch das noch!»
    Aus Richtung der Plaço dei Prechadou kam jemand in ihre Richtung gelaufen. Als er sie erkannte, rannte er auf sie zu. «Baroun de Bèufort!», rief er.
    526
    Es war Mèstre Crestin, der Viguié.
    «Ja?», sagte Fabiou so unschuldig wie möglich. Diese Anrede unter diesen Umständen und zu dieser Zeit konnte nur Ärger bedeuten.
    «Jetzt hört mir einmal gut zu, Baroun!», sagte Crestin, dessen Gesicht bleich war im abendlichen Zwielicht und dessen Lider nervös über entzündeten Augen zuckten. «Ich verbiete Euch, weiter Nachforschungen bezüglich dieser Mordfälle anzustellen, und insbesondere bezüglich dieses Unternehmens Ohneberg. Habt Ihr mich verstanden?»
    «Und wieso?», fragte Fabiou feindselig.
    Der Viguié ergriff Fabiou am Arm und zog ihn auf die gegenüberliegende Straßenseite, außer Hörweite der anderen. «Ich hatte gesagt, dass das Parlament eine Untersuchung gegen die Ohnebergs laufen hat, erinnert Ihr Euch?»
    «Ja. Und? Habt Ihr herausgefunden, warum? Haben sie sich strafbar gemacht? Haben sie einheimische Händler bedroht? Haben sie die Edelleute 1545 heimlich mit Waffen versorgt? Haben sie…»
    «Verflucht, jetzt haltet endlich Euer vorlautes Mundwerk!», keuchte der Viguié. «Junger Mann, diese Geschichte ist zu groß für Euch! Zu groß für uns alle!»
    Fabiou schluckte. Er dachte an das, was Ingelfinger in der Bibliothek zu ihm gesagt hatte. «Wie… wieso denn?»
    «Das Parlament interessiert sich für das Unternehmen Ohneberg mitnichten wegen irgendwelcher geschäftlicher Unregelmäßigkeiten oder sonstiger Gesetzesbrüche», krächzte der Viguié. «Nach dem, was ich heute in Erfahrung gebracht habe, verbergen sich hinter dem Deckmantel der braven Kaufleute Ohneberg niemand anderes als die gottverdammten Agenten des Kaisers!»
    ***
    «Hach…»
    «Was ist?»
    «Hm?»
    «Was ist, Catarino? Du seufzst so.»
    527
    «Hach… Cristino, fandest du nicht auch, dass er unglaublich fesch ist?»
    «Wer?»
    «Na… dieser Hannes!»
    «Catarino!»
    «Und gut aus sieht er auch.»
    «Catarino!»
    «Was ist denn?»
    «Er ist ein Gaukler, um Himmels willen!»
    «Ja, weiß ich, na und? Trotzdem ist er fesch und sieht gut aus. Kein Vergleich zu diesen verweichlichten Bubis, die uns sonst so den Hof machen. Das ist doch wenigstens mal ein richtiger Kerl!»
    «Aber Catarino, du kannst doch nicht… du wirst doch nicht…»
    «Wieso denn nicht? Jesus, wenn das so weitergeht mit diesen Langeweilern, bin ich bei meiner Hochzeit immer noch Jungfrau!»
    «Catarino?»
    «Ja?»
    «Du spinnst.»
    «Klar. Muss in der Familie liegen.»
    528
    Kapitel 11
    in dem einige alte Begebenheiten aufgewärmt werden L’un ditz que vòu morir zelat,
    l’autre que vòu èstre brutlat,
    ben que se’n siá perdut l’usatge.
    E ieu confesse tot a plat
    que vau mai èstre escambarlat
    e viure un pauc mai davantatge.
    Der eine sagt, dass er eifernd sterben möchte,
    der andere, dass er verbrannt werden möchte,
    auch wenn das nicht mehr so üblich ist.
    Und ich gebe ganz offen zu,
    dass es mir lieber ist, es mit beiden Parteien zu halten und ein bisschen länger zu leben.
    I. Despuech, provenzalischer Poet und Satiriker, 1. Hälfte 17. Jahrhundert, Las Foliás
    529
    Fabiou, der Poet und Investigator, war zufrieden mit sich. Erstaunlich zufrieden, bedachte man die Umstände. Jeden normalen Menschen hätte ein Hinweis wie der Crestins dazu bewegt, sich klammheimlich von der Bühne des Geschehens zu schleichen, nicht so Fabiou Kermanach de Bèufort. Ganz im Gegenteil, Crestins Eröffnung spornte ihn gar zu weiteren detektivischen Höhenflügen an, bewies sie doch, dass er von Anfang an recht gehabt hatte: Es steckte eine verdammt geheimnisvolle Geschichte hinter den Morden, die alle Welt als einfachen Raubmord abtun wollte.

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