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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Bèufort und seine Frau. Meine Mutter war gut mit der Barouno befreundet, deshalb weiß ich so allerhand… Er ist an der Wassersucht gestorben und sie an der Lungenschwindsucht, 1542. Natürlich, da kann keiner etwas dafür, aber manchmal habe ich mich schon gefragt, ob es nicht eher die Sorge war, die sie ins Grab gebracht hat. Er war ihr einziges Kind und Erbe, müsst ihr wissen.»
    Jetzt hingen alle vier Kinder an Tante Eusebias Lippen. Zwei Diener waren damit beschäftigt, die Sauce vom Boden aufzuwischen. Die Kinderfrau schob Maria Anno einen Löffel Brei in den Mund. Fabiou hatte den Kopf in die Hände gestürzt und sah zu, wie die Blutstropfen auf das Tischtuch fielen.
    «Wieso hat Vater ihnen denn… Sorgen gemacht?», fragte Cristino kleinlaut.
    «Oh, da war natürlich sein Beruf…», meinte Tante Eusebia leichthin. «Er war begabt, das war das Schlimme daran. Jahrgangsbester beim juristischen Examen. Eine große Karriere stand ihm offen, er hätte vielleicht sogar Parlamentspräsident werden können, später, aber er hat alles so leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Schade, wirklich.»
    «Was heißt leichtfertig aufs Spiel gesetzt? Hat er gesoffen oder was?», fragte Fabiou rau.
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    «Oh nein, nein.» Tante Eusebia ließ ein helles Lachen erklingen.
    «Aber er hatte diesen Hang zum Niederen. Statt dass er sich um richtige Rechtstreitigkeiten kümmerte, hat er sich mit… nun, man muss schon sagen, mit dem Abschaum beschäftigt, hat Strauchdiebe und Huren verteidigt, Subjekte, die ihre Strafe verdient hatten und denen alles gebührte, aber keine ordentliche Verteidigung, die nichts gezahlt haben und weiter ihren Räubereien nachgingen, falls er sie denn je freibekommen hat. Und das war noch nicht mal das Schlimmste.» Sie spießte den letzten Fleischbrocken auf.
    «Was war das Schlimmste?», fragte Frederi Jùli gebannt.
    «Er hat», sie schnaubte empört bei der Erinnerung, «er hat bisweilen sogar… Protestanten verteidigt. Aber sagt eurer Mutter bloß nicht, dass ich euch das erzählt habe, sonst bekomme ich wieder Ärger.» Sie zog die Nase hoch. «Sein Ruf war natürlich binnen kürzester Zeit ruiniert. Kein ehrbarer Mann wollte sich so einen als Anwalt nehmen.»
    «Und was war das andere?», fragte Catarino feindselig.
    «Welches andere?»
    «Onkel Philomenus hat von anderen Dingen gesprochen», erinnerte Catarino. Tante Eusebia griff nach ihrer Serviette, tupfte sich sittsam die Mundwinkel und rieb sich dann die Hände ab. «Ich weiß nicht, wie ich euch das erklären soll…», sagte sie. «An sich ist ja auch nichts passiert. Dank eurer Mutter.»
    «Unsere Mutter? Was hat unsere Mutter damit zu tun?», fragte Catarino gereizt.
    «Oh, alle waren sehr froh, als Cristou und eure Mutter zusammenfanden», sagte Tante Eusebia lächelnd. «Sie waren sehr jung damals… 1541 war das, er war zwanzig, und sie achtzehn. Für einen Mann, der noch nichts hat und nichts ist, eigentlich zu früh zum Heiraten, zumal die Mitgift eurer Mutter sicher auch nicht das war, was der alte Baroun de Bèufort sich gewünscht hätte. Aber unter den gegebenen Umständen konnte es allen natürlich nicht schnell genug gehen mit der Hochzeit.»
    «Was für Umstände denn?», fragte Cristino, die mitgerechnet und festgestellt hatte, dass sie und Catarino mit den Umständen nicht gemeint sein konnten.
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    «Nun, Frederi…», Tante Eusebia winkte einen Diener herbei, ihr Gedeck abzutragen, «sie waren sehr gute Freunde, Frederi und Cristou.»
    «Das wissen wir. Na und?», fragte Catarino finster.
    «Sehr gute Freunde», betonte Tante Eusebia noch einmal. «Schon zur Schulzeit. Sie waren gemeinsam auf dieser Klosterschule in Arle… Ich würde meinen Sohn nie auf eine solche Schule schicken. Ich finde das einfach unnatürlich, so viele Männer auf einem Haufen, ganz ohne Frauen… Frederi war damals schon Waise, seine Eltern sind Ende der Zwanziger an der Pest gestorben, und deshalb ist er über die Festtage immer mit zu Cristou gegangen… wie gesagt, unsere Mütter waren eng befreundet, deswegen kannte ich sie damals schon… sie steckten immer zusammen, in jeder freien Minute. Vor allem Frederi ließ seinen Blick nicht einen Moment von Cristou, wie ein Hündchen, das seinen Herrn anhimmelt. Das war schon… auffallend.»
    Catarino hatte sich zurückgelehnt. Sie sah plötzlich verändert aus, ihr Gesicht war spitz, die Sommersprossen glichen Rostflecken auf weißem Alabaster. «Was wollt Ihr damit sagen?», fragte sie

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