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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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spitz.
    «Nun, ich weiß, es war natürlich gar nichts, ein dummer Zufall, mehr nicht, und sie waren ja auch noch Kinder, Cristou war zehn und Frederi zwölf, aber…» Tante Eusebia hielt inne, um einen Fleck an ihrem Ärmel zu betrachten.
    «Aber was?», schrie Catarino.
    «Nun, da war dieser Ausflug», erzählte Tante Eusebia im Plauderton. «Wir kamen in ein furchtbares Gewitter, und im allgemeinen Durcheinander gerieten die beiden Jungs abhanden. Wir suchten sie lange und fanden sie schließlich in der Scheune, in die sie sich vor dem Regen geflüchtet hatten. Sie lagen im Heu und schliefen. Natürlich… hatten sie ihre Kleider bloß ausgezogen, weil sie tropfnass waren, und natürlich hatten sie sich nur wegen der Kälte aneinandergeschmiegt, aber, nun…» Sie räusperte sich. Catarino sprang auf, dass der Tisch wackelte. «Was wollt Ihr damit sagen? Dass mein Vater ein gottverdammter Perverser war?
    Ein Sodomist? Wollt Ihr das sagen, ja?»
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    «Kind, nein!» Tante Eusebia lächelte unschuldig. «Alles was ich sagen will, ist, dass alle sehr erfreut waren, als deine Eltern heirateten, mehr nicht.»
    «Ihr verfluchtes Schandmaul!», schrie Catarino wütend. «Aber ich glaube Euch kein Wort! Ihr sagt das alles nur, um den Namen meines Vaters durch den Schmutz zu ziehen, weil Ihr ihn gehasst habt, das ist es! Ihr seid eine gemeine, alte Hexe! Ich hasse Euch!»
    Tante Eusebia lächelte noch immer. «Ihr Kinder habt alle einen Fehler eures Vaters geerbt… ihr tragt euer Herz auf der Zunge. Das ist ungesund, Catarino. Sehr ungesund. Manchmal ist es tödlich», sagte sie. Frederi Jùli sah verständnislos von einem zum anderen. «Ich hab’
    das nicht kapiert, Fabiou. Was ist denn ein Perverser?», fragte er. Die Tür öffnete sich, und der Cavalié kam herein. Totenstille fiel über den Raum. Auf Tante Eusebias Gesicht erschien ein seltsames, verträumtes Lächeln. Der Cavalié ließ seinen Blick über die Anwesenden gleiten. Cristino sah beiseite. Catarino erwiderte seinen Blick mit offenem Hass.
    Er wandte sich Fabiou zu. «Ist alles in Ordnung mit dir?», fragte er.«Ja»,sagteFabiouundwischtesichdieNase.«Ja.»
    «Dieser Idiot Philomenus!», zischte Frederi. «Ich hätte ihm wirklich eine ‘reinhauen sollen!»
    Warum hast du’s dann nicht getan?, dachte Fabiou. Zum ersten Mal, solange er denken konnte, empfand er Verachtung für seinen Stiefvater.
    «Anno», rief Tante Eusebia die Dienerin, «serviere mir das Dessert aufs Zimmer. Ich denke, ich werde es heute dort einnehmen.»
    Und mit ihrem seltsamen Lächeln stand sie auf und verließ den Raum.
    ***
    Fabiou und Cristino holten Catarino im Zimmer der Mädchen ein, wo sie gerade damit beschäftigt war, sich in ein Stadtkleid zu zwängen, ohne sich noch die Mühe zu machen, ihre Dienerin zu rufen. «Sag mal, was hast du vor?», fragte Fabiou. Seine Nase blu537
    tete noch immer, und auch sonst hatte er das Gefühl, neben sich zu stehen.
    «Ich gehe aus, siehst du doch!», erwiderte Catarino schnippisch.
    «Jetzt? Allein?»
    «Allerdings!»
    «Das darfst du nicht», stellte Cristino fest. «Du musst zumindest jemand von den Dienstboten…»
    «Ach, halt die Klappe, Cristino!»
    «Aber das ist gefährlich!», meinte Cristino. «Wo willst du denn überhaupt hin?»
    «Zu Tante Beatrix!», erklärte Catarino.
    «Wie willst du das denn machen?», meinte Fabiou kopfschüttelnd und schniefte. «Du glaubst doch nicht im Ernst, dass die jetzt Besuchszeit im Konvent haben.»
    «Dann klettere ich über die Mauer! Ich muss sie sehen, jetzt! Ich muss die Wahrheit wissen, auf der Stelle!», schrie Catarino.
    «Mann, Catarino, du glaubst doch nicht etwa den Mist, den dieses Lästermaul Eusebia erzählt hat!», rief Cristino kopfschüttelnd aus.
    «Diese hinterhältige Schlampe!» Catarino heulte vor Wut. «Wie kann sie nur so etwas Gemeines über Vater sagen! Ich hasse sie!
    Das sind doch alles Lügen!»
    «Eben. Deshalb gibt es doch auch keinen Grund, jetzt zu Tante Beatrix zu gehen!», stellte Cristino fest.
    «Irgendwann muss ich zu Tante Beatrix, also warum nicht jetzt!», nörgelte Catarino. «Und wenn ich darauf warte, dass Frederi es mir erlaubt, bin ich Oma, bis es soweit ist! Die wollen nicht, dass wir mit ihr sprechen, habt ihr das noch nicht kapiert?»
    «Ach, das bildest du dir ein», meinte Cristino.
    «Das bilde ich mir ein, ja? Ich habe hundert Mal gefragt, und jedes Mal hieß es, heute nicht, vielleicht nächste Woche. Jetzt reicht es mir!»
    «Bleibt die

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