Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
Vom Netzwerk:
Sicherheit ihrer Behausungen. Auch Fabiou fühlte sich unbehaglich. Es war nicht nur der drohende Schein des Himmels. Die Leere der Straßen war eine verlockende Gelegenheit für alles Mordgesindel.
    Er war fast überrascht, dass er den Augustiner-Konvent unbehelligt erreichte. Er drückte die Klinke der kleinen Seitentür herunter und betrat die Kirche. Antonius erwartete ihn in einer der Bankreihen und winkte ihm zu, sich neben ihn zu setzen. «Also, was gibt’s?», fragte Fabiou neugierig, der Heiligkeit des Ortes entsprechend mit gesenkter Stimme.
    Bruder Antonius wies auf das Buch, das er auf seinen Knien liegen hatte. «Was ist das?», fragte Fabiou.
    «Aus der Konventsbibliothek», erklärte Antonius. «Eine Sammlung von Sagen und Geschichten um den Heiligen Gral.»
    688
    Fabiou linste auf die aufgeschlagene Seite. Sie zeigte ein Gemälde, auf dem ein goldener Kelch auf einem Altar dargestellt war, Kerzen an seiner Seite, darüber zwei Engel mit ausgebreiteten Flügeln. «Das soll der Gral sein? Sieht aus wie ein Messkelch», meinte Fabiou.
    «Natürlich», antwortete Antonius, und auf Fabious erstaunten Blick antwortete er: «Der Sage nach ist der Gral der Kelch, aus dem Jesus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls den Wein trank. Jeder Altarkelch ist also in der Theorie eine Nachbildung des Grals. Natürlich weiß heute kein Mensch mehr, wie der ursprüngliche Kelch ausgesehen hat, aber alle Darstellungen des Heiligen Grals orientieren sich an den heutigen Altarkelchen.»
    «Ja, und? Was hat das mit unserer Geschichte zu tun?», fragte Fabiou.
    «Das Buch hier geht auch auf die Katharer ein. Kennst du die Geschichte von Mont-Segur?»
    «Na ja, so lala. Da hatten sich doch die Katharer vor den französischen Truppen verschanzt, oder? Aber schließlich mussten sie kapitulieren.»
    Bruder Antonius nickte langsam. «Mont-Segur wurde von einer Gruppe von Rittern verteidigt, die die Katharer unter ihren Schutz gestellt hatten. Als Mont-Segur kapitulierte, gaben die Belagerer den Rittern ihr Ehrenwort, ihr Leben zu schonen, da sie schließlich keine Ketzer waren und nur gemäß ihrer Pflicht und ihrer Ehre als Ritter gehandelt hatten.» Bruder Antonius seufzte. «Die Katharer wurden daraufhin allesamt mit ihren Frauen und Kindern auf einem riesigen Scheiterhaufen vor der Burg Mont-Segur verbrannt. Und was die Ritter betraf, die sich in gutem Glauben ergeben hatten, so hielten die Belagerer ihr Versprechen und töteten sie nicht. Stattdessen wurden sie nach Carcassonne gebracht und dort in winzigen Kerkerzellen lebendig eingemauert. Erst fünfzig Jahre später wurde der Kerker von der Bevölkerung gestürmt. Ein paar der Ritter waren tatsächlich noch am Leben. Stell dir das mal vor –
    sie müssen halbe Kinder gewesen sein, als man sie in Carcassonne einkerkerte, und als Greise wurden sie befreit. Ein ganzes Leben in Dunkelheit verbracht.» Er schüttelte den Kopf. Er hatte wahrhaft eine Gänsehaut.
    689
    Wunderbar, eine weitere Horrorgeschichte. Fabiou blinzelte.
    «Ja… und?»
    «Die Sage behauptet, dass die Katharer den Heiligen Gral in Mont-Segur bei sich gehabt haben und ihn vor der Kapitulation aus der Burg schmuggelten. Sie verbargen ihn in einer Höhle, wo er auf den Tag wartet, an dem wieder hellere Zeiten anbrechen, um dann ans Licht der Welt zurückzukehren», erklärte Antonius. «So weit kannte ich die Geschichte. Aber hier in diesem Buch habe ich eine interessante Ergänzung gefunden. Der Autor schreibt, einer der Ritter habe den Gral aus der Burg gebracht. Die Ritter hatten ihn aus ihrer Mitte auserwählt, weil er der mutigste und würdigste war. So, und jetzt rate mal, wie der Name dieses Ritters war.»
    Fabiou hob die Schultern. «Keine Ahnung», sagte er. Bruder Antonius lächelte. «Carfadrael», antwortete er. Fabiou starrte auf das Buch. «Na gut… jetzt wissen wir also, nach wem sich Carfadrael benannt hat. Aber das bringt uns nicht wirklich weiter, oder?»
    «Nein. Da hast du allerdings recht», seufzte Bruder Antonius. Und Fabiou erstarrte. «Was ist?», fragte Bruder Antonius.
    «Der Kelch…», flüsterte Fabiou.
    «Was ist damit?»
    Fabiou griff in seine Brusttasche und zog eine Karte hervor, die er mit geweiteten Augen anstarrte.
    «Was ist das?», fragte Bruder Antonius.
    «Eine Tarotkarte. Der Ritter der Kelche», krächzte Fabiou. «Mein Gott, Antonius, sieh dir das an – der Kelch auf der Karte sieht genau so aus wie der Heilige Gral auf diesem Bild!»
    Bruder Antonius sah

Weitere Kostenlose Bücher