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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Schwachsinnigen, wichtige Angelegenheiten, sicher sind es wichtige Angelegenheiten, die ihn aufhalten. «Seltsam, dass er nichts gesagt hat», meinte Tante 870
    Beatrix, die Frederi Jùlis Wunden mit einer wässrigen Kräuterlösung auswusch. «Seltsam, wirklich.»
    Der Abend wurde zur Nacht. Frederi blieb verschwunden. Catarino erstarben die bösen Worte im Hals, und die Dame Castelblanc weinte sich die Augen aus. Schließlich ging Onkel Philomenus zu den Konsuln, um ihnen das Verschwinden seines Schwagers zu melden. Ihre betretenen Gesichter ließen seine vagen Befürchtungen zu erschreckender Realität werden. Als Philomenus zurückkehrte, reichte ein Blick in sein verkniffenes Gesicht, um seine Gedanken zu lesen. Die Dame Castelblanc bekam einen Schreikrampf.
    ***
    Er stand in der Dunkelheit, die unter der Porto Bello Gardo lauerte, verschmolzen mit der Nacht, auf deren Stimmen er lauschte. Konzentriert, wie er war, bereitete es ihm keine großen Schwierigkeiten, die Schritte des Mannes zu erkennen, die sich von hinten näherten. Erst als der Atem des anderen ihm über die Schultern strich, drehte er sich um.
    «Zeit, nach Hause zu gehen», sagte Corbeille und lehnte sich neben ihn an den Torbogen.
    «Ja. Zeit, nach Hause zu gehen.» Ingelfinger wandte sein Gesicht wieder der Nacht zu. «Es ist tragisch», sagte er dann.
    «Ja. Tragisch.» Corbeille hatte ein Tuch gezückt und polierte einen Fleck vom glänzenden Leder der Scheide seines Messers.
    «Ich fand es damals schon tragisch», sagte Ingelfinger. «Es könnte diesmal ruhig etwas weniger deprimierend enden.»
    «Junge, manchmal bist du sentimental wie ein altes Waschweib», meinte Corbeille.
    «Was bitte ist an einem Waschweib sentimental?», fragte Ingelfinger kopfschüttelnd, die Augen konsterniert in die Dunkelheit gerichtet. Corbeille seufzte tief. «Ich weiß ja, was du meinst.» Er stöhnte auf. «Gott, Ingelfinger, ich wollte nie, dass sie sterben, wirklich nicht! Und schon gar nicht so! Sie haben mich fasziniert, ehrlich!
    Ich wollte, ich hätte etwas tun können, um sie zu retten.»
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    «Du hättest etwas tun können», meinte Ingelfinger ungerührt.
    «Wir hätten etwas tun können.» Er lachte leise. «Der Bengel hat recht. Wir haben sie einfach krepieren lassen. Sie alle. Und diesmal wird es genauso laufen.»
    «Ja, du hast ja recht – es ist ein Scheißberuf», seufzte Corbeille.
    «Schade.» Er seufzte erneut. «Irgendwie hätte ich dem kleinen Bèufort wirklich ein besseres Ende gegönnt.» Mit einem Achselzucken wandte er sich ab und verschwand in der Nacht. Einen Moment lang sah Ingelfinger ihm stumm hinterher. Dann schritt auch er mit raschen Schritten durch die dunkle Straße davon.
    ***
    «Cristino.»
    Sie fuhr hoch, blinzelte verwirrt in die Dunkelheit. «Cristino, wach auf.»
    Sie meinte, ihren Augen nicht zu trauen. «Onkel Philomenus?», fragte sie ungläubig.
    «Steh auf und zieh dich an», sagte ihr Onkel. «Du musst fort.»
    «Fort?», fragte sie lahm. «Wieso fort?»
    «Du bist hier nicht mehr sicher, Cristino. Genauso wenig wie dein Bruder. Zieh dich jetzt an, schnell!»
    Verwirrt stolperte sie aus ihrem Bett, Anno in die Arme, die bereits ein Reisekleid in den Händen hielt. Bevor sie richtig wach war, war sie bereits in Kleid und Mantel gehüllt und Onkel Philomenus dirigierte sie die Treppe hinunter.
    In der Carriero de Jouque herrschte ein Umtrieb wie auf einem Wochenmarkt. Eine Kutsche stand vor der Einmündung in die Carriero dis Noble, die Cristino nie zuvor gesehen hatte, Diener daneben, ein Kutscher auf dem Bock. Oma Felicitas stand in der Hofeinfahrt, einen Schal um die verkrümmten Schultern geschlungen, das Gesicht so miesepetrig wie selten, an ihrer Seite die Dame Castelblanc, die ununterbrochen mein Herz, mein Herz jammerte.
    «Was ist denn hier los?», fragte Cristino verwirrt. Die Tür der Kutsche öffnete sich, ein Mann schwang sich nach draußen. «Cristino», sagte er.
    Es war Archimède Degrelho.
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    Hinter ihr klappte die Eingangstür, Fabiou trat nach draußen. Seinem zerdrückten Haar und den Druckstellen in seinem Gesicht nach zu urteilen, war er ebenfalls soeben aus dem Tiefschlaf gerissen worden. Auch er hatte sich offensichtlich in größter Hast angekleidet; sein Wams stand offen, und das Hemd hing stellenweise aus der Hose. «Was hat das alles zu bedeuten?», fragte er verständnislos.
    Philomenus drehte sich zu den Kindern um. «Ihr werdet mit Baroun Degrelho gehen», sagte er. «Der Baroun

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