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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Vernichtung der Bruderschaft arbeitete. Trostett wusste es. Aber er warnte sie nicht. Maynier hatte es geschafft, ihn auf seine Seite zu ziehen.» Er holte tief Luft. «Trostett war ein Mensch mit Prinzipien. Ich nehme an, Maynier musste ihm nur etwas von wegen Rettung des wahren Glaubens erzählen, und er hat ihm aus der Hand gefressen. Corbeille dagegen war ein Pro868
    blem für sie. Maynier konnte nicht wirklich sicher sein, dass der König den Arrêt de Mérindol unterstützen würde, wenn er davon erfuhr. Sein Einverständnis war gefälscht. Die offiziellen Abgesandten des Königs, den Intendanten, den Gouverneur, hatte er auf seine Seite gebracht, aber noch blieben die inoffiziellen – Corbeille und seine Leute. Maynier wollte nicht riskieren, dass Corbeille sein Vorhaben aufdeckte und den König frühzeitig darüber in Kenntnis setzte. Und da kam das Unternehmen Ohneberg ins Spiel. Trostett spielte Corbeille fingierte Informationen über Aktivitäten der kaiserlichen Flotte im Mittelmeer in die Hände. Dadurch war Corbeille abgelenkt, und ich letztlich auch. Das Nächste, was wir von der Geschichte mitbekamen, war, dass der Luberoun in Flammen stand. Für Trostett muss es die schrecklichste Erkenntnis in seinem Leben gewesen sein, dass all dieses Morden nur einem einzigen Zweck gedient hat, nämlich Maynier und seinen Getreuen die Taschen zu füllen, dass er mitnichten dazu beigetragen hatte, eine Bande gefährlicher Ketzer zu vernichten, sondern zu einem sinnlosen Gemetzel, dessen einziges Motiv die Gier nach Macht und Besitz war.»
    «Und die Bruderschaft?», fragte Fabiou.
    Ingelfinger zuckte müde mit den Schultern. «Trostett war offensichtlich über ihre Pläne informiert, doch da er zu diesem Zeitpunkt noch an Mayniers lautere Motive glaubte, ließ er sie eiskalt ins offene Messer rennen. Was mich betrifft, so erfuhr ich von der ganzen Geschichte erst, als es längst zu spät und Carfadrael und seine Freunde tot waren. Es tut mir leid, Fabiou. Das klingt albern, aber es ist so. Und du kannst mir glauben, dass es weder an Corbeille noch an mir spurlos vorübergegangen ist, dass wir versäumt haben, einen Massenmord zu verhindern.»
    Fabiou starrte in die Leere des dunklen Ganges. «Der Verräter…»
    «Nein, Fabiou.» Ingelfinger schüttelte den Kopf. «Ich will definitiv nicht auch noch an deinem Tod schuld sein.»
    «Arnac de Couvencour ist verhaftet worden, wisst Ihr das?», fragte Fabiou leise. «Er wird der Ketzerei bezichtigt.»
    Ingelfinger runzelte die Stirn. Er sagte nichts.
    «Ich hätte noch eine Frage», sagte Fabiou.
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    «Tut mir leid, Fabiou, wie ich gesagt habe…»
    «Nichts über die Bruderschaft. Eine Frage zur deutschen Sprache», entgegnete Fabiou zu Ingelfingers Verblüffung. Danach kehrte er nach Hause zurück. Und erfuhr, dass sein Stiefvater seit dem Morgen spurlos verschwunden war.
    ***
    Er war aus dem Haus gegangen, kurz nachdem der erste Hahn gekräht hatte. Ein Fremder hatte eine Nachricht für ihn abgegeben, die er lange in seinem Zimmer studiert hatte, und dann war er aufgebrochen. Er warf einen Blick in das Zimmer seines Sohnes, auf das weiße Gesicht des Kindes, in das die Augen tiefe, schwarze Höhlen gegraben hatten. Beatrix sah auf, als er hereinkam, ihr Gesicht war grau unter der Haube und unter ihren stumpfen Augen lagen purpurne Ringe. «Wie geht es ihm», fragte Frederi und lächelte sie an, wie er sie früher angelächelt hatte, als sie noch keine Nonne und er noch nicht der Ehemann ihrer Kusine war, als sie nichts weiter waren als zwei junge Leute, die die Freundschaft zu Pierre Avingou verband. Sie lächelte zurück. «Er lebt, das ist erstaunlich genug», sagte sie. Und Frederi nickte und ging, und sie war die Letzte, die ihn gesehen hatte.
    Sie machten sich zunächst keine Sorgen um ihn. Er wird in der Kirche sein, oder auf dem Friedhof, beten, meinte Onkel Philomenus mit einem verächtlichen Schnauben. Er wird wichtige Angelegenheiten zu erledigen haben, meinte die Dame Castelblanc, ganz die treue Ehefrau, für die wichtige Angelegenheiten die einzige denkbare Erklärung für die Abwesenheit des Angetrauten waren. Frederi, fauchte Catarino und verdrehte die Augen. Als der Abend kam, begannen sie, sich Gedanken zu machen.
    «Hat er irgendetwas erwähnt, dass er länger fortwollte?», fragte Oma Felicitas stirnrunzelnd ihre Tochter, deren Lächeln allmählich gezwungen wirkte, und diese schüttelte den Kopf und wiederholte mit der Hartnäckigkeit einer

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