Die Kinder des Ketzers
hör auf damit», sagte Oma Felicitas durch ihre verbliebenen Zähne hindurch. Philomenus lachte verächtlich. «Getötet? Ich? Was redest du wieder für Unsinn daher, Kusine?»
«Du hast gewusst, dass Maynier und die anderen ihren Tod beschlossen hatten!», keuchte Beatrix. «Du hättest sie warnen können, und stattdessen hast du Maynier in die Hände gespielt!»
Die Dame Castelblanc stieß einen schrillen Laut aus und schlug die Hände über die Ohren. «Beatrix, nicht vor dem Jungen!», schrie Oma Felicitas.
«Wieso nicht?», kreischte Beatrix. «Er soll ruhig hören, was für einen feinen Onkel er da hat! Der seinen Schwager und seinen leiblichen Vetter der Inquisition ausgeliefert hat! Mein kleiner Bruder ist in einer Folterkammer der Inquisition gestorben, Philo, weil du nicht einen Finger gerührt hast, um ihn zu retten! Verflucht sollst du sein, Philo, verflucht!»
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Frederi hatte das Pferd losgelassen, es stapfte schnaubend über den Hof. Madaleno weinte. Philomenus ließ seine Kusine los. «Es waren Ketzer!», schrie er. «Sie hatten es verdient! Ketzer waren sie!» Er stolperte rückwärts, sein Gesicht war weiß wie der Mond.
«Ich hatte doch keine andere Wahl! Es ging um die Ehre unserer Familie! Wir wären für alle Zeiten diskreditiert gewesen! Wir wären… wir wären vielleicht sogar ebenfalls der Ketzerei beschuldigt worden! Oh Gott, Beatrix, ich hatte doch keine andere Wahl!»
Fabiou hatte immer noch die Arme verschränkt. «Wir müssen zu Cristino», sagte er mit unsicherer Stimme. «Sie ist in Gefahr. Vater, hörst du mich?»
Frederi bewegte fahrig den Kopf in seine Richtung. Und draußen von der Straße rief einer: «Also, wo ist er jetzt, der Ketzer?»
Alles drehte sich um. Über all dem Geschrei hatte keiner die gut zehn Leute kommen hören, die da vor der Hofeinfahrt standen, allen voran der Pförtner, der jetzt stolz auf seinen Herrn zueilte, daneben Alest von der Inquisition mit mehreren seiner Leute, Mèstre Crestin, der Arquié Laballefraou und, hoher Besuch, Docteur Vascarvié, der Sonderbeauftragte des Parlaments. Philomenus ließ Beatrix stehen und eilte auf die Herrschaften zu. Sein Gesicht war schweißnass. «Docteur… verzeiht, es lag nicht in meiner Absicht, Euch in Eurer Nachtruhe zu stören, die Anwesenheit von Mèstre Alest hätte durchaus gereicht… Es geht um diesen Couvencour, gegen den eine Anklage wegen Ketzerei vorliegt…»
«Meine Anwesenheit ist durchaus begründet, Senher», sagte Vascarvié kühl. «Also, wo ist der Ketzer?»
«Nun, ähm, fort.»
«Fort? Wie fort?», fragte Vascarvié entgeistert.
«Er sagte, er wolle nach Santo Anno dis Aupiho, vielleicht wenn Ihr ihm nachreitet…»
Vascarvié lachte trocken. Crestin warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. «Ich bezweifle, dass wir den Ketzer in Richtung Aupiho finden werden, wenn er das so deutlich sagt. Vermutlich ist er in der Gegenrichtung unterwegs. Schade, allerdings.» Er seufzte und rieb sich die Augen. Offensichtlich hatte man ihn tatsächlich aus dem Bett geholt. «Sehr schade, wirklich. Es ist nämlich nicht 928
nur eine Anklage wegen Ketzerei, die gegen Senher Couvencour vorliegt.»
«Sondern?», fragte Philomenus erstaunt.
«Mord», sagte Vascarvié lächelnd.
«Mord?», schrie Fabiou entgeistert.
Vascarvié drehte sich in seine Richtung und musterte ihn prüfend von Kopf bis Fuß. «Allerdings, junger Herr. Es gibt einen Umstand, der den Verdacht nahe legt, dass es Arnac de Couvencour ist, dem die Morde der letzten Wochen zur Last zu legen sind. Dass heißt, der Person, die sich als Arnac de Couvencour ausgibt.»
«Ausgibt?», rief Sébastien verständnislos. «Wie meint Ihr das?»
«Nun», seufzte Vascarvié, der offensichtlich jeden Moment dieser Unterhaltung genoss wie eine verhungerte Katze eine fette Maus, «ich hatte diese Tage einen Kollegen aus Marsilho zu Gast, durch Zufall ein Freund der Familie Galleppo, der Rouland de Couvencours Frau entstammt. Und dieser schwört Stein und Bein, dass Arnac de Couvencour 1545 im Alter von acht Jahren eben dort in Marsilho zusammen mit seiner Mutter an der Pest gestorben ist.»
Totenstille. Fabiou schwieg.
«Ja, aber, aber, wer ist dann der Kerl, den wir als Arnac de Couvencour kennen?», schrie Philomenus. «Ich meine, ich kenne ihn seit Jahren, seit er ein Knabe ist…»
«Natürlich. Offensichtlich hat Rouland de Couvencour direkt nach dem Tod seines Sohnes einen ungefähr gleichaltrigen Jungen an Kindes statt angenommen und
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