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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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fand er die Kinder erwürgt, ihre Leichen grausig verunstaltet, und daneben das Kindermädchen, den Dolch in der Brust. Da zerriss er sich die Kleider, verfluchte sein Schicksal, überließ all sein Hab und Gut der Kirche und ging als Mönch ins Kloster. Der Diener aber, der das Kindermädchen ins Haus geholt hatte, verfiel dem Wahnsinn, und noch heute kann man ihn durch die Dörfer wandern sehen und mit schriller Stimme seine Klage in die Nacht hinaus rufen hören. Die Mädchen wurden auf einem Friedhof nahe einer alten Kapelle bestattet. Und als der Onkel auf dem Weg in die Abgeschiedenheit des Klosters ein letztes Mal seine Schritte zu der Kapelle lenkte, um Abschied zu nehmen von den armen unschuldigen Kindern, da waren ihre Gräber umrankt von einem riesigen Strauch weißer Rosen, die über Nacht dort gewachsen waren. Und wer einen Herzenswunsch hat und eine dieser Rosen bricht, dem wird er gewiss erfüllt werden.»
    Er schwieg.
    Cristino spürte, wie ihr übel wurde.
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    «Nun…», der Comte de Trévigny setzte sich auf seinem Stuhl zurecht, «eine schöne Schaudergeschichte, wirklich. Aber mir erscheint sie doch etwas zu dramatisch, um wahr zu sein.»
    «Aber sie ist wahr!», widersprach der junge Buous. «Nicht wahr, Vater, Ihr kennt sie auch!»
    Der Baroun runzelte die Stirn. «Hm. Ja. Da war mal so was, so eine Irre, die ein paar Kinder umgebracht hat, stimmt. Aber das ist ewig her. Frederi, erinnerst du dich daran?»
    Der Cavalié ließ einen verschleierten Blick über den Tisch gleiten. «Ich weiß nicht. Ich glaube nicht», murmelte er. Trévigny zuckte mit den Achseln. Er wirkte nicht sonderlich überzeugt.
    Ein Stuhl wurde gerückt. Einsam stand der Cavalié de Castelblanc in der Dunkelheit. «Eine spannende Geschichte, wirklich», sagte er. «Aber ich denke, jetzt reicht es damit. Wir gehen ins Bett, Kinder.»
    Die Buous sagten nichts, und auch der Comte de Trévigny und Arnac de Couvencour schwiegen, als die Castelblancs aufstanden und der Treppe zustrebten, die zu den Gastzimmern hinauf führten. Frederi Jùli protestierte leise. «Gute Nacht», krächzte Cristino und griff nach Catarinos Arm, und aneinandergeklammert stolperten sie die Treppe hinauf.
    ***
    «Cristino?»
    …
    «Cristino, bist du wach?»
    «Hmmm…»
    «Oh, Cristino, das war vielleicht ein Tag heute. Erst die Fahrt, dann diese Sache mit den Räubern… Und all die interessanten Männer, die wir kennengelernt haben. Sag schon, welcher gefällt dir am besten?»
    «Hm…»
    «Trévigny sieht so gut aus, findest du nicht? Und er ist so galant… Aber Arnac de Couvencour… Er ist ein echter Held, glaube ich. Bestimmt würde er um die Frau, die er liebt, kämpfen und sie 98
    aus aller Not retten… wenn sie irgendwo gefangen wäre, zum Beispiel, dann würde er sich durch die feindliche Linie schlagen und sie befreien und auf seinen Armen in Sicherheit tragen…» Ein tiefer Seufzer. Cristino starrte die dunkle Decke über ihrem Kopf an.
    «Aber irgendwie ist er auch komisch. Couvencour, meine ich», fuhr Catarino fort. «Er ist so… abweisend. Und überhaupt nicht charmant . Roubert… Roubert ist auch merveilleux . Seine Haare…
    und die Augen… und, oh, er wirkt so stark und kräftig, und… ach, Cristino, was soll ich bloß machen?» Gegen das schwache Licht des Fensters sah Cristino, wie ihre Schwester sich aufgesetzt hatte und jetzt in ihre Richtung starrte. «Sie gefallen mir alle drei so gut. Welchen von ihnen soll ich bloß nehmen?»
    «Nun ja. Das hängt schließlich auch von ihnen ab», meinte Cristino vorsichtig.
    «Quatsch. Das ist die falsche Einstellung, ma mie . Man wartet nicht darauf, dass die Männer zu einem kommen, man holt sie sich. Sonst endet man bei einer Null wie Frederi.»
    «Du hättest vorhin nicht so sein sollen», murmelte Cristino.
    «Das war… ungehörig. Er war, glaube ich, ziemlich wütend.»
    «Wieso ungehörig?», zischte Catarino. «Ich habe nur die Frage von Baroun de Buous beantwortet, das wird ja wohl noch gestattet sein!»
    «Ich glaube, Frederi denkt, du lügst ihn an», sagte Cristino. «Er kann sich einfach nicht vorstellen, dass du dich an Vater erinnerst. Ich meine… wir waren ja gerade erst drei Jahre alt, als er gestorben ist…»
    «Erinnerst du dich denn wirklich gar nicht an ihn?» Catarinos Stimme klang bittend in der Dunkelheit. «Nicht mal ein bisschen?»
    «Nein.»
    «Ich glaube, Frederi ist bloß neidisch auf Vater. Er erzählt uns doch immer wieder, dass er Vater auf dem

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