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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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haben, und die neue Stadt nannten sie dann Par-Ys, weil sie so ähnlich war wie Ys, und daraus wurde dann Paris. Aber die Bürger von Ys haben sich dann irgendwie versündigt, und da ist ihre Stadt im Meer versunken.»
    Frederis Augen hoben sich von der Tischplatte. Er sah schlecht aus. Als sei ihm das Essen nicht bekommen. «Red keinen Unsinn», sagte er heiser. Die Blässe in seinem Gesicht war beängstigend.
    «Du kannst dich nicht an Cristou erinnern. Das ist unmöglich!
    Und schon gar nicht kannst du dich an irgendwelche Geschichten erinnern, die er dir erzählt hat.»
    In Catarinos grünen Augen blitzten trotzig die Reflexe der Flämmchen, und zu Cristinos grenzenlosem Entsetzen ob ihrer Unverfrorenheit wandte sie sich von ihrem Stiefvater ab und dem Baroun de Buous zu. «Ich kann mich sehr wohl erinnern!», erklärte sie. «Er hat mir viele Geschichten erzählt. Von König Artus vor allem, und den Rittern der Tafelrunde, Gawain, und Lancelot, und Merlin, und Galahad, und der Fee Morgain, und Parcifal, und…
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    und… ach, wie heißt der eine, der mit dem komischen Namen…
    der so jung gestorben ist…»
    Gott, das kann sie sich Frederi gegenüber nicht herausnehmen, als Mädchen ihrem Vater gegenüber, das kann er ihr nicht durchgehen lassen, das gibt Ärger, Catarino, du dumme Gans…
    Die Augenlider des Cavaliés zuckten. «Catarino», sagte er, «du solltest vielleicht jetzt besser ruhig sein.»
    «… Schionatulander!», rief sie triumphierend.
    Frederis Hand schoss vor und fasste Catarinos Arm so fest, dass sie unwillkürlich aufschrie. Er hatte das Essen wohl wirklich nicht vertragen, sein Gesicht war grasgrün. «Halt den Mund!», fuhr er sie an.
    Es war still am Tisch. Catarino starrte auf Frederi mit weit aufgerissenen Augen und offenstehendem Mund, und der Buous beugte sich etwas nach vorne, einen befremdeten Blick auf den Cavalié
    gerichtet; und dieser ließ Catarinos Arm los und tastete mit einer zitternden Hand nach seinem Weinbecher.
    «Wie wäre es mit Euch, Comte?» Roubert, der ältere Buous-Sohn lächelte Trévigny auffordernd zu, offensichtlich versuchte er, die Situation zu retten. «Kennt Ihr nicht eine schöne Geschichte?»
    Trévigny räusperte sich. «Nun…»
    «Au ja, eine Geschichte aus Paris!», rief Claudia erfreut. «Eine Liebesgeschichte, ich möchte eine Liebesgeschichte hören!»
    «Nein, lieber was mit Schwertkampf und Toten und so», widersprach Frederi Jùli.
    «Oder eine Gruselgeschichte!», schlug Artus de Buous, Rouberts jüngerer Bruder, vor.
    «Eine Gruselgeschichte, merveilleux !», rief Claudia begeistert. Ihre Stimmen klangen wie das hohle Rufen eines Käuzchen in der Nacht. Catarino schwieg, sie saß starr an ihrem Platz und rieb ihren Arm. Frederi sah auf die Tischplatte. Arnac de Couvencour war im Schatten verborgen, seine Augen funkelten aus der Dunkelheit wie glimmende Kohlen.
    «Nun…», wiederholte der Comte de Trévigny und kratzte sich am Kopf. «Eine Gruselgeschichte… Nun ja.» Er schien einen Entschluss gefasst zu haben und setzte sich auf, ein kleines Lächeln um seine Lippen. Erwartungsvoll die Augen ringsumher. Hoff92
    nungsvoll. «Da waren diese beiden Freunde, die vor vielen, vielen Jahren gemeinsam ins Heilige Land auf den Kreuzzug zogen. Sie erlebten viele Gefahren miteinander, und jeder hatte dem anderen schon ein paar Mal das Leben gerettet, und sie waren einander näher als Brüder. Als sie nach Jahren in ihre Heimat zurückkehrten und ihre Wege sich trennen mussten, da verabredeten sie, dass sie sich nach genau einem Jahr im Haus des einen wiedertreffen und um Punkt Mitternacht mit einem Glas Wein auf ihre Freundschaft anstoßen wollten.
    Das Jahr verging. Am vereinbarten Tag machte sich der Erste zur Burg des anderen auf. Doch als er dort ans Tor klopfte und um Einlass bat, er wolle den Herrn des Hauses besuchen, da öffneten ihm die Diener mit Tränen in den Augen, denn der Freund war wenige Tage zuvor an einem Fieber gestorben.
    Der Ritter war traurig. Im Andenken an seinen Freund und an die Vereinbarung, die sie getroffen hatten, beschloss er, die Nacht in der Gruft neben dem Sarg des anderen zu verbringen und um Mitternacht ein Glas Wein auf ihn zu trinken. So wollte er sein Versprechen halten.
    Gesagt, getan. Als die Turmuhr Mitternacht schlug, stand er neben dem Sarg, füllte Wein aus einer Flasche in einen Becher, und mit den Worten, auf dich, mein Freund, führte er es an die Lippen. Doch in dem Moment, als der zwölfte Schlag

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