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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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es die Engländer?» Henrics Augen leuchteten.
    «Nein… nicht direkt… es war ein Erbschaftsstreit, weißt du. Ein Mann hat vor dreizehn Jahren seinen Bruder umbringen lassen und all seine Freunde, damit man dachte, es hätte etwas mit Politik zu tun, und ihn nicht verdächtigte. Und jetzt hat er alle getötet, die davon wussten und ihm gefährlich werden konnten.»
    «Und jetzt wird er aufgehängt, oder?», rief Henric begeistert.
    «Nein… er ist geflohen, wisst Ihr…»
    « Intrigant !», hauchte Henric de Navarra. Dann betrachtete er prüfend Fabiou, der sich bemühte, ein möglichst unbekümmertes Gesicht zu machen, doch offensichtlich mit mäßigem Erfolg, denn der Junge runzelte die Stirn und fragte: «Warum guckst du denn so traurig, wo du den Mörder doch gefunden hast?»
    Fabiou biss sich auf die Lippen und blinzelte ziemlich heftig.
    «Wisst Ihr, unter den Freunden dieses Bruders, die ermordet wurden, waren auch mein Vater und mein Onkel.»
    «Der hat deinen Vater und deinen Onkel totgemacht?», fragte Henric entsetzt.
    «Na ja… nicht direkt. Er hat sie an die Inquisition ausgeliefert, und die haben sie getötet.»
    «Waren die denn Protestanten, dein Vater und dein Onkel?», fragte Henric neugierig.
    «Mein Vater war Protestant. Mein Onkel – hat einfach anders gedacht . Das hat schon gereicht.»
    «Bringen die alle Protestanten um, die von der Inquisition?», fragte Henric und ließ den Mund offen stehen.
    «Hm… na ja…»
    «Meinst du, die bringen mich auch um, weil Mama doch will, dass ich Protestant werde? Meinst du, die hängen mich an die Pappel da hinten?»
    «Das ist ‘ne Pinie», verbesserte Fabiou, und dann lachte er unglücklich und sagte: «Nein, Euch bringt sicher keiner um. Ihr seid schließlich ein Prinz.»
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    «Ah», machte der kleine Navarra zufrieden. Dann erschien plötzlich wieder ein betrübter Ausdruck auf seinem Gesicht. «Bist du traurig wegen deinem Vater und deinem Onkel?», fragte er. Fabiou kaute extrem gewalttätig auf seiner Lippe herum. «Ja. Ja, ich bin ziemlich traurig.»
    Einen Moment lang schaute der Junge ihn betreten an. Dann hellte sein Gesicht sich auf. «Weißt du, was?», rief er. «Wenn ich mal groß bin und König und so, dann mache ich ein Gesetz, dass niemand mehr die Protestanten umbringen und an Bäume hängen darf. Nirgends! In ganz Frankreich nicht!»
    Fabiou lächelte gerührt. «Das geht doch nicht», sagte er.
    «Warum nicht?», protestierte Henric.
    «Na, dazu müsstet Ihr König von Frankreich sein, und Ihr werdet schließlich nur König von Navarra.»
    Der Junge sah ihn an mit offenem Mund. «Ach so», sagte er enttäuscht.
    «Henric!» Jemand lehnte sich aus der Kutsche, ein Knabe in Henrics Alter, mit glatten schwarzen Haaren und blitzenden dunklen Augen. «Henric, komm endlich, wir müssen nach Hause!»
    «Das ist mein Vetter!», erklärte Henric strahlend. «Er heißt auch Henric, wie ich. Aber Henric de Condé, nicht Henric de Navarra. Und außerdem ist er mein Adjuvant!»
    «Euer Adjutant?»
    «Sag ich doch! Wir müssen gehen. Wir fahren morgen nach Navarra zurück. Adiéu, Fabiou!» Henric de Navarra wirbelte herum und hüpfte in die Kutsche, die sich rumpelnd in Bewegung setzte.
    «Adiéu», sagte Fabiou zu der Staubwolke, die die Räder der Kutsche zurückgelassen hatten. Fabiou schlenderte durch die Gräberreihen, bis er zum Grab der Familie Degrelho kam, wo die Abendsonne die Rosen in purem Gold erblühen ließ. Ein paar schimmernde Blütenblätter deckten die warme Erde über den Gräbern, in wenigen Tagen würden sie verwelkt sein, doch noch glühten sie prachtvoll im Licht der Abendsonne, ein Blütenschmuck aus den Schatzkammern Indiens. Flammend rot sank die Sonne im Westen in die von Olivenbäumen gesäumten Hügel, eine Flut aus flüssigem Feuer ergoss sich über das Land. Fabiou sah der Kutsche hinterher, während er eine 1078
    der weißen Rosen abbrach und zusah, wie der Abendwind ihre Blütenblätter erzittern ließ. Auf der Hügelkuppe schien die Kutsche einen Moment lang innezuhalten, bevor sie hinter den Bäumen verschwand wie ein Schiff am Horizont eines Ozeans.
    Mögen all deine Träume in Erfüllung gehen, Henric de Navarra, dachte Fabiou und warf die Rose auf den Weg, wo der Wind sie erfasste und über den heißen Erdboden trieb.
    ***
    Victor kehrte am 15. August nach Castelblanc zurück. Die Obstbäume hingen voller glänzender Früchte, und in den Weingärten reiften die Trauben. Überall auf den Feldern

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