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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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sich in den Sattel.
    Sag mir einfach, was du dir erträumst.
    Victor hatte sein Pferd schon auf den Weg gelenkt, als Cristino hinter ihm hergerannt kam. «Victor, warte!», schrie sie. Er zog an den Zügeln. Ihr Gesicht war bleich, aber in ihren Augen leuchtete ein Strahlen, das er noch nie darin gesehen hatte. «Victor, ich habe 1074
    eine Idee», keuchte sie außer Atem. «Aber sie ist so verrückt, dass ich mich schier nicht traue, es zu sagen.»
    ***
    Am 14. August beschlossen Fabiou und Frederi, dass es an der Zeit war, nach Castelblanc zurückzukehren.
    Am Abend dieses Tages drehte Fabiou eine Runde in der Stadt. Eine Abschiedsrunde. Die Sonne stand schon schräg und warf ihr intensiv goldenes Herbstlicht auf die ockerfarbenen Häuser von Ais, als er sich auf den Weg zum Konvent der Augustiner machte. Noch immer waren viele frisch verlobte Paare unterwegs, doch daneben jetzt auch viele Bauern, die ihre Ernte in der Stadt verkauften. Die Straßen rochen nach frischen Äpfeln, Trauben und Kräutern. Bruder Antonius empfing ihn im Parlatorium. «Schön, dich noch mal zu sehen», begrüßte er ihn. «Geht’s jetzt also zurück nach Castelblanc?»
    Fabiou nickte. «Aber nicht für immer», meinte er lächelnd. «Ich habe so meine Pläne. Und ich denke, die werden mich bald wieder nach Ais führen.» Die letzte Bemerkung war dazu gedacht, den Abschied etwas leichter zu machen, doch zu seiner Verwunderung wurde Antonius’ Gesicht noch eine Spur betrübter. «Ist etwas?», fragte er.
    «Wenn du nach Ais zurückkehrst, werde ich nicht mehr hier sein», sagte Antonius mit einem traurigen Lächeln.
    «Was?»
    «Der Abt schickt mich noch diesen Monat nach Rom», erklärte Antonius. «Er ist der Meinung, dass ich eine große Zukunft habe und nicht in einem Konvent in der Provinz versauern darf. Ich habe das Gefühl, er möchte, dass ich einmal seine Nachfolge antrete.»
    «Na ja, immerhin scheint er dir deine Eskapaden der vergangenen Monate nicht übelzunehmen», sagte Fabiou mit einem etwas erzwungenen Lachen. Dass er Antonius für Jahre verlieren würde, ging ihm ganz schön an die Nieren.
    Antonius schaffte es, ebenfalls zu lachen. «Es ist wahrscheinlich das Beste so», sagte er dann. «Ich muss dringend auf andere Gedanken kommen. Diese ganze Geschichte hat so einige schlechte 1075
    Erinnerungen geweckt. In Rom werde ich wenigstens keine Zeit zum Grübeln haben.»
    «Nun», sagte Fabiou und räusperte sich, «dann wünsche ich dir alles Gute.»
    «Ich dir auch. Und… ähm… Fabiou, ich bleibe bei dem, was ich auf dem Friedhof zu dir gesagt habe. Sie wären wirklich stolz auf dich.»
    Ja, der Friedhof. Er hatte noch einen Abschiedsbesuch zu machen.
    Als er durch die Porto dis Augustin trat und auf die Ebene hinausblickte, dorthin, wo früher das Gauklerlager gewesen war und sich jetzt eine Fläche aus zertretenem, verbranntem Gras erstreckte, lag der Friedhof friedlich im Glanz einer goldenen Abendsonne. Er durchquerte das schmiedeeiserne Tor und schritt langsam durch die Reihen der Gräber. Ein paar alte Frauen in Schwarz bückten sich zwischen den bemoosten Steinen.
    Er erreichte die Grabstätte der Aubans. Vor dem Holzkreuz, das man über Beatrix’ letzter Ruhestätte errichtet hatte, knieten zwei Ordensschwestern, ins Gebet vertieft. Er blieb im Abstand von einigen Schritten stehen, er wollte sie nicht stören. Er dachte an all die Menschen, die diese unglückselige Geschichte das Leben gekostet hatte. Hector Degrelho und seine Familie. Sein Vater. Onkel Pierre. Und zuletzt Beatrix. So sehr Fabiou auf seinen Lippen herumkaute, er konnte nicht verhindern, dass das Grau der Gräber vor seinen Augen verschwamm und die Frauen zu trüben, schwarzen Farbflecken wurden.
    «Wartet! Anhalten! Fabiou! Da ist ja Fabiou!», schrie eine helle Stimme hinter ihm.
    Er drehte sich verwundert um. Am Friedhofstor hielt eine Kutsche, und soeben wurde die Seitentür aufgerissen, und eine kleine, stämmige Gestalt im dunklen Anzug hüpfte heraus. « Salut , t Fabiou!», rief sie fröhlich. Ach Herrje. Der kleine Navarra.
    «Oh, guten Abend, ähm… Seid Ihr zurück aus dem Piemont?», fragte Fabiou und blinzelte verstohlen die Tränen weg. Das rundliche Gesicht des Kindes nickte strahlend. «Ich kann jetzt Fechten!», erklärte er stolz. «Und Bogen schießen. Auf Tau1076
    ben. Ich hab’ sogar schon fast mal eine getroffen. Und du? Hast du den Mörder gefunden?»
    «Ja», sagte Fabiou. «Ich habe den Mörder gefunden.»
    «Waren

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