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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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zugegeben?, frage ich mich fassungslos.
    »Du bist nicht sie«, wiederholt er mit geblähten Nasenflügeln. »Ich finde, du bist mir eine Erklärung schuldig.«
    »Der Chef hat mich geschickt …« Ich kann keinen klaren Gedanken fassen, solange er mir so nahe ist. »Der Chef sagt, falls ich sie finde, soll ich ihr ausrichten …« Ich hole nochmals tief Luft und versuche mich zu beruhigen, doch es klappt nicht. »Mach das verdammte Fenster auf!«, stöhne ich.
    »Fenster«, wiederholt er grunzend, wirbelt blitzschnell herum, greift nach dem Stuhl und knallt dessen Beine gegen die Scheibe, die zwar robust ist, doch für eine so grobe Behandlung nicht stabil genug. Der Zapfen aus Aerogel springt heraus, und es fehlt nicht viel, dass wir beide es ihm gleichtun. Plötzlich füllt sich das Zimmer mit Nebel, und das explosive Keuchen, das dieser Nebel bei mir auslöst, tut fast so weh wie der Luftzug, der mich vom Bett fegt. Ich schüttle den Kopf, um ihn freizubekommen, und bemerke gleich darauf mit eiskalter Klarheit etwas, das mich unverzüglich dazu bringt, mich aufzusetzen: Ich sehe zwei leicht zuckende Beine über den Fenstersims ragen. Gerade greife ich nach seinen Fußgelenken, da richtet er sich auf und gleitet ins Zimmer zurück. Erstaunlicherweise umklammert er immer noch die Stuhllehne. Vorsichtig lässt er den Stuhl auf den Boden herunter, beugt sich über mich und bietet mir die Hand.

    »Danke«, sage ich in Elektrosprache, denn der Umgebungsdruck ist auf Marsatmosphäre gesunken. »Oder auch nicht.«
    »Uns bleiben noch ungefähr dreißig Sekunden.« Er denkt kurz nach. »Du hast ein zischendes Geräusch im Zimmer bemerkt und mich benachrichtigt, damit ich der Sache nachgehe. Und dann ist das Fenster explodiert. Einverstanden? Der Empfang ist nicht gerade schlau, und dieses Hotel wurde für Leute gebaut, die viel Wert auf Privatsphäre legen.«
    Ich sehe ihn mit zusammengekniffenen Augen an, blinzle die das Licht doppelt brechenden Regenbogen rund um sein Gesicht weg – eine Auswirkung dessen, dass meine Augenflüssigkeit gefriert – und nicke. »Danke.« Ich berühre seinen Arm, doch er entzieht ihn mir resolut.
    »Bedank dich nicht bei mir, sondern bei deiner Schwester.« Er wirft mir einen sehr altväterlichen Blick zu. »Es ist verdammt unhöflich, Leute auf diese Art zu manipulieren.«
    »Ich versuche doch gar nicht, dich zu manipulieren«, entgegne ich und bin selbst bestürzt darüber, wie erbost meine Worte klingen. Jetzt, da ich diesen hypnotisierenden Geruch nicht mehr einatme, kann ich wieder klar denken. Die Kehrseite ist, dass auch er wieder klar denken kann. Ich wechsle wohl besser das Thema. »Zuerst hat der Chef Juliette hierhergeschickt und danach mich, weil sie spurlos verschwand. Das ist die andere Nachricht, die ich dir übermitteln soll. Wir wissen nicht, wo Juliette sich aufhält.«
    »Ha! Nun ja, das ist euer Problem. Jedenfalls werden wir beide uns nicht wieder begegnen. Meine Eigentümerin reist nächsten Monat zum Saturn ab, um an der Auktion teilzunehmen. Und sie nimmt mich mit, ob ich will oder nicht.«
    »Deine Eigentümerin ?« Ich blinzle verständnislos. »Ich hab dich für selbstständig gehalten …« Sofort beiße ich mir auf die Zunge und würde alles tun, um meine Worte zurückzunehmen, denn ich kann sehen, welche Wirkung sie haben. »Das war ich auch. Bis zu der Zeit, als Juliette und ich … in Schwierigkeiten gerieten, beziehungsweise bis unmittelbar danach.« Seine Stimme
klingt distanziert. »SIE hat mich wegen Vertragsbruch verklagt, Recht bekommen und, juristisch ausgedrückt, ein maßgebendes Kapitalinteresse an meiner Person geltend gemacht. Ich bin zwar kein Sklave, aber Teile von mir funktionieren nur, wenn sie die Genehmigung dazu erteilt.«
    Meine Güte.
    »Es tut mir so leid …«
    »Hör sofort auf damit.« Er schweigt kurz, zieht die Schultern ein und wendet das Gesicht von mir ab. »Ich nehme an … Ja. SIE hat mir nichts von ihren Plänen verraten, also kann ich nur laut spekulieren. Ist ja niemand hier, he! Der Kurier hat mir die Nachricht übermittelt, und danach bin ich gegangen. Konnte ja nicht ahnen, dass fünf Minuten später zwei ihrer gedungenen Schlächter auftauchen würden, um den Rest der Sache zu erledigen, nicht wahr?«
    »Gedungene Schlächter?«
    Er zuckt zusammen, dreht sich wieder um und sieht mir in die Augen. »Ich hab nichts gesagt.« Er wirkt bestürzt. »Du weißt doch, dass sie dich zur Strecke bringen will, oder nicht? Es war

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