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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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mir.«
    »Ganz wie Sie wünschen, Gebieterin.«
    Als sie mich anfunkelt, frage ich mich kurz, ob ich zu weit gegangen bin, doch danach widmet sie sich wieder dem Koffer. Wegen der geringen Schwerkraft auf Eris wiegt er zwar nicht viel, ist aber sehr sperrig. Ich greife ans andere Ende, und gemeinsam schaffen wir es mit Mühe, ihn in die Zimmermitte zu befördern. »Bleib da.« Sie beugt sich über den Koffer und berührt das Schloss, das mit einem Fingerabdruck-Mechanismus ausgestattet ist. Gleich darauf springt der Deckel auf.
    Ich weiß nicht, was ich zu sehen erwartet habe – bei einem Frachtpreis von neuntausend Real pro Kilogramm muss der Inhalt zweifellos so wertvoll sein, dass der Transport sich lohnt, so viel ist mir klar -, aber ganz bestimmt nicht den auf Kallisto ansässigen Jeeves, dem ich dort unter katastrophalen Bedingungen begegnet bin. Er sieht furchtbar aus: Der bewegungsunfähige Rumpf ist in Verpackungsschaumstoff eingebettet, daneben liegen die abgetrennten Arme und Beine. Vom Tiefschlaf dehydriert und verschrumpelt, wirkt er so, als gehöre er längst auf den Schrottplatz. »Stöpsel diesen Schlauch in die Nährmittelversorgung des Zimmers ein«, befiehlt mir Granita. Da sie ein Stromkabel hält und keine Hand frei hat, schlucke ich meine Verblüffung und den Ekel hinunter und erledige es.
    »Gut.« Sie gräbt ein Bein aus. »Nimm das und leg’s aufs Bett, Igor.«
    »Aber ich heiße doch Freya«, sage ich, vorübergehend verwirrt. Vorsichtig greife ich nach dem Bein und halte es an der (beunruhigend lockeren) Ferse fest.
    »Du wirst auf jeden Namen hören, den ich dir zu geben beliebe«, murmelt Granita, während sie mit einem spitzen Stecker in Jeeves’ Interface am Brustkorb herumstochert. »Verdammt nochmal, wo gehört das denn … Oh, alles klar.« Seltsame schmatzende Geräusche dringen aus dem Schrankkoffer, während ich
Jeeves’ Glieder auf dem Bett ausbreite. Ich muss zugeben, dass meine Neugier im Moment stärker ist als der Wunsch, Granita unmissverständlich zu zeigen, was ich von ihr halte, nämlich gar nichts. »Igor!« Ich blicke auf. »Drüben auf dem Beistelltisch liegt ein Kästchen mit Seelenchips. Bring es mir.«
    Es wird immer kurioser.
    Nachdem ich das Kästchen gefunden habe, bringe ich es Granita, die es endlich geschafft hat, Jeeves mitsamt den Versorgungskabeln und allem anderen aus dem Koffer zu holen, und ihn jetzt zum Bett hinüberzerrt. Er ist wirklich in schlimmer Verfassung: Aus seinen zerfetzten, eingedrückten Schultern und Hüften ragen zerbrochene Metallverstrebungen des inneren Skeletts heraus. Dass sich seine Augenlider geschlossen haben, halte ich für ein gutes Zeichen. Außerdem fällt mir zwangsläufig auf, dass dieser Jeeves im Unterschied zu seinem Bruder in Marshafen keine Geschlechtsteile besitzt. Ist unsere Sippe tatsächlich so bedrohlich für die Jeeves-Brüder?
    »Hast du vor, einen Mechaniker zu holen, damit er die Gelenkschäden behebt?«
    »Jetzt noch nicht. Reich mir das Kästchen.« Ich sage keinen Piep mehr und reiche ihr den Seelenfriedhof. Sie wühlt sich durch den Inhalt, bis sie das Gesuchte gefunden hat. »Okay. Ich möchte, dass du seinen Kopf hochhältst, während ich das hier erledige.«
    Will sie ihm einen Versklavungschip verpassen? Du merkst aber auch alles, sagt Juliette leicht ironisch. Offensichtlich traut Granita mir immer noch. Das eröffnet gewisse Möglichkeiten, über die Juliette in ihrer Rachsucht bereits eifrig nachdenkt. Ich verberge alle Anzeichen dieses inneren Aufruhrs und tue das, was Granita von mir erwartet. Sie lässt beide Chips aus Jeeves’ Buchsen herausspringen und schiebt zwei andere hinein. »Das wäre erledigt. Schlaf weiter, Jeeves, bis ich dir befehle aufzuwachen. – Der Rote ist der Versklavungschip, der andere ist unbeschrieben. Dieser hier«, sie tippt auf einen der Chips, die sie herausgezogen hat, »enthält die Seele eines Jeeves, dem die älteren Teilhaber schon seit einer ganzen Weile nicht mehr trauen. Für mich ist
er ziemlich wertvoll.« Sie beäugt mich. »Wahrscheinlich ist dir schon aufgefallen, dass Jeeves’ Sippe eine Schwäche für unsere Art hat.« Diese Bemerkung überrascht mich so, dass ich den verräterischen Ausrutscher unsere Art fast überhört hätte. Ist das diese andere Sache? »Verrat bestrafen sie zwar ohne Rücksicht auf Verluste, Freya, doch zumindest habe ich seinen Seelenchip retten können.«
    »Das ist …« Ich schlucke und denke dabei: Schnell das Thema

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