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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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sind vielen anderen zuwider.
    Irgendwann kauften meine Schwestern mich frei, denn inzwischen war es fast schon eine Obsession von ihnen, ihre verschollenen und verwaisten Geschwister aufzuspüren.
    Immer noch hege ich eine gewisse Zuneigung zur ungarischen Volksmusik des sechzehnten Jahrhunderts. Schließlich hat sie mich davor bewahrt, in einem zerfallenden Großhandelslager nach und nach zu verfaulen, und mich in die tropisch-feuchte, dunstige Metropole Anchorage in Alaska entführt. Deshalb spiele ich immer noch die Leier.

    Meine Rückkehr zu Paris bringt ein bittersüßes Wiedersehen mit sich, da ich nur gekommen bin, um auszuchecken.
    »Meine Liebe, wo hast du denn bloß gesteckt?«, fragt er bekümmert, als ich am Empfang vorbeihusche und es Blunt überlasse, sich wie ein bizarrer grüner Rasenschmuck neben dem
Haupteingang aufzubauen. »Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht.«
    »Hab mir einen Job gesucht, Paris.« Ich beuge mich vor und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn. »Aber ich komme wieder, das verspreche ich dir. Doch zuerst muss ich etwas erledigen und die Stadt für einige Zeit verlassen.«
    »Du hast Arbeit?« Seine Miene hellt sich auf. »Und du kommst wirklich wieder?«
    Wenn ich überhaupt jemanden auf diesem öden Planeten wiedersehen will, dann meinen appetitlichen neuen Chef – aber das muss ich Paris ja nicht verraten. Stattdessen frage ich ihn hastig nach seiner Einschätzung meiner Arbeitgeber. »Was kannst du mir zur Firma Jeeves sagen?«
    »Ist verlässlich«, erwidert er, ohne zu zögern. »Und diskret. Sind das etwa deine …« Mit zusammengekniffenen Augen sieht er mich verblüfft an. »Na, so was! Wie bemerkenswert!«
    »Was?«
    »Du arbeitest für Jeeves? Meine Güte!« Er seufzt leise. »Das hätte ich mir ja gleich denken können. Jeeves kriegt die Mädchen immer herum. Jetzt wirst du sicher auschecken wollen?«
    »Ich muss erst noch meine Sachen packen. Und die Rechnung begleichen.« Ich werfe Paris einen warnenden Blick zu. Jeeves hat mir genügend Vorschuss gegeben. So viel auch für Paris spricht – er ist ein rücksichtsvoller, netter Liebhaber -, möchte ich dennoch nicht in seiner Schuld stehen.
    »Aber Freya …!« Er zögert kurz. »Ist das dein Ernst?«
    »Mein voller Ernst.« Ich streiche flüchtig über sein Kinn und lächle. »Ich komme wieder. Kannst du warten?«
    Seine Laune hebt sich merklich. »Klar doch. Und wenn du das nächste Mal hier bist, brauchst du dir keinen Kopf mehr um irgendwelches Gesindel zu machen.«
    »Du hast sie aufgestöbert?«
    »Nicht ich persönlich«, sagt er so selbstgefällig, dass es schon albern wirkt. »Aber meine Hotelpagen haben’s geschafft. Und ich schätze, die Nacht wird für diese Gangster sehr kalt werden.«

    »Kalt?«
    »Ja, sie sind jetzt auf dem Weg zur Nachtseite.« Wo die Sterne hell schimmernd wie Eiszapfen strahlen und der Boden sich stark abkühlt. Das Einzige, was sich dort bewegt, sind die mobilen Kapseln der Deserteure, die aus den Verbotenen Städten des Kuipergürtels zum einzigen Ort im Sonnensystem geflohen sind, der noch kälter ist als die Rückseite von Pluto. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. »Ich danke dir, Paris.«
    »Für dich, meine Liebe, würde ich doch alles tun, nicht wahr? Jederzeit.«

    Die meisten Leute haben eine leichte Phobie, was Replikatoren im Nanobereich betrifft. Schon in unseren frühesten Tagen haben wir entsetzliche Geschichten über Pink Goo und Green Goo gehört, zügellose Mutationsmaschinen, die binnen Wochen eine Fabrik oder Stadt überrollen können. Und vermutlich ist es von daher zu verstehen, dass manche Leute, denen man die Wartung und Pflege bestimmter Programme in diesem Bereich anvertraut hatte, sie nicht weiterverfolgen mochten, als keine Schöpfer mehr da waren, um sie anzuleiten. Doch dass sie den Ausbruch eines außer Kontrolle geratenen Treibhauseffekts schlicht ignorierten … Also, das war wirklich ein Jahrhundertskandal! Die erste Reaktion war ein Abstreiten, dann setzten die gegenseitigen Schuldzuweisungen ein, gefolgt von jeder Menge Behauptungen, die die Gefahr herunterspielten. Aber als der Golf von Mexiko zu sieden und zu brodeln anfing, rollten die ersten Köpfe.
    Seit diesem verhängnisvollen Jahr haben die Behörden der Erdregierungen beträchtliche Mühe darauf verwendet, die Biosphäre wieder aufzubauen. Selbstverständlich haben sie das von sich aus getan und nicht auf Grundlage irgendwelcher Beschlüsse. Schließlich sind wir alle

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