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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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einfordert. Keine meiner seelenverwandten Schwestern hat irgendwann einmal die Rolle einer Aristo gespielt. »Ich weiß nicht, ob ich den Dreh je richtig herausbekommen werde«, gestehe ich, hole tief Luft und schreite zu dem großen Sessel in der Mitte des Empfangsbereichs, vor dem die Zombies Schlange stehen. »Dominus Mao, nehme ich an.« Ich bemühe mich, den korrekten Ton gleichgültiger Geringschätzung und würdevoller Reserviertheit anzuschlagen. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    »Acht von zehn Punkten«, bemerkt Oscar gedehnt. »Sie haben seine Hilfskräfte registriert. Damit würden Sie sofort Ihr Gesicht verlieren. Echte Aristos interessieren sich nicht für Dienstboten.«
    »Doch, das tun sie«, entgegnet Miss Rutherford schnippisch. »Nur kümmern Sie sich nicht um Dienstboten.« Sie wendet sich mir zu. »Ihre Körperhaltung ist falsch, meine Liebe. Sie bewegen sich zwar selbstbewusst, sind aber bereit, zur Seite auszuweichen, wenn Ihnen irgendjemand in den Weg tritt. Domina Katherine würden jedem ihrer Bediensteten, der ihr in der Öffentlichkeit in die Quere kommt, eher die Selbsttötung befehlen, als sich behindern zu lassen.«
    »Sie würde Dienstboten überhaupt nur beachten, wenn sie ihr im Weg wären. Doch so weit kommt unsere kleine Sexgöttin erst gar nicht«, erwidert Oscar. »Sie ist zu sehr darauf bedacht …«
    »Ach, leckt mich doch alle !«, falle ich ihm ins Wort und erfülle damit endlich einmal zu hundert Prozent die Rolle der reichen Zicke. »Ich werde einfach jedem x-Beliebigen ganz nach Lust und Laune auf die Füße treten!«
    Ich merke, dass Oscar die Augen von mir abgewandt hat, und blicke gleichfalls zur offenen Tür.
    »Hoffentlich stören wir nicht bei wichtigen Dingen?«

    »Keineswegs.« Ich weiß nicht, warum mich Jeeves’ Miene so beunruhigt, schenke ihm jedoch sofort meine ganze Aufmerksamkeit. »Worum geht’s?«
    »Wir müssen reden«, erwidert er und zieht sich zurück.
    »Offenbar ist die Schule für heute aus«, bemerkt Oscar.
    »Ach ja?« Ich eile Jeeves hinterher, ehe Miss Rutherford Gelegenheit hat, mich weiter zu kritisieren. Ich weiß ja, dass sie es gut mit mir meint, aber mit der Zeit zermürbt mich dieser Unterricht.
    »Hier entlang.« Jeeves geht mit großen Schritten an einem Dojo vorbei, in dem sich maskierte Kämpfer in der Kunst der Selbstverteidigung üben, und führt mich einen Gang entlang zu einer Sicherheitstür, die ich noch nie benutzt habe. Ich beeile mich, mit ihm Schritt zu halten. »Entschuldigen Sie die Hast, aber offenbar wird die Warensendung bald hier eintreffen, und ich habe von der Hafenbehörde erfahren, dass ein schnelles Linienschiff, die Pygmalion , bereits Vorbereitungen trifft, innerhalb der nächsten Standardtage abzulegen.« Seine Augen funkeln. »Ein reicher Exzentriker hat angeboten, als Gegenleistung für einen vorgezogenen Charter-Flug die Kosten für alle am Abflugtag noch unbesetzten Kabinen zu übernehmen.«
    »Und all das zahlen Sie für den ganzen Weg zum Mars?«
    »Die Firma Jeeves verfügt nicht über unbegrenzte Mittel, meine Liebe. Wir stecken nicht dahinter. Allerdings sind wir Meister darin, einen glücklichen Zufall für unsere Zwecke zu nutzen, nicht wahr?« Er öffnet die Tür. »Katherine, ich möchte Ihnen gern Dr. Murgatroyd vom Sleepless-Kartell vorstellen. Ich brauche wohl nicht ausdrücklich zu erwähnen, dass diese Firma der Lieferant ist, mit dem wir zusammenarbeiten. – Exzellenz, Katherine wird die Beförderung Ihrer Fracht übernehmen. Vielleicht möchten Sie Katherine kurz über Pflege und Handhabung dieser Fracht informieren?«
    Ich schlucke nervös und trete zögernd einen Schritt vor. Was die ehrenwerte Katherine in dieser Situation tun würde, entfällt mir, als Dr. Murgatroyd mir seine drei Köpfe und zwei Stative
mit Objektiven zuwendet und mich Blicke aus zahlreichen Augen treffen. Ich habe keine Phobie vor fremdartigen Gestalten und kann mit Geschöpfen umgehen, die bizarr aussehen oder ungewöhnliche Formen und Größen haben. Meine älteren Schwestern wissen, dass ich in dieser Hinsicht genügend persönliche Erfahrungen gemacht habe. Doch die Gestalt des Doktors aktiviert meinen Kampf-/Fluchtinstinkt. Ein Teil von mir rechnet damit, dass er mich jeden Moment zerstückeln könnte, um in meinem Körper nach irgendwelchen Ersatzteilen zu graben. »Seien Sie gegrüßt, Katherine.« Seine Stimme hallt von einem seitlich angebrachten Untergestell wider. Sie klingt so, als hätte man

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