Die Kinder des Saturn
Bedrohungen Ausschau, bereit, sich jederzeit vor mich zu werfen, um mich zu schützen. »Auf jetzt, schnell! Um den Schuppen herum.« Damit meint er das Museum. »Halt dich nah am Boden!« Nervös huscht er um meine Beine herum und scheucht mich auf die Seite, wo sich die Container stapeln. Daneben erkenne ich einen noch nicht fertig gestellten ausgebaggerten Graben, an dessen Rändern poröse Bimshohlblocksteine aufgeschichtet sind. Offenbar wurden sie dort erst vor kurzer Zeit abgeladen. Daks schubst mich hinein.
»Wer …«
»Zwei von IHREN Gangstern. Ein Glück für dich, dass ich sie beschattet habe, wie?« Die hintere Reihe seiner Sensoren zuckt. »Das Problem ist nur, dass sie Freunde mitgebracht haben. Wir sitzen in der Falle. Ich versuche durchzubrechen, Babe. Warte hier.« Er saust mir voraus, den Graben entlang.
»Genau das, was ich jetzt brauche«, murmle ich, während ich Daks hinterherjage. Dabei bemühe ich mich, den Kopf unter dem Grabenrand zu halten (kann ja sein, dass weitere Überraschungen auf uns warten) und mein Ich-Bewusstsein von Juliettes Empfindungen zu lösen.
Am Ende des Grabens stoße ich auf eine ausgebaggerte Grube, in der sich weggeworfene Verpackungen und ausrangiertes Gerümpel stapeln. Daks ist nirgendwo zu sehen. Als ich in das Loch blicke, entdecke im Betonfundament eine Revisionsöffnung, die den Blick auf einen düsteren Schacht freigibt. Ich bleibe stehen, um mir die Sache genauer anzusehen. Plötzlich berührt mich etwas Kaltes am Hinterkopf.
»Hast lange auf dich warten lassen, Roboter.«
Ich erstarre. Ich weiß, wie sich ein Pistolenlauf anfühlt, und kenne die Stimme, die wie ein böswilliges Flüstern aus einem meiner schlimmsten Träume klingt. »Was willst du?«, frage ich. Wo steckt Daks?
»Den Vogel. Wo ist er?«
»Vogel?« Das verwirrt mich. Ein Vogel ist ein Geschöpf der Lüfte, ein Flugtier, das entfernt mit Iwan dem Allosaurier verwandt ist, nicht wahr? Ausgestorben, wie alle Replikatoren aus Fleisch und Blut …
»Versuch bloß nicht, mich zu verarschen.« Er lässt den Pistolenlauf in meinem Nacken kreisen. »Der Vogel mit dem eingekapselten Replikator, den du im Auftrag deiner Komplizen ausliefern solltest. Das sterilisierte Hähnchen, das die DNA-Sequenzen unserer Schöpfer enthält. Der Kapaun mit dem verborgenen Frachtgut. Wo ist er?«
»Ich hab keine Ahnung, von was du redest«, blaffe ich ihn an. Und das stimmt sogar. Ich weiß zwar verdammt gut, dass er mich auf der Stelle umlegen würde, wüsste ich tatsächlich, wo sich dieser Vogel befindet, und wäre dumm genug, es ihm zu verraten, aber ich habe außerhalb des Museums wirklich nichts gesehen, das auch nur entfernt Iwan dem Allosaurier ähnelt. Nichts, was vier oder fünf Meter hoch ist, Gefieder hat und rote Zähne und Klauen. Und wenn Bill oder Ben so etwas in mein Gepäck geschmuggelt hätten, wäre es mir bestimmt aufgefallen.
»Wir haben deine Gefolgsleute geschnappt«, knurrt mein Kidnapper. »Sag mir, wo der Vogel ist, sonst schicken wir sie dir in Einzelteilen zurück.« Das ist ein so offensichtlich haltloser Einschüchterungsversuch,
dass ich ihn nicht einmal mit einer Antwort würdige. »Denk darüber nach, Juliette«, sagt er, während er mir die Waffe in den Nacken drückt. »Bring mich nicht dazu, das hier auf die harte Tour zu erledigen.«
Juliette? Ich würde lachen, wäre ich vor Angst nicht halb verrückt. »Ich … ich bin nicht Juliette«, stottere ich. »Sie ist meine Schw…« – ich will Schwester sagen, doch das Wort hängt in einer Programmschleife fest und will einfach nicht heraus. Wo ist Daks? Und wieso bin ich mir so sicher, dass er mich aus diesem Schlamassel herausholen kann?
Er flucht leise. Ich spanne mich an, aber er ist mir einen Schritt voraus. »Keine Bewegung, Marionette.« Ich spüre, wie er über mir, am Rande der Grube, von einem Bein auf das andere tritt (er ist winzig – wieder mal habe ich es mit einem Giftzwerg zu tun), aber der Pistolenlauf an meinem Hinterkopf sagt mir …
»Für wen arbeitest du?«, fragt eines meiner Ichs ihn hastig. »Können wir einen Handel abschließen?« Er antwortet nicht. Stattdessen zerrt eine Hand an meinem Haar, und an meinen Buchsen fummeln Finger herum. Sofort verschwimmt mein Blick, und ich gerate ins Straucheln, unfähig, mich zu wehren, als er unbeholfen einen meiner Seelenchips herausreißt. Während ich rückwärts umfalle, springt er fluchend zur Seite. Als er mir den Seelenchip herausnimmt, schmecke
Weitere Kostenlose Bücher