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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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ich vorübergehend etwas Ekelhaftes, den Geruch von Fluorwasserstoff – eine unfreiwillige Synästhesie, die Kopplung zweier Wahrnehmungsdomänen.
    Er trifft Vorbereitungen, mich zu vergewaltigen. Denn darauf läuft es jetzt hinaus: Er wird mir einen Versklavungschip in die leere Buchse stopfen, mich in eine Marionette, einen willenlosen Körper verwandeln, der all seine Fragen ohne Aufmucken beantwortet. Und wenn er schon mal dabei ist, die Situation auszunutzen, wird diese Marionette auch alles andere tun, was er verlangt. Es ist nicht das erste Mal, dass ich auf diese Weise vergewaltigt worden bin, aber das hier ist Mars, das wilde Pioniergebiet im All, nicht die Erde alter Zeiten. Es wäre ganz leicht für ihn, mich hinterher einfach verschwinden zu lassen. Ich wäre nur ein weiterer
warmer Körper, der ausgeschlachtet und danach an die Bandenchefs verkauft wird (die niemals Fragen stellen), damit ich für sie Zwangsarbeit oder Schlimmeres leiste.
    Vielleicht wird dieser Giftzwerg mir auch Geist und Verstand rauben und meine Persönlichkeit einschmelzen – falls ich Glück habe. Denn manche Aristos genießen es auch, Sklaven zu besitzen, die wissen, was man ihnen angetan hat.
    Mein linker Arm schlackert hinter mir her. Und das Kugelgelenk in meiner Schulter knirscht grässlich, als eine motorische Vorrichtung in meinem Rücken sich schmerzhaft zusammenzieht. Offenbar habe ich keine Kontrolle mehr über meine Glieder. »Entschuldigung«, sage ich unfreiwillig. Die instinktive Höflichkeit triumphiert selbst über die drohende Vergewaltigung meiner Seele. Während mein Schultergelenk sich wieder einzukugeln versucht, spüre ich plötzlich irgendetwas in der Handfläche. Der Zwerg versucht den Abzugshahn zu lösen, doch die Waffe geht nicht los. Er brüllt irgendetwas und stößt mich hart ins Kreuz, doch ich gebe nicht nach: Meine Hand hat sich zu einem tödlichen Griff geschlossen. Langsam drehe ich eine Pirouette, wende mich um, zerre den um sich schlagenden, kämpfenden Angreifer in mein Blickfeld, beuge mich herunter und halte ihn, wie ich erst jetzt merke, mit seinem eigenen uralten Revolver in Schach. Das Metall hat die Farbe von Zinn und ist zwischen meinen Fingern kaum auszumachen. Ich umklammere die Trommel; das Hautgewebe zwischen meinem Daumen und Zeigefinger klemmt unter dem Abzug fest. Wie dumm von ihm, denkt eines meiner Ichs beiläufig, während meine Hand sich weiter herumdreht. Ich höre etwas splittern und aufkreischen und spüre nach und nach den Schmerz, der von meiner Schulter ausstrahlt, ein massiver Schmerz, der vom Rückgrat bis in den Ellbogen schießt und durch den heftig in die Hand schneidenden Abzugshahn noch verstärkt wird. Der Zwerg lässt noch immer nicht los. »Stone, wer hat dich hierhergeschickt?«
    »Fick dich, Marionette!« Er schnappt unwillkürlich nach Luft, obwohl es hier kaum eine Atmosphäre gibt. Eine Stummelhand
sticht mit steif vorgestreckten Fingern nach meinen Augen, aber ich fange sie mit meiner Faust ab und quetsche sie. Ich habe kleine, perfekt proportionierte weibliche Hände, die jedoch fünfmal so groß sind wie seine. Es knackt laut, als ich zudrücke, was mich auch nicht glücklicher macht. »Ich bring dich um, Fleischficker!«, kreischt Stone oder sein Bruder.
    »Sicher wirst du das«, erwidere ich sanft. »Irgendwann.« Ich verlagere meinen Griff an seine Kehle und entwinde ihm die Pistole, die in seinen gebrochenen Fingern baumelt. »Warum willst du Juliette umbringen? Warum verfolgst du sie?« Sie arbeiten stets zu zweit, fällt mir – nein, Juliette – ein, denn ihr Seelenchip sitzt immer noch an Ort und Stelle; er hat meinen herausgezogen. Zu zweit: Das löst sofort einen weiteren Gedanken aus. Daks steckt bestimmt in der Klemme! Wäre ich nicht schon mit der eigenen Situation überfordert, würde ich mir jetzt große Sorgen machen. Stone starrt mich mit einem Ausdruck an, den ich erst kurz darauf als Fassungslosigkeit deuten kann. Ich schüttle ihn. »Antworte, verdammter Kerl!«
    »Du weißt es nicht ?« Einen Moment lang wirkt er erschüttert, dann überwältigt ihn ein solcher Lachanfall, dass seine Rippen rasseln. »Ha! Du weißt es tatsächlich nicht, wie? Hast deine Unschuld noch nicht verloren, stimmt’s? Warst nie verliebt? Oh, das ist wirklich köstlich!«
    Ich schüttle ihn noch einmal. »Du wolltest mich umbringen«, rufe ich ihm ins Gedächtnis. »Warum? Wer hat dich geschickt?«
    Er richtet die riesigen Augen auf mich. »Ist nichts

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