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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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Persönliches, du musst nur aus dem Weg«, erwidert er. Ich spüre, wie er sich anspannt. »Du magst glauben , du seist unschuldig, aber in diesem Spiel gibt’s keine Unschuldigen.« Als sich mein Arm verkrampft, wird mir bewusst, dass ich ihn über meine verletzte Schulter geworfen habe, direkt über den Rand der Grube in meinem Rücken. Verblüfft reiße ich Augen und Mund auf, denn ich begreife nicht, was über mich gekommen ist. Ich drehe mich gerade um und hebe den Blick, da erreicht er den höchsten Punkt seiner Flugbahn und explodiert. Sprungfedern und Spulen aus seinen
Eingeweiden und andere, nicht so leicht zu identifizierende Körperteile prallen scheppernd gegen die Mauer mir gegenüber.

    Als Daks mich Minuten später findet, bin ich dabei, den Boden ringsum nach meinem Seelenchip abzutasten. Unter Schmerzen wende ich mich um und richte den kleinen Revolver auf ihn, bis ich merke, wer es ist. »He, Babe, was war hier los?« Daks saust hinunter und landet auf allen sechs Füßen vor mir, wobei er ringsum Geröll aufwirbelt.
    »Einen Augenblick, bitte. Meine Seele liegt hier irgendwo im Abfall.«
    »Wir können jetzt aber nicht danach suchen; die verfolgen einen immer paarweise, und einer ist immer noch auf freiem Fuß …«
    »Jetzt nicht mehr.« Ich versuche auf die Bruchstücke von Stone zu deuten, die überall in der Landschaft verstreut sind, doch mein linker Arm lässt sich nicht mehr als dreißig Grad heben. »Hilf mir suchen.«
    Daks wirbelt an Ort und Stelle herum und springt gleich darauf auf etwas los. Seine stummelartigen Ärmchen haben eine bemerkenswerte Reichweite. »Hier!« Er streckt mir den Chip hin. »Was ist passiert?«, fragt er mit neugierig funkelnden Augen.
    »Als er mich fand, hat er sich in seine Bestandteile aufgelöst.« Ich bin drauf und dran zu kichern, was wohl ein bisschen daneben ist, aber ich weiß nicht, wie man sich in solchen Situationen am besten verhält. Nachdem ich den seltsamen kleinen Revolver in meinen linken Ärmel geschoben habe – der Griff legt sich um die Trommel und klappt mit einem Klicken wie ein Schnappmesser zusammen -, nehme ich den Chip entgegen und verstaue ihn nach einigem Gefummel in der zerschrammten leeren Buchse. Ich zittere leicht. »Wer sind die, Daks?«, frage ich. »Für wen arbeiten die?«
    »Das weißt du nicht mehr?« Er ist beunruhigt, wenn ich seine Mimik richtig deute.

    »Für wen hältst du mich, Daks?« Unwillkürlich muss ich kichern, unterdrücke es aber mühsam.
    »Selbstverständlich bist du Freya Nakamichi«, sagt er leicht von oben herab. »Juliettes Ersatz aus der Serie eins.«
    Ich seufze. »Offensichtlich ist beim Herunterladen von Juliette irgendetwas verlorengegangen. Kannst du uns hier rausbringen?«
    »Klar doch, Babe.« Er sieht mich unschuldig und zugleich durchtrieben an. »Dachte schon, du würdest nie fragen.«
    »Also los.«
    Mein Leihfahrzeug, die Spinne, hat aufgehört zu jammern und liegt schlaff an der Seite des Museums. Sie brennt zwar nicht, aber von dem Kabelgewirr, das Stone – oder sein Klon – hinterhältig zerstört hat, steigt eine Unheil verkündende dünne Rauchfahne hoch. Ich nehme an, es sollte wie ein Unfall aussehen – für mich eine positive Erkenntnis, denn das bedeutet, dass die Domina es bisher noch nicht geschafft hat, die Gesetzeshüter zu bestechen. (Nicht dass die Rechtsprechung detaillierte Regelungen für Verbrechen vorsieht, bei denen Personen wie wir die Täter oder Opfer sind, aber die Form wird immer noch gewahrt. Und selbst für die überheblichsten Aristos kann es sich als fataler Fehler erweisen, die Gesetze unserer toten Schöpfer zu missachten.) »Hier entlang.« Daks hetzt mich zu einem Kipplaster, der hinter den Industrieanlagen gegenüber vom Museum abgestellt ist. »Steig schnell ein!« Er federt hoch, packt mich bei den Schultern – nur mit Mühe kann ich einen Schmerzensschrei unterdrücken, als er mein linkes Schultergelenk umfasst – und verfrachtet mich auf die Ladefläche des Lastwagens. Glücklicherweise ist sie sauber, nicht mit Müll beladen und auf beiden Seiten durch Stahlblechwände abgeschirmt. »Er weiß, wo er uns hinbringen soll«, erklärt Daks. »Jetzt warten wir einfach ab.«
    Als sich der Kipplaster schlingernd in Bewegung setzt, hocke ich mich hin. »Ich glaube, ich habe mir den linken Arm verletzt«, sage ich leise. Ich kann kaum den Drang beherrschen, jetzt einfach zu schlafen und die Reparatur meinen Selbstheilungstechniken zu überlassen.

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