Die Kinder des Teufels (German Edition)
dagegen wehren, wurde hin und her geworfen wie in den schlimmsten Stürmen. Seine Flügel waren noch immer lahm, und seine dünnen Beine vermochten ihn nicht zu tragen. So konnte er auch nicht weglaufen, als der Mönch vom Karren genommen wurde, um in ein ausgehobenes Grab gelegt zu werden. Dann griff der Mensch nach ihm, Hand und Finger riesig wie die starken Äste einer Eiche, sie konnten ihn nicht erreichen.
Ein Rufen drang an sein Ohr, donnerte und hallte, bewahrte ihn aber vor dem dunklen Grab. Der Mensch ging fort, der Karren setzte sich erneut in Bewegung.
Als er wieder zu Bewusstsein kam, befand er sich inmitten von Säcken und Körben. Das Brot, das darin transportiert wurde, raubte ihm die Sinne, obwohl er eigentlich nur wenig roch, so wie die ärgerlichen Stimmen, einen toten Raben zwischen all dem Brot und dem Wintergemüse zu finden. Er landete kurzerhand im Burggraben.
Die zwei Söhne des Kochs schafften die Körbe und die Säcke in die Küche der Burg. Das frische Brot roch verlockend. Vom ersten Laib, der ihnen in die Finger kam, bekam jeder die Hälfte.
In der Küche herrschte Hochbetrieb. Seit dem frühen Morgen war Julius Franz von Fischen mit dem Bischof im Gespräch. Über den Inhalt drang nichts nach draußen, auch die Diener, die die beiden hochwohlgeborenen Herren mit Essen und Trinken versorgten, konnten nichts berichten außer dem mürrischen Ton Ihrer Gnaden und dem beleidigten Getue von Julius Franz. Nichts war ihm gut genug, dem feinen Herrn. Die besten Speisen ließ er unberührt. Wahrscheinlich war ihm die gute Küche im Kerker zu Kopf gestiegen.
Und nun kam auch noch Brandt daher, der Kanzler, eiligen Schritts, mit blassem Gesicht. Er hatte schlechte Nachrichten.
«Verzeiht, Eure Gnaden, wenn ich störe … aber in der Stadt herrscht das Chaos.»
Der Bischof, eigentlich nicht gewillt, sich mit anderen Belangen auseinanderzusetzen als der Causa Julius Franz und dessen erlittener Schmach, ließ ihn dennoch eintreten und sprechen. Julius Franz an seiner Seite quittierte Brandts Erscheinen mit bösem Blick. Offenbar gab er ihm eine Mitschuld an seiner Verhaftung. Doch viel mehr hoffte er, endlich den Generalvikar Riedner vor ihm im Staub liegen zu sehen. Der sollte für den Affront teuer büßen.
«Dann sprecht», erwiderte der Bischof mehr genötigt als gewollt, «aber fasst Euch kurz, ich habe andere, wichtigere Dinge zu erledigen. Dinge, die auch Euch betreffen, Kanzler.» Sein Blick war ähnlich vorwurfsvoll wie der von Julius Franz.
Brandt war aufgeregt, wusste nicht, wo er anfangen sollte, strich sich zuerst den Schweiß von der Stirn.
«Es ist, als wäre der Wahnsinn ausgebrochen, Eure Gnaden. Ein Hauen und Stechen allerorten …»
«Eins nach dem anderen», beruhigte ihn der Bischof. «Was ist geschehen?»
«Riedner, der Generalvikar, muss den Verstand verloren haben.»
Julius Franz und der Bischof merkten auf.
«Was hat er getan?», fragte der Bischof.
«Er ist nicht mehr ansprechbar, für Argumente überhaupt nicht mehr zugänglich, aufsässig und beleidigend. Ich fürchte, er hat sich mit der Teufelskrankheit angesteckt.»
Das war eine Einladung für Julius Franz.
«Ich hätte es nicht besser beschreiben können. Dieser Riedner ist völlig verrückt.»
Riedner mochte Fehler begangen haben, über das Ziel hinausgeschossen sein, eigenmächtig, ohne Vorausblick gehandelt haben, aber als verrückt würde ihn der Bischof nicht bezeichnen.
«Kann es sein, dass Ihr ein wenig übertreibt? Wo ist er überhaupt? Ich habe schon vor Stunden nach ihm schicken lassen.»
«Ich habe ihn einsperren lassen.»
«Ihr habt was getan?!»
«Sehr gut, werter Kanzler», applaudierte Julius Franz.
«Es bestand keine andere Möglichkeit, ihn zu disziplinieren.»
«Als ihn in den Kerker zu stecken? Allmählich gebe ich Euch recht. Der Wahnsinn herrscht, und Ihr scheint seine erste Beute zu sein.»
Der Kanzler schüttelte den Kopf
«Es ist weitaus schlimmer, als Ihr denkt.»
Er berichtete vom Streitgespräch mit Riedner, seiner Aufsässigkeit, seiner offensichtlichen Erkrankung, dem Tumult unter den Knechten und den schlimmen Protesten auf den Straßen.
«Das Volk fordert Julius Franz.»
Der verlor ebenso schnell sein adeliges Selbstbewusstsein wie der Bischof die Fassung.
«Fordern?!» Der Bischof erhob sich, ging auf ihn zu. «Sagtet Ihr, das Volk fordert ?»
«Ja, Eure Gnaden. Nachdem Ihr Wolf von Schanzenfeldt die Freiheit geschenkt habt, fordert es die erneute
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