Die Kinder des Teufels (German Edition)
Hunde bellten. Was war nur die Ursache für die Aufregung?
Er sah einen Mann in edlen Gewändern in den Burghof kommen.
«Wo ist dieser Teufelsbalg?!»
Aus dem runden Haus trat jemand heraus, in der Hand einen Korb. Darin ein Kind. Djodji hatte gefunden, wonach er suchte.
Er drehte ab, es war Zeit zurückzukehren. Da entdeckte er etwas im Lichtschein einer Fackel im Burggraben. Es war ein Vogel, der seine Flügel spannte und vergeblich versuchte aufzusteigen. Ein ums andere Mal stürzte er. Es konnte eine Falle sein, um ihn anzulocken. Doch wenn er es sich genauer betrachtete, so handelte es sich nur um einen Raben, der verletzt oder kraftlos war. Vielleicht beides.
So ging er hinab.
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34
«So wird das nichts. Du fällst ja über deine eigene Rockschürze.»
Kathi blickte an sich herab. Ja, es stimmte, Babettes Kleider waren viel zu groß für ihren kleinen Körper. Der Rock streifte am Boden, die Jacke war fast doppelt so groß wie ihr Oberkörper, die Ärmel dreifach aufgerollt. Das Mehr an Kleidung war zwar warm, aber auch hinderlich.
«Du musst dich frei bewegen können», sagte Sounya. «Leise wie eine Eule und flink wie eine Fledermaus sollst du sein.»
«Ich habe aber nichts anderes», erwiderte Kathi.
«Mal sehen, wie wir das ändern können. Komm mit.»
Sounya ging voran in den Reisewagen. Dort zündete sie eine Laterne an, deren Licht seltsame Muster warf. Außerdem begann sich die Laterne wie von Geisterhand langsam zu drehen. Wandernde Sterne entlang der Wand.
Im ersten Augenblick erschrak Kathi, wie alles ineinanderlief und sich wieder neu entfaltete. Doch dann erkannte sie die Schönheit darin.
«Wo hast du das her?»
«Aus Córdoba», antwortete Sounya.
«Wo ist Córdoba?»
«Im Süden Spaniens, wo die Mauren lange herrschten.»
Sounya öffnete eine Truhe, kramte darin nach Kleidung.
«Was hast du in Córdoba gemacht?», fragte Kathi.
Das Sternenlicht der Laterne brach sich in der Glaskugel auf dem Tisch. Es bildete darin einen eigenen Kosmos. Kathi betrachtete es staunend wie ein Kind, das zum ersten Mal die Pracht des Nachthimmels erkennt.
«Ich habe dort gelebt.»
«Dann bist du Spanierin?»
Sounya antwortete nicht gleich. Sie förderte ein Kleid zutage, das Kathi passen konnte. Sie hielt es vor sich hin, betrachtete es eingehend, zupfte es zurecht. Es war schwarz wie ihres, mit Stickereien reich verziert. Das Kleid einer Prinzessin.
«Nein», antwortete sie, «ich war mit einem Spanier verheiratet. Besser gesagt, mit einem Mauren.»
«Mit einem Mauren?» Kathi wollte es nicht glauben.
«Ja, warum nicht?»
Stimmt. Warum sollte man nicht mit einem Mauren verheiratet sein.
«Und wo ist er jetzt?»
Sounya legte das Kleid zur Seite. «Er ist tot.»
«Oh, das tut mir leid.»
«Das braucht es nicht.»
Sie kramte weiter in der Truhe, zog eine Hose, ein Hemd und eine Jacke hervor, hielt alles vor Kathi hin.
«Das könnte passen.»
«Aber das sind doch die Kleider eines Jungen.»
«Ich weiß. Dennoch erfüllen sie ihren Zweck. Los, zieh sie an.»
Kathi widersprach nicht. Sounya würde schon wissen, was sie tat. Außerdem sahen die Sachen elegant aus.
«Was ist da passiert?», fragte Sounya, als sie die Narben auf Kathis Rücken sah.
«Mein Meister hat mich geschlagen.»
«So sehr, dass es Narben gegeben hat?»
Kathi nickte.
«Ein schlechter Mensch. Jeden Streich sollte er büßen.»
«Das tut er bereits», antwortete Kathi zufrieden, «Meister Grein ist in die Hölle gefahren.»
Sie schlüpfte in die Kleider. Noch nie zuvor hatte sie so feinen Stoff getragen. Keine Spur mehr von der Härte und Rohheit ihrer alten Kleidung. Das hier fühlte sich weich und warm an, so wie ein mit Fell gefütterter Handschuh.
«Sehr gut, nun siehst du endlich wie ein Mädchen aus.»
«In den Kleidern eines Jungen?»
Sie lachten. Kathi konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal gelacht hatte. Es fühlte sich gut an.
«Mit deinen Haaren müssen wir noch etwas machen», sagte Sounya.
Sie nahm eine Schatulle, holte eine Haarnadel heraus – eine lange goldene Spitze mit einem verzierten Blatt, darauf ein Zeichen, wie es Kathi in Avicennas Kanon der Medizin gesehen hatte. Es musste arabisch sein.
«Was ist das?», fragte Kathi.
Sounya nahm ihre Haare, teilte sie in dicke Strähnen und begann Zöpfe zu flechten. «Das wird dir mehr Freiheit verschaffen.»
Die Situation verwirrte Kathi. Sie konnte sich nicht erklären, warum sich diese schöne und
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