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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Schein der Flammen flackerte ihr übers Gesicht, und Volkhardt sah, dass sie eine wunderschöne Frau war – deutlich älter als er, aber immer noch bezaubernd schön.
    «Was interessiert es dich», fragte er, «ob es zwei, drei oder vier Schweife waren?»
    «Viele haben auf diesen Kometen gewartet, manche haben ihn sogar sehnsüchtig erwartet.»
    «Dann weißt du davon? Hast du ihn etwa gesehen?»
    Sie verneinte. «Ich habe nur von ihm gehört.»
    «Was hat es mit der genauen Anzahl der Schweife auf sich?»
    «Sie sind ein Zeichen.»
    «Ein Zeichen wofür?»
    Sie erhob sich und strich ihr langes schwarzes Kleid glatt. Selbst in der Dämmerung, im Schein der züngelnden Flammen konnte man erkennen, dass es viel Geld gekostet haben musste. Die Stickereien, die Einsätze, hin und wieder eine Perle. Das war kein Kleid einer vagabundierenden Zigeunerin. Es war eher das Kleid einer Königin, einer ziemlich mysteriösen allerdings.
    «Das ist nur sehr schwer zu erklären», wich sie der Frage aus. «Ich will mal nach Kathi sehen.» Sie ging zum Wagen zurück.
    Rhja, ihr Pferd, schnaubte kurz, als sie vorüberschritt. Es schwenkte den Kopf, sie streichelte ihm sanft über die weiße Blesse an seiner Stirn. Ansonsten war Rhja ebenso rabenschwarz wie alles an und um Sounya.
    Was für ein seltsamer Name für ein Pferd, dachte Volkhardt. Sie musste das Tier sehr lieben, wenn sie ihm so einen ausgefallenen Namen gab. Wo kam das Wort Rhja eigentlich her? Er hatte sie noch gar nicht danach gefragt. Genauso wenig wie nach den Worten, die sie an Kathis Seite gesprochen hatte. Sie waren fremd und hatten beschwörend geklungen.
    Shakti men. Was mochte das bedeuten?
    Dieser schwarze Reisewagen sah auch irgendwie eigenartig aus. Wie ein kleines Haus auf Rädern. Vorne am Bock zwei Laternen, an der Längsseite ein Fensterladen, den man hochklappen konnte. Darauf waren viele kleine Sterne, der Halbmond und die Sonne gemalt. Es sah sehr schön aus, wie ein Himmel bei Nacht. Auf dem Dach befand sich eine Röhre. Sie führte zu einem kleinen Ofen im Inneren. Dort stand ein Bett, ein kleiner Tisch mit zwei Hockern und drum herum viele farbige Tücher, die wie ein Vorhang wirkten.
    Sounya kam mit Kathi zurück. Sie setzten sich ihm gegenüber ans Feuer. Kathi ließ noch immer den Kopf hängen, schniefte und weinte leise. Sounya hielt sie im Arm, tröstete sie. Die beiden gaben ein seltsames Bild ab. Kathi, in den abgetragenen und viel zu großen Kleidern ihrer Amme Babette, sah nach einem bedauernswerten Geschöpf aus, dem das Einzige von Wert in seinem Leben gestohlen worden war. Nun war sie auch ein Kind der Schwarzen Banden geworden – unendlich traurig, von allen verlassen und verloren.
    Sounya hingegen wirkte in dem schwarzen Kleid majestätisch, die Art und Weise, wie sie sich bewegte … nein, das war nicht irgendeine unbekannte Frau, das war eine Erscheinung, wie er sie noch nie gesehen hatte.
    «Ich habe eine Idee, wie wir dein Kind retten können», sagte Sounya aus dem stillen Miteinander heraus. «Und Djodji wird dabei eine wichtigere Rolle spielen.»
    «Wer ist Djo…?», fragte Volkhardt.
    «Djodji», berichtigte Sounya. «Dscho-dschi.»
    Sie formte ihre Lippen rund und stieß einen merkwürdigen Laut aus, der wie das Gurren einer Taube klang.
    Hoch über ihnen, in den Baumkronen der Eichen und Buchen, raschelte es plötzlich. Wie aus dem Nichts glitt ein Vogel auf sie zu. Er setzte sich auf den angewinkelten Arm, den sie wie ein Falkner hielt, damit ein Adler, Bussard, Habicht oder Falke darauf landen konnte.
    Doch dieses Tier gehörte keiner dieser edlen Rassen an.
    Djodji war ein Rabe.

[zur Inhaltsübersicht]
    33
    Gott wünscht, dass der Mensch dem Tier beisteht.
    Der Tierliebe eines Franziskaners hatte es Kolk zu verdanken, nicht am Wegrand vergessen zu werden.
    Zusammen mit dem toten Mönch, dessen Proviant ihm die schlimmsten Tag- und Nachtträume seines Lebens bereitet hatte, wurde er auf einen Karren gelegt. Über ausgefahrene Spuren, Schlaglöcher und Steine ging es zurück in die Stadt.
    Das Rattern der Räder auf eisigem Grund bereitete ihm noch immer Schrecken. Es klang nach ohrenbetäubenden Donnerschlägen, wie er sie auf den Schlachtfeldern gehört hatte und vor deren Wucht die Bäume erzittert waren. Die am Himmel kreisenden Vögel sah er als Ungeziefer, die wie wild gewordene Heuschrecken auf ihn herabfuhren, sich zwischen seine Federn stahlen und ihn Stück für Stück auffraßen.
    Er konnte sich nicht

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