Die Kinder des Teufels (German Edition)
geschworen, dem Bischof zu dienen. Vom Teufel war nie die Rede.»
Kathi und Volkhardt beobachteten die Wachmänner, die bei der Pferdetränke im Echter’schen Hof eng beieinanderstanden und nicht auf das achteten, was um sie herum geschah. Sie ließen das Scherenbergtor, das letzte Nadelöhr vor dem Burghof, unbewacht. Die Gelegenheit war günstig.
«Bist du bereit?», fragte Volkhardt.
Kathi nickte, und so gingen sie los, im Schutze der Dunkelheit an der Wand entlang, ungehindert durchs Tor bis in den Burghof. Vor ihnen tauchten der Bergfried, das Brunnenhaus und die Marienkirche auf. Die Fenster der Kapelle waren erleuchtet. Sie schauten über den Sims hinein, konnten aber niemanden sehen.
«Vertraust du Sounya?», fragte Volkhardt.
Kathi zuckte die Schultern. Sie hatte Sounya auch erst kennengelernt. Es war zu früh, um etwas zu sagen.
«Irgendwie schon. Aber sicher bin ich nicht.»
Volkhardt ging es genauso. «Ich weiß nicht, warum sie uns hilft und was sie da über ihren Raben gesagt hat … also, ich weiß nicht.»
Was Volkhardt meinte war: Was wäre, wenn Michael tatsächlich in der Kirche war? So wie es Sounya ihnen vorausgesagt hatte. Sollte sie wirklich mit einem Raben sprechen können, der sie auf die richtige Spur setzte?
Natürlich nicht, das war Unfug. Es war ein Trick. Er musste die beiden nur weiter beobachten, um dahinterzukommen, wie sie es anstellten.
Volkhardt zog sein Messer, vergewisserte sich noch einmal, ob in der Kapelle nicht jemand auf sie lauerte.
«Ich weiß nicht, was uns dadrinnen erwartet. Es kann alles Mögliche passieren. Es ist sicher besser, wenn ich alleine reingehe.»
«Vergiss es», widersprach Kathi energisch. «Wenn Michael dadrin ist, dann werde ich ihn rausholen.»
Auch sie hatte eine Klinge dabei, einen Dolch, den Sounya ihr zugesteckt hatte. Es war ein edles Stück, das einem Junker alle Ehre machen würde. Sie hielt ihn vor sich her, ungeduldig, aufgeregt.
«Gehen wir jetzt?»
Volkhardt nickte und ging los. Die Tür zur Kapelle ließ sich problemlos öffnen. Er schaute hinein. Weder links noch rechts war jemand zu sehen. Doch wenn ihn nicht alles täuschte, dann kniete da jemand im Chortrakt. Ein Mann, er hielt den Kopf gesenkt, hatte ihn nach vorne gebeugt, als ruhte er auf seinen betenden Händen. War es der Bischof? Schließlich war es seine Hauskapelle. Nur er durfte hier drin beten.
Volkhardt schlich auf Zehenspitzen hinein, Kathi an seinen Fersen. Als sie näher kamen, erkannten sie, dass sie sich geirrt hatten.
Crispin schreckte auf. «Wer seid ihr?»
Er sah sich mit zwei Klingen konfrontiert. Es dauerte einen Augenblick, bis er Kathi in ihrer neuen Kleidung und den hochgesteckten Haaren erkannte.
«Bist du das?»
Sie ging nicht darauf ein: «Wo haltet Ihr Michael versteckt?!»
«Michael? Das Kind?»
«Ja, wo ist er?»
Sie drohte ihm mit dem Dolch. Crispin wich zurück.
«Vorsichtig, mein Kind. Du könntest jemanden verletzen.»
«Jetzt sagt mir endlich: Wo habt Ihr Michael versteckt?»
Crispin seufzte. «Dieses Kind, Michael, ist nicht mehr auf der Burg.»
Kathi fiel vor Schreck fast das Messer aus der Hand. Aber wieso sollte sie ihm glauben? Er hatte sie schon einmal hintergangen. «Lügner. Michael ist hier. Ich weiß es.»
«Dein Brüderchen war auf der Burg, ja, das stimmt. Aber der Bischof wollte ihn nicht länger hierhaben.»
«Warum? Wo ist er?»
Crispin war sichtlich durcheinander, wusste sich keinen rechten Reim auf die Vorgänge zu machen.
«Noch heute Morgen hätte ich geschworen, dass an deinem Kind nichts Teuflisches ist.»
«So ist es auch», fuhr sie dazwischen.
«Wieso sagt Ihr das?», fragte Volkhardt, ruhiger und besonnener.
«Das ist alles sehr verwirrend für mich.»
«Jetzt sagt schon!» Kathi ahnte Schlimmes.
«Nachdem wir mit deinem Kind die Kanzlei verlassen hatten, ist Generalvikar Riedner an der rätselhaften Seuche erkrankt. Mit ihm weitere Knechte, die sich gegenseitig …» Er seufzte, schüttelte den Kopf. «Und kaum sind wir auf die Burg gekommen, überfällt die Seuche die beiden Söhne des Kochs. Ist das nicht … seltsam?»
«Was wollt Ihr damit sagen?»
«Dass überall, wo dein Brüderchen auftaucht, die Teufelskrankheit ausbricht.»
«Unsinn. Michael hat damit überhaupt nichts zu tun.»
«Ja, das sage ich mir auch. Aber dennoch: Wie kann das sein?»
Kathi erinnerte sich der Worte Wilhelms. Ich habe gesehen, wie eine Ratte einen Knecht angegriffen hat.
«Die Ratten sind es. Sie sind
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