Die Kinder des Teufels (German Edition)
Mutter. Sie konnte etwas wissen. Er ging vor ihr in die Hocke, nahm ihre Hand in die seine.
«Was ist mit deiner Tochter? Hat sie etwas Verdorbenes gegessen?»
«Das habe ich sie auch gefragt», schaltete sich Marthin ein. «Ich habe mir die Töpfe und Teller zeigen lassen, aus denen sie gestern Abend gegessen haben. Nichts Auffälliges. Außerdem müsste die Alte dann auch erkrankt sein.»
«Hat sie vielleicht noch etwas anderes …»
«Laut der Alten nicht. Es gab nur Kohlsuppe. Ich habe mir die Speisekammer und die Herdstelle angesehen. Nichts weist auf eine Vergiftung hin.»
«Vielleicht getrunken?»
«Wasser und Wein. Ich habe daran gerochen und ein wenig probiert.»
«Dann muss sie eine Krankheit haben.»
Marthin seufzte. «Ja, sicher. Nur welche? Ich habe nie zuvor Ähnliches gesehen.»
«Habt Ihr schon nach einem Doktor schicken lassen?»
Er nickte. «Bisher ist keiner gekommen.»
«Wieso nicht?»
«Weil Klara nicht die Einzige ist. In der ganzen Stadt geht die Krankheit um.»
«Diabolus.»
Jakobus Kopf flog herum, blickte der alten Frau ins Gesicht. «Was hast du da gesagt?»
Ihre Lippen bewegten sich in einem fort, ohne einen weiteren Laut preiszugeben.
«Was hast du da gesagt?», wiederholte Jakobus streng.
«Sie sagte Diabolus», erwiderte Marthin. «Das sagt sie schon den ganzen Morgen. Immer wieder. Diabolus … Satanas … Belial.»
«Belial?»
«Ja, Belial. Was soll das bedeuten?»
Jakobus schluckte. Belial war ein anderes Wort für den Teufel. Es war in den alten Schriften zu finden, weit vor Christi Geburt, im Alten Testament. Belial war der Verschlinger, der Aufsteiger aus der Unterwelt, der Minderwertige, der Nichtsnutz. Es gab viele widersprüchliche Deutungen. Allen war jedoch gemein, dass er das Böse war.
«Belial …»
Die Alte knurrte das Wort, als steckte es ihr in Hals und Brust.
Jakobus packte sie am Arm, schüttelte sie.
«Woher kennst du diesen Namen?»
Die Feder, mit der sie die ganze Zeit über Luftzeichen malte, fiel zu Boden. Sie schreckte auf.
«Weg, weg, sofort», kreischte sie mit heiserer Stimme. «Er ist gekommen, vom Himmel … das Auge …»
Vom Himmel? Jakobus ahnte Schlimmes.
«Was redest du da? Wieso vom Himmel … und was ist mit dem Auge?»
Die Antwort blieb aus. Sie war im Grunde auch gar nicht mehr nötig. Jakobus erinnerte sich an jene Nacht vor drei Tagen, als der Teufelskomet über der Stadt erschienen war.
Hatte die Alte ihn gesehen?
«Sie sagt», antwortete Marthin für sie, «Belial sei schon einmal hier gewesen, vor vielen Jahren, als die Bürger in eine seltsame Krankheit fielen und das Vieh starb wie Fliegen. Mord und Totschlag soll es gegeben haben, selbst in den frömmsten Stuben.»
«Welche Krankheit? Die Pest?»
Marthin zuckte mit den Schultern. «Ich weiß es nicht. Es sollen viele gestorben sein, und alle hätten den Teufel im Leib gehabt.»
Ein unmenschlicher Laut entfuhr Klara. Jakobus und Marthin zuckten von der Vehemenz und dem markerschütternden Klang zusammen. Klara bäumte sich auf, wand sich und schrie. Es sah aus, als wollte sie etwas aus sich herauspressen.
«Maria und Joseph.»
Marthin bekreuzigte sich. «Ich kann ihr nicht mehr helfen.» Dann eilte er hinaus, die Stiege hinunter ins Freie.
Zurück blieben ein ratloser Jakobus und eine in Gebete versunkene alte Frau. Sie wippte mit ihrem Oberkörper vor und zurück, murmelte unverständlich und stierte ins Leere.
Erneut nahm Jakobus sie beim Arm, rüttelte sie aus ihrer Apathie wach.
«Wann war Belial schon einmal hier? Hast du ihn gesehen?»
Die Alte schaute wie durch ihn hindurch.
«Mein Mann … Belial hat ihn mitgenommen.»
Dann schloss sie die Augen, sank in sich zusammen und murmelte in einem fort.
Jakobus erhob sich. Er wusste nicht, was er von dem Geschwätz der Alten halten sollte. Konnte es tatsächlich sein?
Er musste es herausfinden und ging vor die Tür.
Die Nachbarn standen noch immer zusammen, abwartend und sich fragend, ob Jakobus ihnen sagen konnte, was hier vor sich ging.
«Es sollen noch mehr erkrankt sein», sagte er. «Wisst ihr, wer sie sind und wo ich sie finden kann?»
Einer deutete hinüber zum Dom, jenseits davon, im Hof eines Domherrn sei in der letzten Nacht etwas passiert.
«Es heißt, einer seiner Diener sei mitten in der Nacht von bösen Träumen heimgesucht worden. Schlimmer, als man es sich vorstellen kann. Er habe einen anderen angegriffen und ihm die Seele aus dem Leib geschnitten.»
«Und in Haug ist
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