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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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ein Vikar aus dem Fenster gesprungen», ergänzte ein anderer. «Hat sich alle Knochen gebrochen.»
    «Gibt es noch jemanden», wollte Jakobus wissen, «jemand, der noch lebt?»
    Sie schauten sich fragend an. «Die Klara halt.»
    «Sonst niemand?»
    Sie zuckten mit den Schultern. Jakobus ließ sie stehen und eilte weiter. Wenn es weitere Erkrankte gab, würde er sie finden.
    Vorne am Marktplatz humpelte ein Mann durch den Schnee – schwarz gekleidet, mit Halskrause und Hut. Er trug eine Tasche bei sich, wie immer, wenn er zu einem Kranken gerufen wurde. Es war Meister Reinhardt, einer der Doktoren aus dem Juliusspital, der gerade an eine Haustür klopfte. Er konnte etwas wissen.
    Jakobus eilte auf ihn zu.
    «Meister Reinhardt», sagte er atemlos, «was treibt Euch so früh aus dem Bett?»
    Reinhardt, ein Mann in den Sechzigern, Spross einer angesehenen Ritterfamilie aus dem Steigerwald und überzeugter Kämpfer gegen die Protestanten, blickte ihn aus müden Augen an. Er wirkte mürbe, fast schon krank, doch als er den Franziskanermönch erkannte, keimte Hoffnung in ihm auf.
    «Bruder Jakobus, Euch hat der Himmel geschickt. Es ist eine Tragödie. Kommt mit mir und seht, welch Unheil über uns gekommen ist. Vielleicht könnt Ihr helfen, ich bin mit meinem Latein am Ende.»
    Die Tür wurde geöffnet. Ein Mann – Jakobus erkannte in ihm einen Kämmerer in Diensten des Bischofs – zeigte sich erleichtert, dass endlich Hilfe eintraf. Beim Anblick von Jakobus stutzte er einen Moment, begrüßte ihn dann aber mit einem ehrfürchtigen Nicken.
    «Tretet ein, Hochwürden. Mein Sohn ist oben.»
    Er zeigte auf die nahe Stiege, die sich Reinhardt bereits hochquälte.
    «Sagt, was ist mit Eurem Sohn geschehen?», fragte Jakobus. Er schloss die Haustür hinter sich.
    Der Mann seufzte. Sein Blick ging beschämt zur Seite.
    «Es ist mir unerklärlich.»
    «Erzählt der Reihe nach. Wann hat es begonnen?»
    «In der späten Nacht, vor wenigen Stunden, hörte ich meinen Sohn rufen. Er lag gekrümmt in seinem Bett, klagte über das Feuer auf seiner Haut, die tausend Stiche, die in ihn hineinfuhren … oder heraus. Ich weiß es nicht.»
    «Hat er etwas Verdorbenes gegessen?»
    Der Mann rief sich den Vorabend in Erinnerung.
    «Wir haben gemeinsam gegessen. Bohnen, Brot und ein Stück Speck. Mehr gibt unsere Speisekammer nicht mehr her.»
    «Und zu trinken?»
    «Wein. Das letzte Fass.»
    «Hat auch Euer Sohn davon getrunken?»
    «Sicher, wir haben ja nichts anderes mehr.»
    Jakobus dachte nach. «Hat er noch irgendetwas anderes zu sich genommen, etwas, das er versteckt hielt oder …»
    Der Mann zuckte mit den Schultern.
    «Meines Wissens nicht.»
    «Geht es Euch gut, Eurer Frau?»
    Er nickte.
    «Habt Ihr ein zweites Kind, Diener …»
    Kopfschütteln. «Nein, Friedrich ist unser einziges Kind und eine Dienstmagd … Das war früher einmal.»
    Jakobus seufzte. Wenn das stimmte, dann war die Sache mehr als schleierhaft. Mindestens drei rätselhafte Erkrankungen in einer Nacht, der mysteriöse Zwischenfall in einem der Stiftshöfe nicht mitgerechnet. Sie betrafen eine Jungfer, einen Vikar von Stift Haug und nun einen Jungen aus angesehenem Haus. Eine Vergiftung schien ausgeschlossen, sie hatten verschiedene Speisen gegessen, ohne dass die anderen Familienmitglieder erkrankten.
    Meister Reinhardt neigte nicht zu Übertreibungen oder Eitelkeit. Wenn er betrübt war, gab es wirklich Grund zur Sorge. Er hatte tagtäglich mit allen möglichen Krankheiten im Juliusspital zu tun, und nichts würde ihn so schnell aus der Fassung bringen.
    Was um alles in der Welt ging hier vor?
    Belial . Er hörte die heisere Stimme der Alten noch immer in seinem Kopf. Er hat meinen Mann mitgenommen.
    Unsinn. Der Teufel hatte damit nichts zu tun. Es musste eine andere Erklärung geben.
    Das Teufelsauge. Zugegeben, dieser Komet war anders als all die, die er bisher gesehen oder von denen er gehört hatte. Aber konnte er tatsächlich von größerer Bedeutung sein?
    666. Das Mal auf dem Leib des Kindes. Es war verdächtig, ja. Aber sonst gab es keine anderen Hinweise auf …
    Er hat mich gebissen. Wie konnte es sein, dass ein Neugeborener schon einen Zahn besaß? Davon hatte er noch nie gehört.
    Das Teufelskind. Der Antichrist.
    Er schüttelte den Kopf und damit die Gedanken aus seinem Kopf. Sie waren wirr, unausgegoren, überhastet. Er würde später in Ruhe darüber nachdenken, gleich nachdem er den Jungen gesehen hatte, der ein Stockwerk höher litt. Sein

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