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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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hier draußen, abgelegen und unwirtlich. Kein Vergleich zu den vielen kleinen Häusern in der Stadt, ihren dunklen und verzweigten Gassen und Fackeln, die allerorten für ein wenig Licht sorgten. Selbst riechen konnte man hier draußen nichts. Keine Spur von verwesendem Aas, stinkenden Misthaufen oder Essensresten. Die waren seit dem Sommer ohnehin knapp geworden. Niemand warf mehr etwas weg. Entweder aßen die Menschen alles auf, oder es gab einfach nichts mehr zum Wegwerfen. Seltsam.
    Da hörte Kolk ein Stöhnen, das eines Menschen, da war er sich sicher. Denn Tiere stöhnten nicht, sie ertrugen den Schmerz meist still oder starben zurückgezogen in einer verborgenen Ecke, wo niemand über sie herfallen konnte.
    Dieses Geräusch kam irgendwo aus dem Dunkel, dort, wo die kleinen Häuschen entlang der Kirche standen. Es waren eigenartige Laute. Das Stöhnen schwoll an, ebbte ab und begann wieder von neuem. Dazwischen erstickte Schreie, dann wieder aus vollem Hals, als ob sich der Mensch von einem Druck befreien wollte.
    Kolk schüttelte sein schwarzes Gefieder. Seine ebenfalls schwarzen Augen suchten eine Erklärung. Solche Laute hatte er noch nie von einem Menschen gehört. Er kannte ihre Schreie aus dem Feuer, ihr Gelächter, wenn sie beieinanderstanden, selbst das Johlen, wenn sie über die Straße taumelten, und das Gezänk von Frauen, aber das hier war ihm unbekannt.
    Es dauerte nicht lange, bis Licht im Fenster zu sehen war. Ein Schatten huschte vorbei.
    «Sebastian, was ist mit dir? Bist du krank?»
    Der Mann erhielt keine Antwort. Stattdessen Stöhnen, dazwischen verkrampfte Schreie. Weitere Schatten kamen herbei, beugten sich herab.
    «Sebastian, so sprich doch endlich.»
    Etwas fiel zu Boden, dumpf war der Aufschlag. Die Schatten traten erschreckt zurück. Die Kerzen in ihren Händen flackerten.
    «Um Himmels willen. Was ist nur mit ihm?»
    Ein anderer, ängstlich: «Das geht nicht mit rechten Dingen zu.»
    Ein Dritter: «Der Teufel.»
    «Flieht, Brüder, so schnell ihr könnt!»
    Die Fensterlade wurde ganz aufgestoßen. Ein Mensch mit nacktem Oberkörper zeigte sich. Obwohl sein Gesicht im Dunkeln lag, konnte jeder in seiner Umgebung den Wahnsinn erkennen.
    Er schrie in die Nacht, kletterte heraus, als sei er eine Katze, stürzte aber zu Boden wie ein Mensch, hilflos schreiend.
    Kolk hatte genug gesehen. Mit schnellem Flügelschlag erhob er sich in die Nacht. Die Schneeflocken nahmen ihm die Sicht, der Wind spielte mit ihm nach Belieben. Aber das war ihm egal. Er wollte nur weg. Etwas stimmte hier nicht. Er wusste nicht, was, aber sein Instinkt drängte ihn zur Flucht. Seltsamen Menschen sollte man aus dem Weg gehen.
    Ohne klares Ziel ließ er sich durch die Nacht treiben. Hier und da sah er Lichter aufblitzen, dann wieder verschwinden. Wenn er nur einen Kirchturm sehen könnte. Dann wüsste er, wo er sich befand und wohin er musste.
    Feuer. Er sah es nicht, spürte nur das Brennen von Rauch in seinen Augen. Zwei, drei schnelle Flügelschläge brachten ihn aus der Gefahr. Am Boden erkannte er eine Hütte. Aus den Fenstern schlugen Flammen, griffen auf das Dach über. Schreie. Dunkle Gestalten rannten auf die Straße hinaus, kreuzten andere mit Eimern. Ein Mensch. Er hatte die Arme ausgebreitet zu einem Kreuz, brannte lichterloh.
    Vor ihm tauchte eine schmale und hohe Wand auf. Eine Glocke ertönte, hell und durchdringend, sodass er sich zur Seite fallen ließ, bis er endlich eine Fläche fand, auf die er sich niederlassen konnte. Ein Kreuz war daran befestigt, und wenn er es richtig bedachte, dann war er schon einmal darauf gelandet. Es war verziert und mit einem runden goldenen Kopf versehen. Unter ihm lag ein Hof. Essen auf goldumrandeten weißen Tellern fand er dort im Sommer vor, Wein und Wasser in edlen Karaffen, Diener und Herren.
    Da lagen zwei Menschen im Schnee. Der eine rührte sich nicht mehr, der andere krümmte sich vor Schmerzen, stöhnte und schrie, während andere in weißen Hemden aus dem Haus strömten und einen Kreis um ihn bildeten. Der Schein der Kerzen reichte aus, um zu erkennen, dass der Erkrankte sich das Hemd zerriss, sich am ganzen Körper kratzte, bis das Blut kam. Einige knieten nieder, wollten ihn davon abhalten, während andere erschrocken zurücktraten, das Kreuzzeichen schlugen und Gebete in die Nacht sprachen.
    Was war nur mit diesen Menschen los? Um diese Uhrzeit schliefen sie gewöhnlich.
    Vom Tumult in seinem Hof aufgeweckt, trat der Hausherr ans Fenster. Er rieb sich

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