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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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die Augen, gähnte und plärrte hinunter.
    Kolk verstand nicht, was er sagte, aber es schien von Gewicht zu sein. Denn die Männer in Nachthemden und nackten Füßen schafften dürres Geäst herbei, legten es im Kreis um den Erkrankten und zündeten es an.
    Der Hausherr, inzwischen eilig in Stiefel und Talar gestiegen, kam hinzu. Er ließ sich erzählen, was vorgefallen war, bekreuzigte sich und gab anscheinend Anweisung, noch mehr Brennmaterial herbeizuschaffen.
    Die Diener hatten es über den am Boden liegenden zu werfen. Einige verweigerten den Befehl, andere taten, wie ihnen geheißen. Das Feuer erfasste den Menschen schnell, sein Hemd und sein langes Haar brannten wie Zunder. Er bäumte sich auf, wollte davonrennen, aber Stangen zwangen ihn nieder. Sie kämpften, als gelte es, ein wildes Tier in Schach zu halten, doch nicht lange, denn schon bald sank er auf die Knie, und das Schreien verstummte.
    Kolk verstand nicht, warum sie das machten – wie so vieles in diesen verrückten Tagen.

[zur Inhaltsübersicht]
    6
    Der Morgen kam in Unschuld.
    So konnte man das weiße Kleid deuten, das sich in der Nacht über die Stadt gelegt hatte. Keine Spur mehr vom Unrat in den Straßen, Matsch und Löchern, die jeden Schritt zum Abenteuer machten. Selbst der Gestank von Fäkalien und Verwesung war von Wind und Schnee davongetragen worden. Alles war sauber und rein, zumindest an der Oberfläche.
    Den Häuserfronten fehlten jegliche Farbe und Schmutz. Der Wind hatte sie weiß eingekleidet. Ein einziges Haus wollte sich jedoch nicht in die Pracht einfügen. Verkohlt, hässlich und dampfend stand es da, leblos wie ein riesiger, hohler Zahn, dem das Feuer bis an die Wurzeln gegangen war. Daneben eine unscheinbare Erhebung im Schnee, aus der eine verkohlte Hand herausschaute.
    Noch herrschte Stille in den Straßen. Der Wettereinbruch ließ viele zu Hause in den Betten bleiben, Karren und Kutschen versanken vor den Stadttoren im Schnee. Der Main floss in seinem eisumrandeten Bett unmerklich dahin, an seinen Ufern lagen verschneite Fischerboote.
    Hoch oben auf dem Frauenberg stand das Burgschloss des Bischofs im frühen Morgenlicht. Eine zarte, weiße Rauchfahne stieg aus einem der Schlote empor. Vermutlich war der Landesfürst bereits aufgewacht und streckte sich in seinem warmen, herrschaftlichen Bett, während er sich eine leckere Mostsuppe mit frischgebackenem Brot zum Frühstück zubereiten ließ. Seine Kornkammer war noch nicht leer, genauso wenig wie der Weinkeller oder die Viehställe. Auf der Burg des Bischofs herrschte eine andere Zeit als in der Stadt zu seinen Füßen. Not und Mangel kannte man dort nicht, stattdessen Feinsinn und Lebensart.
    Ein weitentfernter, dumpfer Kanonenknall, vom Wind über Berg und Tal getragen, schwappte in die Ruhe und Abgeschiedenheit der Bischofsstadt. Niemand nahm ihn wahr außer ein paar Krähen, die sich aufgeschreckt in die Luft erhoben. Von Kriegslärm und mageren Landsknechten wollten sie nichts wissen.
    Bruder Jakobus trat durch das Portal des Franziskanerklosters auf die Straße. Gegen die Kälte schützten ihn eine warme Wollkutte und eine tiefhängende Kapuze. Seine Füße wärmten ausnahmsweise dicke Strümpfe und Sandalen, die er zusätzlich mit breiten Lederriemen umbunden hatte. Laut Ordensregel sollte er barfuß gehen, Sommer wie Winter, aber heute machte er eine Ausnahme.
    Bruder Portarius, der die Pforte bewachte, hatte ihn geweckt. Eines seiner Schäfchen, die Jungfer Klara, müsse ihn sehen. Etwas Furchtbares sei in der letzten Nacht geschehen. Er solle sich beeilen und niemandem darüber Auskunft geben.
    Was auch immer es sein mochte, was Klara oder ihre Mutter quälte – Albträume von Tod und Krankheit oder die Furcht vor dem Teufel –, meistens halfen Aufmerksamkeit, Verständnis und ein gemeinsames Gebet, um die Sache wieder in Ordnung zu bringen.
    Klara war eine fromme Frau, die keine Andacht und keine Messe verpasste. Samstags kam sie regelmäßig zu ihm in die Beichte, gestand die kleinen, meist unerheblichen Sünden, die sie im Laufe der Woche begangen hatte. Zehn Gegrüßest-seist-du-Maria, eine Spende für den Opferstock und das Versprechen, sich zukünftig strenger an die Gebote des Herrn zu halten, brachten ihr aufgewühltes Gewissen wieder zur Ruhe.
    Ihr Haus lag unweit der bischöflichen Kanzlei, in direkter Nachbarschaft zu Neumünster und dem Dom – der Dreifaltigkeit der Stadt.
    Als Jakobus um die Ecke kam, sah er vor Klaras Haus eine Handvoll

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