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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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ein Name, teils Lateinisch, teils Deutsch oder in einer Sprache, die sie nicht kannte. Sie las: Kamille, Baldrian, Melisse, Anis, Brennnessel, Pfeffer, Zimt, Ingwer, Malegetta, daneben Kräuter und Wurzeln, die ihr völlig unbekannt waren.
    Und es gab noch eine andere Abteilung, eine große, die der Kräuter- und Gewürzbiere, der Heilweine aus den unterschiedlichsten Kräuterzusätzen, und in einem gesonderten Bereich wartete die Königsdisziplin der Medizin mit ihren magischen Wundermitteln auf: Wermut, Cannabis und Opium.
    Kathi würde hier viel Zeit verbringen. Es war ihr neues Zuhause und ihre eigene, kleine Universität. Täglich lernte sie ein neues Kraut kennen, mischte es nach vorhandener Rezeptur mit anderen oder experimentierte an neuen.
    Der Reichtum, den Grein zurückgelassen hatte, war unermesslich – wenn man wusste, wie Kapital daraus zu schlagen war. Und genau das würde sie auch tun. Helene, ihre Mutter, wäre stolz auf sie. Es war immer ihr größter Wunsch gewesen, dass es ihre Tochter mal besser haben sollte. Ein krisenfester, einträglicher Beruf als kundige Apothekerin war anfangs nur ein Traum gewesen. Jetzt hatte sie die Mittel und Wege, ihn auch zu realisieren.
    Spitzwegerich, Salbei, Eibischwurzel, Königskerze …
    Sie entschied sich für die Königskerze. Seit dem Morgen hatte sie ein Kratzen im Hals, hustete ein wenig. Der Sud aus den Blüten würde die Symptome lindern, im besten Fall eine aufkommende Erkältung abwehren.
    Kümmel, Fenchel, Angelikawurzel …
    Klein Michael konnte Hilfe bei der Verdauung gebrauchen. Ein entsprechender Tee, lauwarm verabreicht, war schnell zubereitet.
    Mit all den Zutaten ging sie an den Herd im Arbeitsraum. Wasser war ausreichend vorhanden, Holz ebenfalls. Die morschen Regale und das Mobiliar der Grein’schen Wohnung, die über der Apotheke lag, würden sie sicher über den Winter bringen. Sie seufzte zufrieden. Welch ein Luxus. Während die Stadt fror und an einer rätselhaften Krankheit laborierte, konnte sie hier diese garstige Zeit in aller Ruhe überbrücken. Einzig auf den Rauch im Kamin musste sie achten. Tagsüber sollte er nicht zu sehen oder zu riechen sein. Er könnte Nachbarn auf sie aufmerksam machen. Abends und in der Nacht fühlte sie sich ausreichend sicher. Kaum jemand verlor sich bei diesen Temperaturen noch in den Straßen.
    Der Tee war schnell zubereitet, der Herd arbeitete wie in den besten Tagen und spendete darüber hinaus eine wohlige Wärme. Mit zwei Bechern in der Hand ging sie zurück in die Bibliothek – dem eigentlichen Schatzkästlein in diesem Haus. In ihrer ganzen zweijährigen Lehrzeit hatte sie diesen Raum nicht betreten dürfen – nicht einmal Greins Töchter, Lene und Lotti, durften es, selbst seine Frau Henriette nur, wenn sie ihm Essen und Wein brachte. Die Bibliothek war Greins heiliger Raum, Refugium und das Tor zur Welt. Ringsum waren die Regale bis zur Decke gefüllt mit Wissen.
    Die berühmten Rezept- und Arzneibücher eines Gottfried von Franken und eines Ortolf von Baierland waren unermessliche Schätze des Studiums, genauso wie die Rezepte des berühmten Chirurgen Heinrich von Pfalzpaint oder die Hausapotheke eines Hermann Ryff. Wenn sie nicht alles täuschte, stand da auch noch ein Fass mit Trester aus Würzburger Trauben, ähnlich dem, der schon das böse Furunkel eines Martin Luther geheilt hatte.
    Und es gab auch die Abteilung der apokryphen Schriften – Texte, die nicht zum anerkannten Kanon gehörten – und Bücher, für die andere den Tod gefunden hatten. Darunter häretische Schriften über die Katharer und das heliozentrische Weltbild eines Nikolaus Kopernikus.
    Grein war ein überraschend vielseitig interessierter Mann gewesen, zweifellos. Wie konnte es dann nur so weit kommen, dass er sein aufbrausendes Gemüt so wenig im Griff hatte und damit den Tod seiner Familie verschuldete? Er wusste doch um die im Körper widerstreitenden Säfte und Temperamente und offensichtlich genauso über die jeweiligen Substanzen, die das Gemüt beruhigten. Kathi hatte erst tags zuvor eine wunderbare Abhandlung über die Drogen des Ostens in der Hand gehabt, in der beschrieben wurde, welche Wirkung das auch in Europa verwendete Laudanum hatte oder die Cannabispflanze, die schon von der heiligen Hildegard beschrieben wurde.
    Apropos heilige Hildegard: Da war doch irgendwo noch ein kleines, unscheinbares Büchlein über Klostermedizin … geschrieben von einem Mönch. Sie schaute durch die Reihen. Dort oben,

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