Die Kinder des Teufels (German Edition)
bist nicht ganz richtig im Kopf.»
«Nein, Herr», erwiderte der Mann ängstlich, «ich spreche die Wahrheit. Ich bin verschont worden, weil …» Er seufzte.
Antonius führte den Satz zu Ende. «Weil du nicht zu den Guten gehörst?»
Er trank den Becher aus, nickte schuldbewusst.
«Niemand wagt es mehr, an Gott oder Jesus Christus zu glauben. Die Angst, von dem bösen Geist heimgesucht zu werden, ist zu groß.»
Antonius ahnte, worauf die Sache hinauslief.
«Und nun zu den schlechten Seelen. Sag, wen meinst du damit?»
«Mörder und Räuber, Betrüger und Diebe …»
«Und wen noch?»
Der Wirt hielt noch etwas zurück, trotz des vielen Weins. Nervös knetete er seine Hände.
Doch Crispin wollte sich nicht länger vertrösten lassen. «Jetzt sprich endlich, bevor ich dich aufziehen lasse. Wer sind die anderen schlechten?»
Kleinlaut lenkte er ein. «Herren, wie Ihr welche seid.»
Schattenfiguren griffen nach dem Kind, an der Wand die spitzen Krallen eines dämonischen Vogels. Ein Skorpion mit zuckendem Stachel. Eine Schlange züngelte. Knochen brachen wie trockenes Geäst. Das Feuer.
Kathi schreckte auf. Ihr Herz pochte, Schweiß auf der Stirn.
Wo bin ich?
Sie schaute sich um. Ach ja, in der Apotheke. Es würde noch ein paar Tage dauern, bis sie sich an die neue Umgebung gewöhnt hatte. Wobei, so fremd war sie ihr auch nicht. Sie hatte zwei Jahre ihres Lebens hier verbracht, als Lehrkind des Apothekers und später geständigen Teufelsanbeters Grein. Jetzt war er tot, genauso wie seine Frau Henriette, der er im Wahn den Kopf eingeschlagen hatte. Von den Kindern, den Zwillingen Lene und Lotti, hatte Kathi seit Monaten nichts mehr gehört, geschweige denn sie gesehen. Manche behaupteten, sie gingen als Untote in der Nacht umher.
Ein trefflicher Grund, dass die Apotheke gemieden wurde, auch dass das Haus und alles, was sich darin befand, seit dem Geständnis Greins als verflucht galt. Niemand wollte mit einer seiner teuflischen Salben behandelt werden, niemand wollte auch nur in die Nähe von Andorn und Alraune kommen – selbst das Johanniskraut, das den Teufel vertreiben sollte, galt als vergiftet.
Der neue Apotheker, der kürzlich in die Stadt gekommen war, hatte sich bei so viel Teufelsglauben die Haare gerauft, tat aber gut daran, in ein anderes Haus zu ziehen und neue Bestände zu ordern. Andernfalls wäre er auf seinen Erzeugnissen sitzengeblieben, im schlimmsten Fall hätte er sich gar verdächtig gemacht.
In einem Korb an ihrer Seite sah sie Michael in seinem Strohbett selig vor sich hin schlummern. Er wirkte zufrieden.
«Für dich ist das überhaupt kein Problem. Schläfst und isst, wo immer du auch bist.»
Sie streichelte ihm sanft über die Wangen und das fein gelockte Haar, das in den vergangenen Tagen so wunderbar und unerwartet gewachsen war. Schön war er anzuschauen, ihr kleines wunderbares Brüderchen, das mehr und mehr zu ihrem Sohn wurde.
Kathi stand auf aus ihrem eilig hingeworfenen Bett – einem Nest aus Kleidern, Stoffen und Decken, die sie in Henriettes Truhe gefunden hatte. Wahrscheinlich ihre Mitgift, die sie an jenem unheilvollen Tag bekommen hatte, als sie Meister Grein zugesprochen worden war, nichtsahnend, dass damit ihr Todesurteil unterzeichnet worden war.
Schmor in der Hölle, Meister Grein.
Sie zündete eine Kerze an und ging vor in den Verkaufsraum, suchte nach Kräutern für einen wärmenden Tee. Die Auswahl war riesig. Ein ungeahnter Schatz inmitten von Not und Elend lagerte hier. Kräuter, Wurzeln, Pulver, Salben und Medizin aller Art.
Besser hätte sie es nicht treffen können, nachdem sie der Hausherr vor die Tür gesetzt hatte. Das Geld für die Miete hatte sie seit Wochen nicht mehr aufbringen können. Anfänglich war Bruder Jakobus noch dafür eingestanden, aber dann zog er sich immer mehr von Kathi und Michael zurück. Bis er seit über einer Woche überhaupt nicht mehr kam.
Gottlob hatte sie noch Barbara, Otto und Volkhardt. Sie waren wahre und treue Freunde, brachten Essen und Kleidung, so viel wie sie entbehren konnten. Im Gegenzug versorgte sie sie mit Salben, Kräutern und Medizin.
Aber seltsam war das schon mit Jakobus. Er war so ein guter Mensch, bei dem ihr Geheimnis – das Mal an Michaels Bein – sicher aufgehoben war, und dann zog er sich, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, einfach zurück. Hoffentlich war er nicht krank oder Schlimmeres.
Kathi stand vor dem großen Regal mit Gläsern, Büchsen und Schubladen. Auf jedem Gefäß stand
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