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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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sich um kurze, helle Stäbe, doch auf den zweiten Blick erkannte Antonius, dass es Knochen waren. Das Kind legte sie – der genauen Anordnung eines fünfzackigen Sterns folgend – in den Schnee. In die Mitte des Sterns platzierte es einen kleinen skelettierten Schädel, vermutlich den einer Katze.
    Dann ließ es die Hände über dem Gebilde kreisen und sprach mit verstellter, tiefer Stimme:
Drude, Drude komm herbei,
schick dich an zur Zauberei.
Brenn Weiber, Ritter und Magister,
auch des Bischofs klein Geschwister.
Morgen im Holze auf dem Feuer,
jubilieren alle ungeheuer:
Macht die Welt zu Satans Reiche,
auf dass der Heiland tot erbleiche.
    Mit Grauen wandte sich Antonius ab und schlug das Kreuzzeichen. Auch Crispin konnte nicht länger hinsehen.
    «Dieser Ort ist verflucht.»
    Sie folgten der Blutspur, die sich im Schnee abzeichnete und in einem Stall endete. Heraus drang dampfender Gestank in die kalte Winterluft. Er hüllte sie in eine Wolke aus Fett und ausgekochten Knochen.
    An einem Kessel stand ein Mann. Er rührte mit einem Stock den Sud. Neben ihm eine junge Frau, eher ein Mädchen, mit einer Schale in der Hand. Sie wartete offenbar auf die Ration, die ihr der Hufschmied, jetzt der Schlächter seiner schutzbefohlenen Pferde, zuwies.
    «Seid Ihr Bechtholt, der Hufschmied?», rief Crispin ihm zu. Der Mann drehte sich ihnen zu. Seine Augenbrauen waren enorm, und sie krümmten sich gemäß seines Misstrauens nach innen.
    «Wer will das wissen?»
    «Bruder Crispin.»
    «Was wollt Ihr?»
    «Ich suche Irmgard, das Schankmädchen.»
    Das Mädchen an seiner Seite schaute wie ertappt zu Boden.
    «Kenn ich nicht. Außerdem seid Ihr hier nicht in einem Wirtshaus.»
    «Man sagte mir aber, dass ich sie hier finden könnte.»
    «Ihr solltet nicht alles glauben, was man Euch weismachen will.»
    Antonius trat an Crispins Seite. Er lächelte gutmütig, versöhnlich. «Wie mir scheint, haben wir sie doch gefunden.»
    Der ärgerliche Blick des Hufschmieds ging zu seiner Tochter. «Geh ins Haus.»
    «Keine Sorge.» Antonius stellte sich ihr in den Weg. «Wir wollen nur eine Auskunft von dir.»
    Sie zögerte, schaute fragend zu ihrem Vater, ob sie nun gehen oder bleiben sollte.
    Antonius wusste Antwort. «Dein fürsorglicher Vater hat sicher nichts dagegen.» Er legte seinen Arm um ihre Schulter und führte sie nach draußen.
    «Himmelherrgott, bleib hier.» Der Hufschmied legte den Stock beiseite und eilte ihr nach. «Die Pfaffen bringen nur Unglück über uns.»
    Obwohl Crispin diesem wuchtigen Mann körperlich weit unterlegen war, stellte er sich ihm mit all seiner Autorität entgegen. Ein Bild wie David gegen Goliath.
    «Beruhigt Euch, wir wollen Eurem Kind nichts zuleide tun.»
    «Nichts da.» Er schob Crispin mühelos zur Seite. «Eure Versprechen sind in Weihrauch getaucht, um uns den Verstand zu vernebeln. Kein Wort wird sie mit Euch sprechen.»
    Crispin – schmal und hoch wie ein Bettelstab – aus dem Weg zu räumen war eine Sache, eine andere, den korpulenten Antonius von seinem Unterfangen abzuhalten. Er hielt dem starken Griff des Hufschmieds stand.
    «Was ist mit Euch, Meister Bechtholt, dass Ihr ein paar harmlose Fragen an Eure Tochter fürchtet? Habt Ihr etwas zu verbergen?»
    Der Mann hielt inne. Den Argwohn eines Geistlichen zu erregen war von jeher keine gute Idee. In den letzten Jahren endete er oft auf dem Scheiterhaufen. Der Hufschmied hatte keine Ahnung, wozu dieser unbekannte Bruder fähig war. Es war besser, Vorsicht walten zu lassen. Er lockerte den Griff.
    «Was wollt Ihr wissen?»
    Antonius wandte sich dem Mädchen zu.
    «Hab keine Angst. Du kannst mir vertrauen.»
    Sie nickte bemüht.
    «Du hast eine Tante, wie ich hörte, eine Hebamme, die vor einiger Zeit ein Kind auf die Welt gebracht hat, nicht irgendeines, sondern ein besonderes. Du weißt, wen ich meine?»
    Der Hufschmied antwortete für sie.
    «Die Schwester meiner Frau ist Hebamme. Was ist mit ihr?»
    Antonius ging nicht darauf ein, sondern konzentrierte sich weiter auf das Mädchen.
    «Das Kind … weißt du, wo ich es finden kann?»
    Wieder ging der Hufschmied dazwischen. «Lioba bringt täglich Kinder zur Welt», und noch immer schenkte Antonius ihm keine Aufmerksamkeit.
    «Lioba, heißt sie also. Weißt du, wo sie sich aufhält?»
    «Niemand weiß …», setzte der Hufschmied an, doch dieses Mal hatte Antonius genug.
    «Schweigt endlich, bevor ich Euch den Hexenkommissaren melde.»
    Er nahm das Mädchen am Arm, führte es ein paar

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