Die Kinder des Teufels (German Edition)
Verzeih, wenn ich nicht mehr schreibe, aber ich will ihr Leben nicht aufs Spiel setzen.»
Briefe konnten in die falschen Hände geraten, das hatte Jakobus gewusst, sonst hätte er geschrieben, um wen es sich handelte. Crispin wäre niemals auf den Gedanken gekommen, dass es sich nicht um eine Amme, sondern um die Schwester des Kindes handeln könnte. Wie auch? Sie war nirgends erwähnt worden.
«Wo ist diese Kinderhexe?»
Sie zuckte die Schultern. «Wahrscheinlich ist sie mit ihm auf den Schalksberg gefahren. Wohin sonst? Dort haust sie mit ihren Hexen, Zauberern und Buhlschaften.»
«Ich meine, wo wohnt sie?»
«In diesem Haus, in der Nähe des Marktplatzes.» Sie schüttelte sich vor Abscheu. «Ich wette, die Pest hat dort Einzug gefunden.»
«Führ mich hin», sagte Crispin.
Lioba setzte zum Widerspruch an, unterließ es aber.
«Und wer gibt mir nun meinen Lohn?»
Draußen dämmerte der Tag. Der Himmel gestaltete sich grau und speckig wie ein alter Lumpen. Unter ihm die Stadt, ächzend und unausgeschlafen. Fensterläden wurden zur Seite geschoben, Nachttöpfe auf die Straße geleert. Das Gezeter einer Frau hallte durch die Gassen. Bei ihr war eingebrochen worden. Das letzte Stück Brot und einen Krug Wein hatten die Diebe erbeutet. Nun hatte sich nichts mehr.
Crispin hatte zwei Knechte an der Seite. Sie sollten eingreifen, wenn sie auf Widerstand stießen. Davon war aber nicht auszugehen, schließlich handelte es sich ja nur um ein Mädchen mit einem Säugling. Lioba hatte berichtet, der Vater sei geflohen. An eine Rückkehr glaubte sie nicht. Der sei über alle Berge getürmt, als er ahnte, welcher Bastard da im Bauch dieser Hure heranwuchs.
Lioba führte die Männer zu dem besagten Haus. Von außen sah alles ruhig aus. Die Läden waren geschlossen, nirgends ein Zeichen von Licht oder Leben. Auch kein Rauch von einer Feuerstelle. Alle schienen noch zu schlafen. Die Gelegenheit war günstig.
«Geht durch diese Tür», sagte Lioba. «Die Treppe führt Euch zu der Kammer. Dort findet Ihr das Teufelspack, wenn sie überhaupt noch da sind.»
Für einen Moment dachte Crispin daran, Lioba sollte vorausgehen, aber dann überlegte er es sich anders. Sie waren zu dritt, ein unnützes Weib stünde nur im Weg.
Er händigte ihr den vereinbarten Lohn aus.
«Du kannst gehen», befahl er ihr, und Lioba ließ sich das nicht zweimal sagen.
Dann wandte er sich an die Knechte.
«Wir wollen das Kind lebend. Habt ihr das verstanden? Keine unnötige Gewalt.»
Die Knechte nickten, allerdings nicht ohne Hintergedanken. Sie hatten das Gespräch mit Lioba angehört. Sie wussten, was sie dort oben erwartete. Das Teufelskind und die Kinderhexe. Wenn sie einen Fehler machten, könnte das ihr letzter gewesen sein.
Crispin öffnete die Tür. Ein Quietschen und ein Knarzen begleitete sie. Es drang unweigerlich die Treppe hinauf.
Mit Bedacht nahm er die Stufen. Doch er konnte sich noch so viel Mühe geben, altes Holz konnte nicht schweigen. Hoffentlich gab es keinen Fluchtweg auf der Rückseite des Hauses. Das hatte er nicht bedacht.
Oben angekommen, drückte er sachte gegen die Tür der Kammer. Knarrend öffnete sie sich einen Spalt.
Seltsam, dachte er noch. Wer ließ denn die Tür zu seiner Kammer unverriegelt?
Die Tür schwang auf. In der Mitte des Raums saß ein Kind auf dem Boden. Es spielte mit einer Spindel. Als es Crispin bemerkte, schaute es ihn mit großen Augen an.
Kaum zu glauben, wie einfach das gegangen war. Er befahl die Knechte herein.
«Durchsucht alles. Ich will wissen …»
Da hörte er das Knarzen der Stufen. Er fuhr herum. Vor ihm stand ein Bär von einem Mann, in den Armen Holzscheite, die er für das Feuer geholt hatte. Als er erkannte, dass sich Einbrecher in seinem Haus befanden, ging alles sehr schnell.
[zur Inhaltsübersicht]
23
Die Kinder schliefen friedlich, eng beieinander, um die Glut des Feuers geschart. Der schwache Schein fiel auf die vielen kleinen Hügel, und wäre diese fürchterliche Kälte nicht gewesen, hätte man das auch ein wenig heimelig nennen können.
Kathi schlug die Augen auf. Sie hatte nicht lange geschlafen, war erst tief in der Nacht zur Ruhe gekommen, nachdem sie auch das letzte kranke Kind versorgt hatte. Die Vorwürfe ließen sie noch immer nicht los. Sie klangen in ihren Ohren.
Das ist allein die Schuld dieser Teufelsmutter.
Wenn sie nicht gewesen wäre, würde meine Schwester noch leben.
Verflucht sei sie und ihr Teufelsbalg gleich mit.
Sie hatte nicht
Weitere Kostenlose Bücher