Die Kinder des Teufels (German Edition)
Ruhe darüber nachdenken, wie sie an neue Heilkräuter kam. Doch so sehr sie sich auch bemühte, außer der alten Apotheke fiel ihr kein anderer Ort ein. Dafür aber Adams Worte.
Sie durchsuchen alle Keller nach dem Apothekerlehrling Kathi.
Wie um alles in der Welt hatten es die Knechte geschafft, sie ausfindig zu machen? Niemand wusste von ihr – außer Volkhardt, Otto und Barbara. Und Jakobus. Keiner von ihnen hatte sie verraten. Da war sie sich sicher. Blieb also nur ein Kind der Schwarzen Banden. Den ganzen Tag über waren sie aus den Kellern zu ihr gekommen, um von ihr Medizin zu erhalten.
Sie seufzte. Hätte sie sich nur nicht als große Heilerin aufgespielt, sondern als ein ganz normales Kind ausgegeben, das ebenfalls Schutz und Unterkunft suchte, dann wäre sie unentdeckt geblieben.
Und nicht nur sie. Die flüchtenden Kinder waren blindlings den anderen Knechten in die Arme gelaufen, die sich rund um den Winzerhof aufgestellt hatten. Sie machten kein Aufhebens um die Ratten , wie sie die Kinder verächtlich nannten. Lange genug waren sie von ihnen an der Nase herumgeführt worden. Jetzt hatten sie sie endlich aufgespürt. Wer sich nicht widerstandslos gefangen nehmen ließ, erhielt Prügel, manche blieben blutüberströmt liegen.
Sie dachte an Otto. Und Volkhardt. Was war aus ihnen geworden? Hatten sie noch fliehen können? Nicht auszudenken, wenn den beiden letzten und besten Freunden, die sie noch hatte, etwas zustoßen würde. Aber auch Barbara machte ihr Sorgen. Sie hatte in einer Ecke des Kellers gelegen, gegen die Kälte und das Fieber in Säcke gewickelt. Niemand würde sie wahrnehmen, sofern er nicht zufällig über sie stolperte. Hoffentlich.
Plötzlich ein Geräusch. Sie schreckte auf. Woher war das gekommen? Sie schob vorsichtig die Beichtstuhltür zur Seite. Draußen im Kirchenschiff war niemand zu sehen. Auch in den Seitenaltären war niemand …
Da, schon wieder. Ein Schluchzen, ein Murmeln, oder war es ein Gebet? Sie horchte genau hin. Ja, das waren lateinische Worte, und sie kamen aus der unmittelbaren Umgebung des Beichtstuhls.
Mea culpa … meine Schuld. Mea maxima culpa … meine übergroße Schuld.
Sie konnte nicht jedes Wort verstehen, außer dass hier jemand für die Vergebung seiner Sünden betete.
… indulgere digneris omnia peccata mea … verzeih mir gnädig alle Sünden.
Es war die Stimme eines Mannes.
Domine, exaudi orationem meam … O Herr, erhöre mein Gebet.
Wer sprach ein Gebet auf Latein? Sicher nicht ein gewöhnlicher Mann. Es musste jemand von Stand sein.
Und er musste sich in den Seitenaltären aufhalten, die sie vom Beichtstuhl aus nicht einsehen konnte.
Da fing Michael unvermittelt zu weinen an.
«Schschsch …»
Kathi nahm ihn ganz nah an sich und summte die vertraute Melodie in sein Ohr. Doch es half nichts. Sie flehte ihn an: «Michael, sei still … bitte.»
Die Tür wurde geöffnet, Licht fiel in den Beichtstuhl. Kathi konnte auf den ersten Blick nichts erkennen außer den Umrissen einer hageren, großen Gestalt.
«Was machst du hier?», fragte Crispin.
«Es tut mir leid. Ich wusste mir nicht anders zu helfen …»
«… als dich in einem Beichtstuhl zu verstecken?»
Der Mann klang nicht zornig, nur überrascht. Das war gut.
«Komm heraus», sagte er und reichte ihr die Hand.
Kathi nahm sie. Sie fühlte sich kalt und knochig an. «Verzeiht, Herr, ich wollte Euer Gebet nicht stören.»
«Du hast mich nicht gestört. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte. Nun ist es an Gott …» Er brach ab.
Mir zu verzeihen? Ja, seine Worte hatten sich genau darum gedreht.
«Und nenn mich nicht Herr.»
Richtig. Der Mann war ein Priester, ein Mönch. Sie erkannte die schwarz-weiße Kutte eines Dominikaners, ein Kreuz um seinen Hals, den grauen Spitzbart und …
Den grauen Spitzbart?
Sie musste ihn genauer betrachten, um sich zu vergewissern. War das nicht der Mönch, den sie an jenem Tag in der Nähe des Franziskanerklosters gesehen hatte, als sie nach Jakobus fragte?
Dieser Mönch hatte den Stadtknechten befohlen, in die Häuser einzudringen und den Müttern die Kinder von der Brust zu reißen. Sie erinnerte sich an seine hagere Gestalt, den grauen Spitzbart und an die streng dreinblickenden Augen, die sie für einen Augenblick erfasst und gemustert hatten. Damals war ihm Michael nicht aufgefallen. Kathi hatte ihn unter ihrer Jacke getragen.
Wie um alles in der Welt hatte er es geschafft, sie so schnell zu finden?
Er musste ihr
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