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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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bewirken, außer vielleicht Protest einzulegen. Ein Unterfangen mit geringen Chancen auf Erfolg.
    In der nächsten Zelle befanden sich fünf Männer in Talaren gekleidet. Ein jeder trug ein Kreuz um den Hals, auf dem Scheitel die Tonsur. Geistliche, gemessen an der Qualität der Kreuze von niedrigem Stand. Ihr Blick war leer. Kein Aufbäumen, kraftlos, niedergeschlagen.
    Ganz anders in der Nachbarzelle. Dieser feine Stiftsherr war von edlem Blut, stolz, herrisch, und selbst die Verletzung an der Schulter konnte ihn nicht davon abhalten, die Frechheit, die ihm widerfahren war, anzuzeigen. Er rüttelte an den Gitterstäben, und als er Crispin erkannte, ließ er seinem Unmut freien Lauf.
    «Sohn einer Hure!», schrie Wolf von Schanzenfeldt ihm entgegen. «Verrecken und verfaulen sollst du und deine Brut.» Er spuckte ihm ins Gesicht. «Hol mich hier raus!»
    Wenn es einer verdient hatte, diszipliniert zu werden, dann diese Schande von einem Stiftsherren. Daran gab es keinen Zweifel. Crispin wischte sich die Beleidigung aus dem Gesicht und ging weiter.
    Ein weiteres bekanntes Gesicht befand sich nebenan. Vikar Ludwig, sofern er seinen Namen richtig erinnerte, saß im Stroh, mit dem Rücken an der Wand gelehnt und schaute ihn ruhig an. Keine Spur mehr von dem wirren Wesen, das er noch bei der Befragung Gottfried von Weyhensteins gezeigt hatte. War er nicht von dieser rätselhaften Teufelsseuche befallen gewesen?
    «Wer seid Ihr?», fragte Ludwig.
    Seine Stimme war klar, frei von jeglicher Emotion, nüchtern.
    «Erkennt Ihr mich nicht?», erwiderte Crispin. «Ich war bei der Befragung Gottfried von Weyhensteins anwesend.»
    Ludwig schüttelte den Kopf. «Verzeiht, ich habe keine Erinnerung mehr. Alles ist verschwommen, vernebelt, weit weg. Was ist mit Gottfried von Weyhenstein?»
    Wusste er es tatsächlich nicht? «Wie fühlt Ihr Euch?»
    «Gut.» Er nickte bestätigend. «Hin und wieder drängen sich mir schreckliche Bilder auf. Aber ansonsten gut.»
    Seltsam, dachte Crispin. Die Krankheit führte also nicht zwingend zum Tod. Und auch der Teufel – hatte er ihn je befallen – hatte ihn wieder freigegeben. Es gab also noch Hoffnung, und das bedeutete, dass der Komet doch nicht das unabwendbare Schicksal herbeiführte. Dieser Vikar war der Beweis: Es gab ein Leben nach dem Teufel.
    «Ich lasse Euch Brot und Wein bringen», sagte Crispin. «Erholt Euch und habt Zuversicht. Bald wird dieser Schrecken vorbei sein.»
    «Habt Dank», erwiderte Ludwig.
    Durfte er ihm wirklich Mut machen? Es war überhaupt nicht abzusehen, wohin dieser Wahnsinn noch führte.
    Er ging weiter. In der letzten Kerkerzelle kniete ein Junge im verschmutzen Stroh, auf dem nackten Rücken Striemen einer Peitsche. Ein Folterknecht wartete auf die nächste Anweisung von Antonius, den Jungen mit der Peitsche gefügig zu machen.
    «Wo sind sie?»
    Antonius musste die Frage schon tausendmal gestellt haben, gemessen an der Müdigkeit seiner Stimme.
    «Wo sind das Mädchen und ihr Teufelsbalg?»
    «Ich weiß es nicht», antwortete Volkhardt ebenso erschöpft.
    Ein Wink von Antonius, und der Knecht holte aus.
    «Haltet ein!» Crispin trat beherzt in die Zelle. «Was macht Ihr mit diesem Kind?»
    Antonius schaute erstaunt auf. Noch immer trug er einen blutgetränkten Verband um den Kopf.
    «Da seid Ihr ja endlich. Ich befürchtete schon, Ihr wärt ganz in Mitleid für das arme Ding versunken.»
    Crispin überging die Anspielung auf die misslungene Erstürmung der Kammer am Morgen.
    «Ich fragte, was Ihr hier tut. Die Peitsche ist sicherlich nicht das geeignete Mittel, um ein Kind gefügig zu machen.»
    Er half Volkhardt auf und setzte ihn auf einen Hocker.
    «Er weiß aber, wo sich die Hexe mit ihrem Teufel versteckt hält», hielt Antonius dagegen. «Nur das Maul will er nicht aufmachen.»
    «Woher wollt Ihr das wissen?»
    Antonius berichtete von den Spuren, die er in der Apotheke gefunden hatte, und den Kellern, in denen sich Kinder versteckt hielten. Unter ihnen habe sich auch dieses Mädchen befunden, Kathi, von der behauptet wurde, sie sei eine Hexe und vergifte andere Kinder.
    «Das ist eine Lüge», stöhnte Volkhardt. «Sie hat niemanden vergiftet.»
    Bei den Worten Apotheke , Mädchen und Kind begann sich etwas in Crispin zu regen. Gerade eben hatte er ein Mädchen mit Kind getroffen. Ein seltsamer Zufall war das.
    Er beugte sich zu ihm herab. Blut und Speichel tropften Volkhardt aus dem Mund. Crispin gab ihm zu trinken. Der Junge war am Ende seiner

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