Die Kinder des Teufels (German Edition)
Kräfte, das war unübersehbar. Dennoch musste er ihn fragen.
«Sag, wo hält sich diese Kathi auf?»
Volkhardt antwortete nicht darauf.
«Es ist besser, du sprichst mit mir als mit der Peitsche.»
Schließlich: «Ich weiß es nicht.»
«Du musst es aber wissen. Anders werde ich dir nicht helfen können.»
«Sie ist geflüchtet, als die Knechte den Keller stürmten. Ich weiß nicht, wohin.»
«Wie sieht dieses Mädchen aus?»
Volkhardt schwieg.
«Ich rate dir noch einmal, mir Antwort zu geben. Du weißt, was dich sonst erwartet.»
Aber damit konnte er ihn nicht schrecken.
«Und das Kind, das sie bei sich trägt. Sag, wie sieht es aus?»
Keine Antwort.
«Peitsche!», befahl Antonius, und dieses Mal schritt Crispin nicht ein.
Die Schläge warfen Volkhardt vom Hocker ins Stroh zurück.
«Das reicht.»
Crispin beugte sich erneut zu ihm hinab.
«Also noch einmal: Wie sieht das Kind aus?»
«Wie jedes andere Kind auch», stöhnte Volkhardt.
«Genauer.»
«Ich weiß es nicht.»
Antonius hatte genug. «Zehn Hiebe.»
Crispin wandte sich ab, während der Knecht den Befehl ausführte.
Dieses Mädchen aus dem Beichtstuhl mit ihrem Kind kam ihm in den Sinn. Es war alleine unterwegs gewesen, sagte, es käme vom Land und besorgte Medizin im Auftrag der Mutter.
Doch das Kind war auffallend leicht bekleidet für eine Reise durch Kälte und Schnee, genauso wie sie selbst. Das sah nach einem überstürzten Aufbruch aus oder gar nach Flucht.
Und schließlich der Apotheker. Er wunderte sich noch über das Rezept …
Wieso war er nicht früher misstrauisch geworden? Hatte er etwa nicht damit gerechnet, dieses Mädchen mit seinem Kind ausgerechnet in einer Kirche zu treffen, in der er für die Vergebung seiner Sünden betete?
Er war ein Narr gewesen.
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26
Die Wirtin hatte heißes Wasser und frische Tücher aufs Zimmer gebracht, nicht ohne auf das Kind zu schielen, das dieses seltsame Mädchen bei sich hatte. Es war krank und würde wahrscheinlich die Nacht nicht überleben, so wie es keuchte und hustete. Da würde auch kein heißes Wasser mehr helfen. Kaltes vielleicht, um die Temperatur zu senken.
Aber das interessierte sie eigentlich nicht. Sie fragte sich stattdessen: Was machte diese heruntergekommene Straßenratte in der Kammer eines hochwohlgeborenen Herrn aus Rom?
Das war doch nicht normal. Kein anständiger Mensch würde sich mit diesem Gesindel einlassen. Vor die Tür damit. Die Wölfe füttern, bevor sie sich auch noch die letzte Gans holten.
Kathi verriegelte die Tür, nachdem diese missgünstige Frau das Zimmer verlassen hatte. Gottlob hatte der Priester der Wirtin aufgetragen, Kathis Wünsche zu erfüllen und sie nicht weiter zu stören. Das kam ihr gerade recht.
«Sie ist weg.»
Otto kam unter dem Bett hervor, was nicht leicht war. Sein linker Arm schmerzte bei jeder Bewegung.
«Setz dich auf den Stuhl», sagte Kathi, «ich muss die Wunde reinigen.»
«Aber sei vorsichtig, es tut höllisch weh.»
Er zog seine Kleidung aus, bis er mit nacktem Oberkörper vor ihr saß. Noch immer war er mit blauen Flecken übersät, einige von den heißen Eisen aus der Schmiede stammend, andere von seinem Meister, einem widerwärtigen Kerl.
Ein sauberer Schnitt zog sich über die Breite des Arms, gerade und ohne Schnörkel. Er stammte eindeutig von einer Klinge.
Kathi tauchte ein Tuch ins heiße Wasser und begann dann mit der Wundreinigung. Otto ließ es tapfer über sich ergehen.
«Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist», sagte er, ohne direkt gefragt worden zu sein. «Er war von einem Moment auf den anderen verschwunden.»
Kathi wusste, von wem er sprach. Die Frage lag ihr auf der Zunge, seit Crispin sie alleine gelassen hatte und Otto in die Kammer geschlichen war.
«Ich lag am Boden zwischen all den toten Kindern. Die Knechte müssen ihn mitgenommen haben.»
Das bedeutete, er befand sich in einem der Kerker. Vermutlich war er noch am Leben, sonst hätten sie sich nicht die Arbeit gemacht. Ein Hoffnungsschimmer.
«Und Barbara?», fragte sie verhalten, Schlimmes befürchtend.
Er schüttelte den Kopf. «Wenn sie nicht bereits tot war …» Er kämpfte mit den aufkommenden Tränen. «Die Knechte ließen niemanden am Leben.»
Zorn stieg in ihr auf. «Aber …?»
Er fiel ihr ins Wort. «Es wurde ihnen befohlen. Jemand, den ich nicht sehen konnte, rief: ‹Tötet sie alle. Lasst niemanden entkommen.›»
«Warum nur?» Jetzt liefen auch ihr Tränen über die Wangen.
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