Die Kinder des Teufels (German Edition)
Antichrist handelt.»
Du bist der Antichrist, du verfluchter Teufel.
Hätte sie nur mehr Kraft und ein Messer, dann wäre die Suche damit beendet.
«Ich bin der Überzeugung», fuhr er fort, «dass der Antichrist nicht in dieser Stadt auf die Welt kommt, sondern im Heiligen Land, so wie es geschrieben steht.»
«Dann könnt Ihr doch wieder abreisen, wenn Ihr der Meinung seid, am falschen Ort zu sein.»
Er nickte. «Sofort nachdem ich mich versichert habe, dass das Kind unschuldig ist. Erst dann kann ich beruhigt gehen.»
Hätte dieses blutrünstige und schlangenzüngige Monster nicht Barbara und viele andere Kinder getötet, hätte sie ihm das Mal sofort gezeigt.
«Weißt du», sprach er weiter, «ich hatte auch mal eine Schwester, so wie du ein Brüderchen. Ich liebte sie sehr, und sie liebte mich. Wir waren eins. Nichts in der Welt hätte uns auseinanderbringen können. Doch dann habe ich einen schlimmen Fehler begangen. Ich habe eine falsche Entscheidung getroffen, und ein Herr hat mir meine Schwester genommen. Seitdem verfolgt mich dieser Fehler. Sogar bis heute Morgen … auch da habe ich eine falsche Entscheidung getroffen, und zwei Menschen mussten dafür büßen.»
«War das der Grund, wieso Ihr in der Kirche um Vergebung Eurer Sünden gebetet habt?»
Nein, natürlich nicht. Du hast das Blut Barbaras an den Händen.
Crispin rang um Fassung. Schließlich stand er auf und nahm den Topf vom Ofen.
«Wie bekommt man nun diese Blüten aus dem Wasser?»
«Mit einem Tuch. Legt es über den Becher und gießt den Tee darüber.»
Er tat, wie ihm geheißen. «So geht das also.»
Stellte er sich wirklich so töricht an, oder war das nur eine seiner Finten, um sie in Sicherheit zu wiegen?
«Ich bin nicht so geübt in diesen Dingen», sagte er und reichte ihr den Becher.
«Der Tee muss erst noch erkalten», erwiderte sie. «Nehmt etwas Schnee vom Dach und kühlt ihn damit.»
Er öffnete das Fenster. «Es ist wichtig, dass die Mutter des Kindes freiwillig zu mir kommt. Verstehst du? Erst wenn sie selbst so sehr von der Unschuld ihres Kindes überzeugt ist, kann sie auch mich überzeugen.»
«Und wenn nicht?»
Er seufzte. «Dann muss ich annehmen, dass sie an der Unschuld ihres eigenen Kindes zweifelt.»
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27
Riechen konnte Kolk noch nie besonders gut. Er hatte sich immer auf sein Gehör und auf seine messerscharfen Augen verlassen.
Daher entgingen ihm die Bewegungen nicht, die Tiere oder Menschen machten, gleich welcher Art sie waren – schnell oder langsam, klein oder groß. Und noch etwas konnte er hervorragend: Er konnte diese Bewegungen auch deuten.
Tiere bewegten sich unterschiedlich, je nachdem, was sie gerade umtrieb. Wenn Gefahr lauerte oder sie einen Angriff planten, verhielten sie sich anders, als wenn sie spielten oder einfach nur umherstreiften. Besonders eigenartig bewegten sich jedoch Tiere, wenn sie den Geruch von Fressen in der Nase hatten. Dann hielt sie nichts mehr auf, dann schienen sie alle Vorsicht fahrenzulassen und näherten sich ihrem Ziel auf dem kürzesten Weg. So wie dieses Rudel Wölfe.
Er verfolgte es schon seit einiger Zeit von den Dächern von Neumünster aus. Sie durchstreiften ziellos die Gassen nach Resten, aber auch nach Verletzten und Sterbenden. Bislang waren sie leer ausgegangen. Die Menschen hatten Tür und Tor verriegelt, und in den Scheunen und Ställen war ohnehin nichts mehr zu holen.
Auf einmal aber hatte einer dieser Wölfe einen Geruch in die Nase bekommen, der seine volle Aufmerksamkeit einnahm. Er hob die Nase, schnüffelte nach allen Seiten, bis er sicher war, aus welcher Richtung der Geruch kam. Dann ging alles sehr schnell. Nicht mehr nach links oder nach rechts ausschweifend wie bisher, sondern schnurstracks hielt der Wolf auf die Quelle dieses stärker werdenden Geruchs zu.
Seine Artgenossen brauchten nicht lange zu rätseln, was hier vorging. Auch sie sahen es seinen Bewegungen an. Aus allen Gassen kamen sie zusammen, reihten sich ein und folgten ihm in der Gewissheit, dass er Nahrung gefunden hatte.
Kolk wollte sich das nicht entgehen lassen und erhob sich in die Luft. Von oben war den Wölfen nicht leicht zu folgen, es war dunkel in den verlassenen Gassen. Doch er hatte ein gutes Gehör. Waren es nicht die Schritte, die die Wölfe verrieten, dann war es das gehetzte Hecheln, das ungeduldige Jaulen in Vorfreude aufs Fressen.
Der Weg ging zickzack durch die Stadt, an Häusern und Karren vorbei, über Plätze und
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