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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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nächsten Tür und öffnete sie.
    Es war dunkel und stickig hier drin, nur eine Fackel spendete Licht. Otto sah den Gang entlang. Alles war ruhig, nur ein leises Stöhnen war zu hören. Das musste der Knecht sein, der vermutlich eingeschlafen war.
    «Wer bist du?»
    Otto fuhr herum. Es war die Wache, und wenn er sich nicht täuschte, war das Alfons, ein Riese von einem Mann, aber einfältig wie ein Kind.
    «Ach, du bist’s Otto», sagte er beruhigt. «Was machst du hier?»
    Das würde kein Problem sein mit Alfons. Er war leicht zu beeindrucken.
    «Der Meister hat mir aufgetragen, nach dem Rechten zu sehen.»
    «So spät in der Nacht?»
    «Du kennst ihn doch.»
    «Ja, er ist ein fleißiger Mann, dein Meister.»
    «Sag mal, Alfons, der Gespickte Hase, den wir für euch angefertigt haben, funktioniert er? Seid ihr zufrieden?»
    Der Gespickte Hase war ein an Niedertracht und Menschenverachtung kaum zu überbietendes Folterwerkzeug. Es bestand aus einer Walze, die rundum mit Nägeln bestückt war. Diese Walze wurde an einem Stock befestigt und mit Kraft über den Körper des Delinquenten gerollt, so, als wollte man eine Hauswand streichen. Dieselbe Walze konnte aber auch auf einer Streckbank angebracht und der Delinquent darübergelegt werden. Wenn nun Arme und Beine gestreckt wurden, fraßen sich die Nägel ins Fleisch, besonders dann, wenn der Bemitleidenswerte sich während der Folterung bewegte.
    «Mir ist nichts Schlechtes zu Ohren gekommen», antwortete Alfons. «Also wird er wohl funktionieren.»
    «Der Meister hat mir aufgetragen, den Hasen nach Gebrauch zu inspizieren, ob die Nägel alle festsitzen und die Walze sich einwandfrei dreht.»
    «Keine Sorge, alles in bester Ordnung.»
    «Macht es dir was aus, wenn du mir den Hasen mal zeigst?»
    Alfons dachte nach, nicht weil es für ihn ungewöhnlich schien, Folterwerkzeuge zu später Stunde zu überprüfen, sondern ob er seinen Wachposten verlassen durfte.
    Otto ahnte, dass genau diese Frage ihn beschäftigte. «Ich passe so lange auf.»
    «Schaffst du das auch?»
    «Sicher. Hab ich in den anderen Kerkern doch auch gemacht.»
    Damit gab sich Alfons zufrieden und trottete davon. Otto hatte nicht viel Zeit, der Folterraum war nur ein paar Türen entfernt. Er nahm die Fackel, ging zu den Zellen und leuchtete hinein.
    In den ersten drei Zellen schliefen die Insassen alle, in der vierten saß ein Mann mit krausem Haar an die Wand gelehnt. Er starrte Otto regungslos an.
    «So sieht man sich wieder», sagte er ruhig.
    Otto fuhr der Schrecken in die Glieder. Das war Vikar Ludwig, sein Lehrer und Zuchtmeister. Wie oft hatte ihn dieser Teufel schon an den Haaren vor die Klasse gezerrt und mit dem Stock das Glaubensbekenntnis eingeprügelt? Hundertmal bestimmt. Aber nun war nicht Otto, sondern Ludwig derjenige, der dem Teufel anheimgefallen war – eben dieses Schicksal war ihm von Ludwig vorausgesagt worden.
    «Ehrwürdiger Vikar», stotterte Otto vor lauter Überraschung, «was macht Ihr hier?»
    Ludwig lächelte gequält. «Für meine Sünden büßen.»
    «Ihr?»
    Und wie es Ludwigs Art war, hatte er für seine Schüler immer ein passendes Bibelzitat parat. «Der Sünde Sold ist der Tod.» Er hustete. «Welche Stelle ist das in der Bibel?»
    Natürlich wusste es Otto nicht. Er zuckte die Schultern.
    Ludwig seufzte. «Otto, Otto … du wirst es wohl niemals lernen.»
    Das befürchtete Otto auch. Wer nach über tausend Stockhieben die Bibel noch immer nicht kannte, war hoffnungslos verloren.
    Aber noch war es nicht so weit.
    «Verzeiht, dass ich nicht länger mit Euch sprechen kann. Ich habe noch etwas zu erledigen.»
    Er ging zur letzten Zelle und hielt die Fackel hinein. Da lag ein Körper mit auf den Rücken zusammengebundenen Händen, das Gesicht blutrot und auf dem nackten Oberkörper unzählige Striemen einer Peitsche. Das war ein Junge, eindeutig.
    «Volkhardt?»
    Der reglose Körper antwortete nicht.
    «Volkhardt, bist du das?»
    Aus der Nachbarzelle rief Ludwig herüber.
    «Ja, so hat man ihn genannt. Ist er ein Freund von dir?»
    Otto ging nicht darauf ein. Wie um alles in der Welt kriegte er nur die Zellentür auf?
    Die Schlüssel. Wo waren sie?
    «Die Schlüssel hängen vorne am Brett», sagte Ludwig ruhig. «Beeil dich, Alfons wird nicht ewig nach dem Hasen suchen.» Er lachte verhalten. «Dumm wie Bohnenstroh.»
    Otto hastete zurück, griff den einzigen Schlüsselbund, der da hing, und steckte einen Schlüssel nach dem anderen ins Schloss. Einer passte.
    Er

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