Die Kinder Paxias
knabberte.
Kaeli war in Gedanken versunken.
Saya merkte es an ihrem leeren Blick, der nur noch die nötigsten Schemen wahrzunehmen schien, um Stürze oder Stolpern zu vermeiden. In ihrer geistigen Abwesenheit bemerkte sie nicht einmal die neben ihr schreitende Gelehrte, die sie unausgesetzt beobachtete. Als sie endlich des schweigenden Interesses gewahr wurde, glitt ein entschuldigendes Lächeln über ihre reinen Züge.
„Ich hätte Mayas Angebot nicht ablehnen dürfen“, meinte sie unvermittelt und definitiv zu sich selbst. Saya kniff verständnislos die Augen zusammen.
„Angebot?“
„Das Ritual“, murmelte Kaeli. „Sie wollte mich in die Welt der Erwachsenen einweihen. Dann würde ich mir jetzt nicht so töricht vorkommen – so absolut naiv.“
Die Fruchtbarkeitszeremonie.
Endlich beschlich Saya eine Ahnung über die thematische Richtung des potentiellen Vorfalls zwischen Cecil und Kaeli. Leider aber keinen ausreichenden Verdacht, ihn ihrem Dolch vorzustellen.
Sie erkannte Trauer in Kaelis Miene, vermischt mit einer Verstörtheit, die sich intensivierte, wenn ihr Blick zufällig auf Cecil fiel und die eine gewisse Sorge in der Gelehrten weckte.
Es gab erschreckend viel, dass sie auf Paxia nicht verstand und der Umgang mit der Sexualität gehörte ganz sicher dazu. Sie musste ihrem Unmut Luft machen.
„Eigentlich steht es mir nicht zu, eine andere Lebensweise zu beanstanden – vor allem wenn sie gut zu funktionieren scheint, aber diese Form der Aufklärung hier.....
Ganz ehrlich, Kaeli, ich halte nichts von beabsichtigter Unwissenheit. Dabei kann man zu leicht in Situationen geraten, mit denen man dann nicht umzugehen weiß.“
„Wem sagst du das?“, entfuhr es Kaeli mit einigem Nachdruck. Doch die kleine Hoffnung, die sich in ihre Augen stahl, gefiel Saya nicht. Sie beeilte sich ihren Standpunkt klarzumachen.
„Ich würde dir helfen, wenn ich es könnte. Aber ich weiß selbst zu wenig, um es weiterzugeben. Das würde dich noch mehr verwirren, als du es offensichtlich jetzt schon bist.“
„Ich verstehe nicht“, ratlos schüttelte das Mädchen den Kopf. Saya tat ihr den Gefallen und drückte sich so deutlich aus, wie es ihr angemessen erschien, ohne Kaeli zu sehr zu schockieren oder ängstigen.
„Der Geschlechtsakt zwischen Mann und Frau wird in meinem Reich ganz anders angesehen und praktiziert, als hier auf Paxia. Darüber könnte ich dir natürlich Aufklärung geben, aber es wäre nur ein Zerrbild der Realität hier und würde dich unnötig erschrecken.
Glaube mir, es ist besser wenn ich schweige.“
„Oh“, Kaeli bemühte sich ihre Enttäuschung zu verbergen. Das Ergebnis war jämmerlich, zu sehr hatte sie auf Sayas rücksichtslos direkte Art gebaut.
Warum musste die rabiate Gelehrte auch ausgerechnet jetzt so etwas wie Taktgefühl entwickeln?
Und sie war nun gezwungen sich mit der gegebenen Situation abzufinden. Mit einem resignierenden Laut schloss sie kurz die Augen.
Was genau war am vergangenen Morgen denn eigentlich geschehen?
So neutral wie möglich wollte sie den Vorfall zwischen Cecil und sich noch einmal analysieren. Irgendeine Form von Erkenntnis musste es doch für sie geben.
Einfach zu ihm zu gehen und ihn zu fragen, brachte sie nicht über sich. Er war so aufgebracht gewesen, so wütend über ihren tastenden Kuss. Seine grobe Abwehr hatte sogar Spuren zurückgelassen, kleine bläulich verfärbte Flecken an ihren Oberarmen.
Doch noch viel schlimmer hatte sie seinen kalten Blick, seinen fest zusammengepressten Kiefer, der ihn hart und ablehnend wirken ließ, empfunden. Jedes seiner verletzenden Worte, deren Sinn sie nicht komplett zu erfassen vermochte, waren tief und schmerzhaft in ihr pochendes Herz gedrungen. Sie hatte eine nie gekannte Verwundbarkeit erfahren, die sie unsicher machte – und ängstlich.
Wie sollte sie Cecil je wieder unbefangen begegnen und ihm in die Augen schauen, ohne Furcht, Verachtung darin zu finden?
Dabei war seine Reaktion auf ihren ersten Kuss doch gar nicht annähernd vergleichbar heftig gewesen. Die Berührung seiner Lippen war ein Irrtum gewesen und er ebenso überrascht wie sie.
Hätte sie es einfach mit einer Entschuldigung dabei bewenden lassen sollen?
Er hätte sie angenommen, vielleicht mit ihr darüber gelacht und ihre beginnende Freundschaft wäre nicht so abrupt zerstört worden.
Was war nur in sie gefahren, dass sie von einem solch unwiderstehlichen Drang besessen gewesen war, ihn derart intim zu überfallen.
Ohne
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