Die Kinder Paxias
soweit zu nähern, dass sie ein Gespräch mit ihr, von Cecil ungehört, führen konnte. Außerdem fühlte sie seine Aufmerksamkeit.
Er hielt zwar bisher weiterhin den respektierten Abstand, aber er sah sich oft nach ihr um. Forschend ruhte dann sein Blick auf ihr, den sie irgendwann einfach nicht mehr ohne Erklärung übersehen konnte. Das käme einer Beleidigung gleich.
Als er begriff, dass ihre mühsam aufgebaute Ignoranz zusammenbrach, schien er etwas sagen zu wollen.
Saya rempelte ihn nachdrücklich genug an, um ihm ihre Anwesenheit in Erinnerung zu bringen. Kaeli sah noch, wie er stirnrunzelnd die Brauen zusammenzog, bevor er sich wieder in Bewegung setzte – fast widerwillig und nicht ohne noch einmal ihren Blick zu suchen.
Nach unten wurde der Weg noch schmaler, und Kaeli kämpfte mit einem leichten Schwindel.
Zu ihrer Linken – nur eine Fußbreit neben sich – endete der begehbare Pfad und wurde zu einem Abhang in die Tiefe, wo ein unergründlicher See sichtbar war. Dampf stieg an seiner blaugrünen Oberfläche empor, der seine übermäßig warme Temperatur verriet.
Kaeli schauderte. Von Hitze hatte sie mehr als genug.
Auf ihrer anderen Seite war die raue Bergwand, die vereinzelt mit Büscheln Steppengras bewachsen war und Kaeli geradezu provozierte, sie als Halt zu gebrauchen. Konzentriert setzte sie einen Fuß vor den anderen, bewusst, ein Fehltritt könnte schon ihr Verhängnis bedeuten.
Aber endlich war auch ein Ende dieser Tortur in Sicht. In einem weiten Bogen, den es noch zu überqueren galt, verbreiterte sich der Weg und lief neben dem See auf einer, von anderen Bergen umgebenen Talsohle aus. Auch Höhlen gruben sich, wie von Cecil angekündigt, zahlreich in die Felswände. Eine erlösende Erkenntnis.
Bald würde die Sonne die Bergkuppen erreicht haben und, statt dem rotgoldenen Glühen, strahlenden – grellen - Glanz verbreiten.
Sayas protestierender Ausruf ließ sie erschrocken von ihren vorsichtigen Schritten aufsehen.
Es war Cecil, der abrupt kehrtgemacht hatte und nun, ohne den Blick von ihr zu lösen, entschlossen auf sie zusteuerte, Saya passierend und dabei deren Körper eng an den Felsen klemmend.
Saya mit mörderischer Miene hinter ihm her.
Er wollte nach ihrer Hand greifen, doch Kaeli war schneller und verbarg sie hinter ihrem Rücken.
Flehend tauchten seine Augen in ihre, silbriges Grau – glänzend und warm. Kaeli kam nicht dagegen an, es beschleunigte sofort ihren Puls. Sie schluckte.
„Auf ein Wort, Kaeli“, wie konnte sie ihm diese eindringliche Bitte verwehren?
Saya hatte sie fast erreicht, verharrte aber bei seinen Worten und wartete auf ihre Antwort, ihre eigene Handlung davon abhängig machend. Kaeli nickte kaum merklich, doch die beiden anderen registrierten es.
Cecil atmete hörbar auf, ein zurückhaltendes Lächeln erschien in seinem anziehenden Gesicht.
„Ich danke dir.“
Saya bedachte Cecil mit einem warnenden Blick, der ihm die Gefahr bewusst machen sollte, die von ihr ausging, wenn er sich einen weiteren Fehler zuschulden kommen ließ und wandte sich dann um. Sie nahm den Weg nach unten wieder auf, um den beiden mit ausreichend Abstand, ein ungestörtes Gespräch zu ermöglichen.
Und Cecil war offenbar mehr als bereit, diese Gelegenheit zu nutzen.
„Ich muss mich entschuldigen, Kaeli. Ich habe mich gestern wirklich unverzeihlich benommen. Ich war sehr grob und ungerecht zu dir und war gleichzeitig furchtbar wütend auf mich selbst. Nie zuvor habe ich so heftig reagiert und war selbst entsetzt und angewidert von mir.
Es tut mir so leid. Auch, dass du so lange auf meine mehr als überfällige Entschuldigung warten musstest.
Ich verstehe, dass du enttäuscht von mir bist.“
„Nein“, wehrte Kaeli schwach ab. Sein sanfter, fast liebevoller Tonfall umnebelte ihren Kopf – sie fühlte sich ganz durcheinander in innerem Aufruhr.
Er machte es nicht besser.
„Ich habe dich sehr gern und glaube, dass wir mit der Zeit echte Freunde werden können – einander wichtig. Meinst du nicht auch?“
Freunde?
Mit der Zeit einander wichtig werden?
Das war so weit von dem entfernt, was ihre Empfindungen beschrieb, dass Kaeli kaltes Entsetzen in sich emporkriechen spürte. Der Schmerz ihrer Enttäuschung raubte ihr den Atem und ließ ihr Herz einen holprigen Schlag aussetzen. Krampfhaft würgte sie die drängenden Tränen unendlicher Traurigkeit runter – in dem Bewusstsein zu begreifen.
Zu begreifen, dass ihre Gefühle von ihm nicht geteilt
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