Die Kinder Paxias
Fäuste, die sich immer wieder ballten, signalisierten ihre innere Ungeduld.
„Ich fürchte, viel kann ich euch über die verborgene Stadt nicht erzählen. Ich fand sie eher zufällig, als ich vor drei Wochen auf der Suche nach Waldelfen war, und ich hielt mich dort weniger als eine Stunde auf“, Arn fühlte ehrliches Bedauern, als er die wachsende Enttäuschung in den Mienen Kaelis und Sayas erkannte.
„Dann bist du der Dämonenherrscherin wahrscheinlich nicht begegnet“, vermutete Saya in einem abschließenden Tonfall.
„Dämonenherrscherin?“, zu sehr in seiner Sorge um sein Volk gefangen, hatte Arn nie einen Gedanken daran verschwendet, was ihm über die Geschichte Birans bekannt war. Erst dieser Moment, da Saya die relativ junge Sage um Biran und die Herrin des Bösen ansprach, brachte ihm alles in Erinnerung. Bildhaft ließ er das empordrängende Wissen seinen Geist gefangennehmen. Gleichzeitig durchforstete er sein Erlebnis auf dem Marktplatz Birans nach Hinweisen auf die Anwesenheit des legendären Wesens, dessen Name durch Angst und Schrecken geprägt worden war.
Kaeli bemerkte wie sein Blick sich ins Leere richtete, als er sich in seine Gedanken verlor, und sie beschloss ihm mit einem kleinen Hinweis auf die Sprünge zu helfen.
„Ja genau. Die Dämonenherrscherin – Sanjo.“
Arn riss die Augen auf, kleine Flammen flackerten unstet.
„Sanjo? Damit hätte ich nicht gerechnet. Wie hätte ich das auch erkennen sollen? Unmöglich!“, aber noch während er dies sagte, wusste er, dass dies nicht der Wahrheit entsprach.
Bereits aus einem ersten Impuls heraus war ihm klar gewesen, dass Sanjo weder elfischer Herkunft war, noch paxianischer sein konnte. Schwarze Runen auf den Armen, weiße, nahezu durchscheinende Haut und diese seltsam eindringlichen dunklen Augen, die die Fähigkeit des Tiefenblicks zu besitzen schienen.
„Also doch! Du hast sie gesehen, nicht wahr?“, stellte Saya mit steigender Erregung fest. Arns begreifende Miene verriet es für alle ersichtlich.
Der Gelehrte leugnete nicht, allerdings fühlte er sich etwas benommen.
„Wenn Sanjo die Dämonenherrscherin ist, dann ja. Ja – ich bin ihr begegnet, einen kurzen Moment, als ich mich von Gareth verabschiedet habe. Gareth ist ihr Gemahl.“
„Gareth! Saya, hat Maya nicht auch diesen Namen erwähnt?“, in ihrer Aufregung stieß Kaeli ihren Ellbogen in Sayas Seite. Die Gelehrte war glücklicherweise so abgelenkt, dass sie die gewaltsame Natur dieser Geste überhaupt nicht registrierte. Der Wahrheitsgehalt in Sanjos nur sehr schemenhaft umrissenen Sage, die ihr ins Gedächtnis geprägt war, schien mit jeder neuen Begegnung zu schwinden.
„Gareth, der älteste Sohn der Elfenherrscherin ist also nicht tot und auch nicht verschwunden. Er ist mit der Herrscherin der Dämonen vermählt und lebt in Biran“, eine geschichtsändernde Schlussfolgerung, die sie bereits bei Cedric und Maya hätte treffen können.
Saya war ärgerlich auf ihre Unachtsamkeit. Das ließ sich auch nicht mit der Flut neuen Wissens entschuldigen, die sie bei den beiden Paxianern gewonnen hatte. Sie war viel zu fokussiert auf die Lokalisierung Birans gewesen, um nicht nur zuzuhören, sondern auch zu verstehen.
Ähnlich erging es Arn gerade. Auch er holte in diesem Augenblick die lang versäumten Verknüpfungen neuer Erkenntnisse und alten Wissens nach.
Dabei trafen sich die Blicke der beiden Gelehrten.
„Na, da haben wir uns anscheinend beide nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Eine angemessene Leistung unserer geistigen Fähigkeiten war diese Ignoranz nicht.“
„In der Tat“, bestätigte Saya zähneknirschend Arns Einsicht.
Kaeli musterte die beiden reglosen Gestalten mit fasziniertem Interesse. Mit betont vorgehaltener Hand beugte sie sich flüsternd Richtung Cecil. Er neigte sich ihr fragend lächelnd entgegen.
„Irre ich mich, oder tobt da gerade eine Plage, die sich schlechtes Gewissen nennt?“
„Ich würde annehmen, eine gesunde Portion Wut ist auch dabei“, ergänzte er trocken und zwinkerte ihr zu, was ihr Herz einen Schlag aussetzen ließ. Aber es brachte sie nicht vom Thema weg. Nachdenklich legte sie den Zeigefinger ans Kinn.
„Ankläger, Richter und Henker zugleich. Ich bin auf dieses Urteil gespannt.“
„Ich bin sicher, sie werden bald merken wie unproduktiv Selbstvorwürfe in unserer Situation sind und finden zurück zur Vernunft. Immerhin gilt es nächste Schritte zu planen.“
Cecils klare Worte wirkten wie ein Guss kalten
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