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Die Kinder Paxias

Die Kinder Paxias

Titel: Die Kinder Paxias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Feder
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weder anzunehmen noch abzulehnen gewillt war.
    „Mit genauen Werten kann ich nicht dienen, da wäre mein Bruder der bessere Ansprechpartner. Er führt unser Volk seit über vierzig Jahren und veranlasst jedes Jahrzehnt eine Zählung der Bewohner dieser Burg. Sie ist vollständig, denn an anderen Orten Paxias leben keine bekannten Zugehörigen der Himmelswesen. Die letzte Zählung erfolgte vor sechs Jahren und brachte als Ergebnis einen Wert zwischen dreihundert und dreihundertfünfzig.
    Wir verteilen uns auf eine Fläche von ungefähr fünftausend Quadratmetern, leiden dennoch an chronischem Mangel von angemessenen Schlafzimmern und halten uns bevorzugt in den offiziellen Räumlichkeiten oder dem Park der Burg auf.“
    Taktisch gesehen erschienen die Himmelswesen verschwindend bedeutungslos – verglich sie es mit ihrer eigenen Herkunft. Es anmutete mehr als fraglich, ob ihre Existenz weiterer Erkundigungen wert war.
    „Was ist mit eurem Altersdurchschnitt?“, es war nicht mehr als ein Versuch, ihre Einschätzung durch ein Nachhaken bestätigen zu lassen, doch Iain wiegelte im gleich Moment ab.
    Sie hatte den letzten Leinenstreifen benutzt, der Druckverband war endgültig angelegt. Nichts hinderte den Mann daran, sich aufzurichten und endlich den Rückzug anzutreten.
    Umso überrumpelter war Saya zumute, als sie sich mit derselben Bewegung von ihm hochgehoben fühlte, die er selbst beeindruckendend schwungvoll zum Erheben verwendete. Ehe sie zu einer Reaktion fähig war, lag sie bereits in dem breiten Bett und beobachtete ihn beim Aufheben der fort geschleuderten Decke – viel zu perplex um ihre Fassungslosigkeit zu verbergen.
    Woher nahm dieses unbegreifliche Wesen die Kraft, bei diesen Verletzungen und nach einem so hohen Blutverlust, eine dermaßen unerwartete und auch achtenswerte Verhaltensweise in die Realität umzusetzen?
    Vielleicht war genau das der Grund, weshalb eine aufbrausende Reaktion ausblieb, als er sie in ihre Grenzen wies – die Decke mit energischem Nachdruck an ihr Fußende platzierend.
    „Stopp! Erinnerst du dich? Du hattest deine Gelegenheit.“
    Der feste Wille in seinen Augen bannte sie für einen Wimpernschlag, verlangte offensichtlich ihre Zustimmung. Ihr Gerechtigkeitssinn zwang sie diesmal nachzugeben.
    „Handel ist Handel. Aber ich erwarte die Einlösung deines Angebotes, Einsicht in das Werk deiner Familie zu erhalten.“
    „Selbstverständlich“, erwiderte er ruhig, sich von ihr in Richtung Verbindungstür zu seinem Arbeitszimmer wendend.
    Saya wurde derweil von der klebrigen Masse an ihren Fingern abgelenkt – mittlerweile von der kühlen Luft ihrer Körpertemperatur angepasst und dennoch ein Fremdstoff. Das Nähen seiner Wunde hatte ihre Hände wie in Blut getaucht, keine freie Stelle saubere Haut schien auf der Fläche zu existieren. Und doch war es kein Ekel den sie empfand, wenn sie auch von der Sinnlosigkeit roten Blutes überzeugt war. Vielmehr spürte sie forschende Neugier, was das Volk der Sternwächter von den Bewohnern dieser Welt unterschied, dass das Blut sie trennte.
    Ein weiteres Thema, welches mit Sicherheit ihre Gedanken in der Zukunft beschäftigen würde.
    Für den Moment wurde ihre Aufmerksamkeit von der Waschschüssel auf dem Nachttisch geweckt, eine Möglichkeit sich zu säubern und von der zähflüssigen Masse zu befreien, die zu ergreifen sie nur zu bereit war.
    Als Iain in einem frischen Hemd mit einem stattlichen Buch unter dem Arm zurückkehrte, war sie mit dem Abtrocknen beschäftigt. Er platzierte es neben die Schüssel auf dem kleinen Tisch und lächelte kurz als Reaktion auf ihr höfliches Nicken.
    „Ich hoffe diese Dokumentation wird dir eine Hilfe sein. Nach dem Studium biete ich dir auch gerne eine Fortsetzung unseres Handels an – vielleicht ist es eine gute Alternative zur lesenden Informationsgewinnung.“
    „Wie sind deine Bedingungen?“
    „Keine Bedingungen. Vorstellungen. Eine Frage. Eine Antwort. Gleichberechtigt.“
    Das Angebot klang vernünftig. Sie würden beide auf ihre Kosten kommen und ihre jeweiligen Ziele verfolgen können. Und sie, Saya, hatte nichts zu verbergen.
    „Akzeptiert. Ich werde ungefähr zwei Tage für die Erarbeitung dieses Werkes brauchen, dadurch entwickeln sich sicher neue Unklarheiten.“
    „Also in zwei Tagen.“
    Sayas Blicke folgten ihm auf seinem Weg zur Tür, dabei nahm sie erstmals bewusst das netzartige Gewebe ihres Schienenverbands wahr. Erinnerungen an eine Idee, die ihr Stunden zuvor gekommen

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